Maike Funk kommt schon seit drei Jahren zu dieser Ausgabestelle. Dieser Schritt sei ihr anfangs sehr schwer gefallen, erinnert sich die Frührentnerin. Am Eingang zeigt sie einen Nachweis vor und zahlt zwei Euro als kleinen Betrag für die Nebenkosten der Aktion. Die Ehrenamtlichen versuchen für die Bedürftigen, die sie Kunden nennen, eine Atmosphäre wie in einem Geschäft zu schaffen. "Butter?", fragt eine Mitarbeiterin, als Funk vorbeikommt. "Oh ja, Kekse backen", freut sich die 60-Jährige und verstaut die Ware in ihren Tüten.
Es kommt immer weniger an
"Das Wichtigste ist es, den Menschen frische Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, damit sie richtig kochen können", erklärt Tafel-Geschäftsführer Hellwege. Im Lager der Hamburger Zentrale stapeln sich überschüssige Lebensmittel, die Händler und Hersteller abgegeben haben. Doch es sind weniger als in früheren Zeiten.
"Schon länger bemüht sich der Handel durch verschiedene Strategien, weniger zu verschwenden", sagt Brühl vom Dachverband der Tafeln. "Durch den Krieg sind zudem Logistikketten gestört. Deshalb gibt es weniger Überschüsse."
Die Menge der Lebensmittel, die an von Armut Betroffene ausgegeben wird, hat nach Angaben des Dachverbandes deshalb vielerorts reduziert werden müssen. Zudem seien die Tafeln selbst von den Preissteigerungen etwa für Energie und Transport betroffen. "Die Tafeln sind am Limit", sagt Brühl. Bereits seit Beginn der Pandemie müssten die Ehrenamtlichen viel leisten - oft spüre man bei den Helfern Erschöpfung. Brühl betont, er sei mit Blick auf die kommenden Monate äußerst besorgt.
Viele Tafeln bieten weit mehr als eine Lebensmittelausgabe - etwa warmes Mittagessen, Bringdienste oder Kleiderkammern. "Die Arbeit der Tafel überall in Deutschland verdient unser aller Respekt und Anerkennung", sagt die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier. "Denn so traurig es ist: In Zeiten von Rekord-Inflation und Preisexplosion können sich eben viele nicht einmal mehr das Essen leisten." Aber das ehrenamtliche Engagement der Tafeln dürfe bei Politik und Behörden nicht vorab als verlässliche Größe mit eingerechnet und damit Verantwortung abgegeben werden.
Brühl kritisiert, dass staatliche Leistungen oft nicht zielgenau seien und appelliert: "Armut ist nicht ein Problem der Armen, sondern ein Problem der Gesellschaft als Ganzes - das scheint noch nicht bei allen angekommen zu sein."