Der im Mittelpunkt des Abends stehende Film „Echtzeit“ ist keinem bestimmten Genre zuzuordnen und bietet dem Betrachter in seiner dadaistischen Mischung aus wissenschaftlichen Gesprächsdokumenten, poetischen Lebens- und Beziehungsbetrachtungen, aktuellen Fernsehmeldungen, einer kunsthistorischen Schlossführung und surrealen Szenen weder einen roten Faden, noch verfolgt er eine wie auch immer orientierte Spannungskurve. Vielmehr verweist er den Betrachter auf seine eigene Fantasie und die Fähigkeit, in der heterogenen Szenenfolge ein eigenes Muster zu finden.
Der Echtzeitbegriff spielt vor allem in der Computerwelt eine bestimmende Rolle, und so überträgt Costard eine immer wiederkehrende Landschaftsanimation in Farbkacheln auch auf gespielte Szenen der Protagonisten Ruth und Georg sowie auf die dokumentierten Gesprächsszenen mit Wissenschaftlern wie Konrad Zuse, dem Erfinder des ersten funktionsfähigen Computers. Dabei lenkt die Verfremdung durch grobe runde Pixel besonders auf irritierende Aussagen wie die von Georg, die Alles oder Nichts bedeuten können: „Spürst du nicht die Durchsichtigkeit des Raumes? Wir sind ein augenblicklicher Zustand des Programms.“
In Anlehnung an Rosa Luxenburgs Freiheitsbegriff möchte man sagen: Die Freiheit der Kunst ist immer die Freiheit der anderen Kunst. Um eine Haltung zu der einen oder anderen Kunstäußerung zu entwickeln und damit das eigene geistige Überleben zu sichern, muss man jedoch die Möglichkeit haben, Kunst in seiner Vielfalt wahrzunehmen und dazu auch willens sein.