Um gewappnet zu sein, beschloss der Gemeinderat im Januar 2018, die Hälfte der möglichen Risikosumme als Sicherheit auf die Seite zu legen und jährlich um sechs Prozent Zinsen zu erhöhen.
Da zu diesem Zeitpunkt die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2013 noch nicht aufgestellt war, wurde eine Rückstellung für das Gesamtrisiko, also beider Gewerbesteuernachzahlungen, gebil-det. Außerdem wurden die Mittel der 2017 erfolgten Nachzahlung (die oben genannten 7,1 Millionen Euro) als Deckungsreserve für einen möglichen Rückzahlungsfall zurückgehalten.
Risiko zuletzt um eine Million pro Jahr gestiegen
Aufgrund des hohen Zinssatzes erhöhte sich das gesamte Rückzahlungsrisiko der Gemeinde pro Jahr um rund eine Million Euro. Ende 2018 betrug das Rückzahlungsrisiko, also die Summe aus drohender Gewerbesteuerrückerstattung und Zinsen, bereits 25,6 Millionen Euro.
„Damoklesschwert“
Im Gemeinderat war das Thema in den vergangenen Jahren omnipräsent. Benz sprach dabei stets von einem „Damoklesschwert“ beziehungsweise „Gewerbesteuerdilemma“. Mehr als „Wir wissen nicht, ob und wann etwas kommt“, konnte Benz dem Gremium aber nie berichten, da die Gemeinde als nicht am Verfahren Beteiligte keine Auskünfte erhält.
„Gemischte Gefühle“
Laut Benz und Prinzbach hat die Gemeinde Grenzach-Wyhlen im April die Rückmeldung erhalten, dass in den Verständigungsverfahren, welche die Jahre 2004 bis 2011 betreffen, nun ein Ergebnis vorliege und „das Unternehmen“ diesem zugestimmt habe. Über diese Entwicklung sei der Gemeinderat unverzüglich informiert worden. Anfang Mai kam dann der Steuerbescheid des Finanzamtes. Insgesamt muss die Gemeinde Gewerbesteuer für die Jahre 2004 bis 2011 in Höhe von 3,76 Millionen Euro zuzüglich Zinsen von 2,18 Millionen – also 5,94 Millionen – erstatten. „Wir haben das bereits bezahlt“, sagte der Bürgermeister gestern.
Laut Prinzbach hat die Verwaltung den Steuerbescheid „mit gemischten Gefühlen aufgenommen“. Grund: Das Rückzahlungsrisiko aus diesem Zeitraum belief sich inklusive Zinsen auf 16 Millionen Euro. „Unterm Strich ist die Gemeinde mit einem blauen Auge davongekommen“, lautet das Fazit.
9,6 Millionen Restrisiko
Das verbleibende Rückzahlungsrisiko aus den noch laufenden Verfahren summiert sich zum 31. März auf noch 9,6 Millionen Euro. Wann die Verfahren zu einem Abschluss kommen und wie diese ausgehen werden, kann niemand vorhersagen. „So was ist echt ärgerlich! Städte und Gemeinden tragen in solchen Fällen das volle Zinsrisiko, können aber keinerlei Einfluss auf das Verfahren nehmen. Diese Verfahren müssen beschleunigt werden“, ärgert sich Tobias Benz.
Folgeeffekte
Über den kommunalen Finanzausgleich (FAG) wird die getätigte Rückzahlung für die Gemeinde Folgeeffekte haben. Zum einen wird sich laut Bürgermeister die von der Gemeinde zu leistende Gewerbesteuerumlage im zweiten Quartal dieses Jahres um 700 000 Euro verringern. Durch die Systematik des Finanzausgleichs mit diversen Rückkopplungseffekten werde es als Folge der Rückzahlung im Jahr 2021 für die Gemeinde nach heutigem Stand eine Entlastung von 3,16 Millionen Euro geben, 2023 komme es wiederum zu Mehrbelastungen von 900 000 Euro. Insgesamt bringe der Finanzausgleich zeitversetzt somit also eine Entlastung in Höhe von 2,26 Millionen Euro.
„Den Weg weitergehen“
„Wir müssen den eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung konsequent weitergehen“, wird der Rathauschef nicht müde zu betonen. „Die knapp sechs Millionen, die wir zurückgezahlt haben, hätten wir lieber in unsere Infrastruktur gesteckt. Das tut weh.“ Wenn er heute einige der Wahlprogramme der örtlichen Parteien und Gruppen durchsehe, frage er sich, „ob angesichts des verbleibenden Risikos die Realität ignoriert wird“, ergänzt er.