Grenzach-Wyhlen Das Mädchen mit dem Stift

Die Oberbadische
Charlotte Böhler-Müller, durch viele Veröffentlichungen auch unter ihrem Kürzel ChBM bekannt, feiert am heutigen Samstag ihren 90. Geburtstag. Foto: Manfred Herbertz Foto: Die Oberbadische

Charlotte Böhler-Müller feiert heute ihren 90. Geburtstag

Von Manfred Herbertz

Grenzach-Wyhlen. Zufrieden sitzt sie in ihrem Lehnstuhl, den sie einst von ihrer Tochter geschenkt bekommen hat und blickt dankbar auf ein langes erfülltes und glückliches Leben zurück. Charlotte Böhler-Müller, oder ChBM, unter diesem Kürzel ist sie als künstlerisch Schaffende in der Öffentlichkeit bekannt, feiert am heutigen Samstag ihren 90. Geburtstag.

Trotz vieler Schicksalsschläge schaut sie zufrieden auf ihr Leben zurück. Geboren wurde sie am 5. April 1924 in Buxheim an der Iller als neuntes Kind in eine glückliche Familie, die eine Bäckerei betrieb. „Ich hatte eine wunderbare Kindheit“, erinnert sich die heute 90-Jährige, die sie zusammen mit ihren acht Geschwistern verbrachte. Einen Einschnitt gab es, als sie siebenjährig ihren Vater verlor, dennoch berichtet sie von einer fröhlichen Jugend, bis der Krieg kam. Mit 17 Jahren wurde sie 1941 als Luftwaffennachrichtenhelferin zum Militärdienst verpflichtet. Das Akkordeon war ihr ständiger Begleiter, wie auch eine Kladde, in die sie unzählige Gedichte hineinschrieb. „Man nannte mich damals schon das Mädchen mit dem Bleistift“.

Unversehrt kehrte sie 1945 nach Hause zurück. Sie spielte in ihrer Freizeit Klavier und komponierte Schlager, die sie verkaufte.

1947 schlug der Blitz bei ihr ein, erinnert sie sich schmunzelnd, sie traf auf ihren Egon. Es kam wie es kommen musste, beide verliebten sich Hals über Kopf, „wir schlichen heimlich über die Iller und kehrten nicht mehr zurück“. Grenzach wurde ihr Zuhause. Und es begann „ein schönes, 47 Jahre dauerndes Märchen“, das mit der Geburt von vier lieben Kindern seine Vollkommenheit fand. 1994 schlug der Blitz erneut zu: Ihr Mann Egon verstarb und nur vier Wochen später folgte ihm ihre Tochter Evelyne. Ihre zweite Tochter Jeanette trug sie vor zwei Jahren zu Grabe.

Seither ist es ruhiger um sie geworden. „Meine zwei prächtigen Söhne unterstützen mich“, freut sich die Jubilarin, sie erleichtern ihr den Lebensabend, und: „Ich schicke einen Danke nach oben, an den, der mir das herrliche Leben schenkte.“

Sie blickt auch auf ein großes kreatives Wirken zurück. Unter anderem war sie 30 Jahre für unsere Zeitung als freie Mitarbeiterin tätig und hat in dieser Zeit über unzählige Begebenheiten berichtet, „meist über die schönen Dinge“, erinnert sie sich.

Sie hat Bücher und Gedichtbände veröffentlich, über 40 an der Zahl, und „wie eine Besessene gemalt“. Ihre Wohnung gleicht einer Kunstausstellung, ihre Bilder reihen sich an den Wänden. Zahlreiche Ausstellungen hat sie organisiert, die letzte Ausstellung ihrer Werke war im Juli 2013 in der Römervilla. Den Pinsel hat sie aus der Hand gelegt, „Das Augenlicht ist dunkel geworden“, sagt sie, das mache sie nicht traurig, denn „ich habe in den 90 Jahren meines Leben so viel Schönes gesehen“, und sie könne sich trotz des Schleiers vor ihren Augen an die vielen Farben erinnern.

Das Akkordeon und die Gitarre hat sie ebenfalls zur Seite gestellt: „Die Hand erinnert sich seit einem Schlaganfall nicht mehr an die Griffe“, sagt sie, aber hin und wieder setzt sie sich ans Klavier und spielten ein paar Takte schöner Musik. Gerne erinnert man sich im Dorf auch an die Veranstaltungen, die sie drei Jahre lang zugunsten der Orgel von St. Michael organisiert hatte: „Hereinspaziert“ hieß es und viele seien immer gekommen. Dass sie begeisterte Schneiderin gewesen war, wen verwundert es? Mit Nadel und Faden war sie genauso geschickt wie mit Pinsel und Bleistift.

Nun lehnt sie sich inmitten ihrer vielen Bilder und Bücher in ihrem Sessel zurück und lächelt zufrieden: „Es war einmal“, sagt sie dann ganz ohne Wehmut.

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