So hat er im zweiten Abschnitt des Konzerts mit liturgischer Orgelmusik für das Kirchenjahr die Variationsform als Schwerpunkt herausgestellt. In all diesen stilistischen Bereichen zeigt er sich als Sachwalter der Musik eines Bach, Dupré oder Hermann Schroeder mit einfühlsamen sowie souveränen Interpretationen, in den Toccaten mit ausgefeilter Technik und den Variationen mit klaren Klangvorstellungen. Und er setzt bis zum Schluss glanzvoll alle Mittel der Kubak-Orgel ein.
Aber es war nicht nur ein Abend des genussreichen Orgelerlebens für Liebhaber des königlichen Instruments mit einem Orgelkönner, der gern auch die entsprechenden Seitenstraßen geht, sondern gleichzeitig eine musik-literarische Soiree. Ulrich Kaiser las drei kurze Texte von Albert Schweitzer, dem großen Bach-Kenner und einem von Kaisers Vorbildern, passend zum Thema Entschleunigung.
Der Elsässer, Mediziner und Friedensnobelpreisträger Schweitzer, selber ein begnadeter Organist und Bachspieler, hat nicht nur ein Standardwerk über Johann Sebastian Bach verfasst, sondern auch andere nachdenkens- und bemerkenswerte Texte in den 1950er Jahren geschrieben, die aufzeigen sollten, „wie aktuell seine damaligen Ideen waren“. Abhandlungen über Maschinen und Maschinenmenschen, die ein Maschinenherz in der Brust haben, sowie eine Jugenderinnerung des Lambarener Urwalddoktors über ein Erlebnis aus seinem siebten Lebensjahr beim Steineschleudern auf Vögel, wo sich schon früh der Humanist und Pazifist zeigt.