Grenzach-Wyhlen „Die Pandemie nagt an den Kindern“

Tim Nagengast
Leisten die Schulsozialarbeit in Grenzach-Wyhlen (von links): Ninon Rößler, Inessa Kiosseoglu und Wolfgang Hüttermann von der Kaltenbach-Stiftung (Archivfoto). Foto: Tim Nagengast

Schulsozialarbeit: Gemeinde Grenzach-Wyhlen plant weitere Aufstockung und sieht Kreis in der Pflicht

Grenzach-Wyhlen - Die Gemeinde Grenzach-Wyhlen will die Schulsozialarbeit weiter ausbauen. Geplant ist eine Aufstockung um 50 Prozent, wie der Hauptausschuss des Gemeinderates am Dienstagabend beschlossen hat. Räte und Verwaltung wollen dabei aber den Landkreis in die Pflicht nehmen, wie beide Seiten betonten. Über die Höhe des kommunalen Anteils soll daher der Gemeinderat entscheiden.

„Die Pandemie nagt an den Kindern“, „Die Beziehung ist weggebrochen“: Mit Aussagen wie diesen umschrieb Wolfgang Hüttermann im Hauptausschuss seine Erfahrungen in der derzeitigen Gemengelage aus teils monatelangem Distanzunterricht, Lockdown, Freunde-Treff-Verbot und Leben auf engem Raum.

Der Schulsozialarbeiter der Dieter-Kaltenbach-Stiftung ist am Schulzentrum Grenzach-Wyhlen tätig. Eindrucksvoll legte er gemeinsam mit Kollegin Inessa Kiosseoglu (Schulsozialarbeiterin an der Bärenfelsschule) dar, dass dem an den Schulen in der Doppelgemeinde tätigen Dreiergespann – ihre Kollegin Ninon Rößler von der Lindenschule konnte an der Sitzung nicht teilnehmen – gerade auch in Coronazeiten keineswegs die Arbeit ausgegangen ist. Eher das Gegenteil ist der Fall.

Ein Beispiel: Hüttermann zufolge gibt es doch einige Schüler, die mit coronabedingtem Distanzunterricht „einfach nicht erreicht werden können“. Sie seien „weg, abgehängt“, sagte der Schulsozialarbeiter. Hier zum Beispiel setze man an, hole diese Kinder zurück in die Schule, betreue sie dort, schaue, dass sie ihre Aufgaben machten. „Aber ganz besonders wollen wir herausfinden, warum man diese Kinder und Jugendlichen einfach nicht erreicht“, sagte Hüttermann auf Nachfrage von Gertrud Wittek (FW).

Vor allem in den Klassenstufen 7 und 8 trete das Phänomen auf, „wobei diese Klassenstufen bisher auch am meisten zu leiden hatten“, nahm Hüttermann kein Blatt vor den Mund. Hintergrund: Diese Klassenstufen gehören zu denen, die bis zu Beginn dieser Woche seit Weihnachten quasi keinen Präsenzunterricht mehr hatten (im Gegensatz zu den Abschlussklassen und den „Kleinen“).

Hüttermann ist überzeugt: „Corona wird sich auswirken im Bereich Bildung und Soziales.“ Wie der Schulsozialarbeiter des Schulzentrums ebenfalls bekundete, müssten er und seine beiden an den Grundschulen tätigen Kolleginnen beileibe nicht nur Schülern selbst beistehen, sondern führten auch etliche Gespräche mit Lehrkräften und Eltern. „Auch von dieser Seite gibt es Hilferufe im Sinne von: Wir kommen zuhause nicht mehr klar“, sagte Hüttermann.

Einig war man sich im Hauptausschuss, dass die Schulsozialarbeit in Grenzach-Wyhlen auf jeden Fall um weitere 50 Prozent aufgestockt werden soll. Über eine eventuelle Erhöhung des von der Kommune selbst zu schulternden Anteils soll allerdings der Gemeinderat entscheiden. Pferdefuß an der Sache ist nämlich, dass der Landkreis, der – gleich wie das Land – üblicherweise ein Drittel der Kosten der Schulsozialarbeit trägt, seinerseits eine Deckelung der Stellenprozente beschlossen hat.

Eine Neuvergabe der Zuschüsse des Kreises solle nur noch anhand bestimmter Vergabekriterien erfolgen, berichtete Bürgermeister Tobias Benz, der selbst Kreistagsmitglied ist. Dies sei der Stand von Ende Oktober. Ob es bereits Veränderungen bei der Kriterienentwicklung für die Zuschüsse gegeben habe, könne er aktuell leider nicht sagen, bedauerte Benz.

Die Gemeindeverwaltung habe, nachdem sie beim Kreis eine Aufstockung beantragt habe, erst sehr lange nichts gehört. „Und dann hieß es: Nein. Das ist bedauerlich, denn der Bedarf ist da“, hielt der Rathauschef fest.

Grenzach-Wyhlens Sozialabteilungsleiterin Marlen Geheeb sieht den Landkreis Lörrach ebenfalls in der Pflicht. „Der Kreis will einen Kriterienkatalog entwickeln, welche Mittel wohin fließen. Dabei müsste man das eher an der Situation vor Ort beurteilen und nicht anhand von Kriterien“, erläuterte sie ihre Sicht der Dinge. Die Kommune wird also auf jeden Fall mit dem Landratsamt im Gespräch bleiben, was dieses Thema angeht.

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