Grenzach-Wyhlen Die Suppe notfalls selbst auslöffeln

Die Oberbadische

Gewerbesteuer-Dilemma: Gemeinde Grenzach-Wyhlen kann sich nicht auf die Hilfe des Landes verlassen

Sollte die Gemeinde Grenzach-Wyhlen tatsächlich zu einer millionenschweren Gewerbesteuerrückzahlung verdonnert werden und dadurch in finanzielle Schieflage geraten, kann sie nicht auf die Hilfe des Landes Baden-Württemberg bauen. Diese Hiobsbotschaft des Stuttgarter Finanzministeriums überbrachte gestern SPD-Landtagsabgeordneter Rainer Stickelberger.

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Das Schreiben aus der Hauptstadt ist lang und wohlformuliert, allein die Zeilen haben es in sich. Mit Verweis auf den hohen Wert kommunaler Selbständigkeit und Eigenverantwortung lehnt Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) nämlich eventuelle Hilfen für die Gemeinde Grenzach-Wyhlen weitgehend ab. Dies wohl auch, um nicht die Büchse der Pandora zu öffnen, ist die Doppelgemeinde doch beileibe nicht die einzige Kommune im Ländle, die in eine solche Gewerbesteuer-Zwickmühle geraten ist. Aktuell belaufen sich die im schlimmsten Fall auf einen Schlag fällig werdenden Verbindlichkeiten der Gemeinde auf inzwischen satte 23 Millionen Euro. Diese Summe wird sich zudem weiterhin erhöhen, da ein Ende des schon seit Jahren laufenden Verständigungsverfahrens, an dem die Gemeinde nicht beteiligt ist, nicht abzusehen ist (siehe „Hintergrund“).

Verbindlichkeiten steigen immer weiter

Folge: Grenzach-Wyhlen wäre bei einem solchen Ausgang des Verfahrens theoretisch schlagartig insolvent – allen bisher schon eingeleiteten Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen der Verwaltung zum Trotz.

Zwar trägt man im Rathaus eine gewisse Gelassenheit zur Schau, doch ist die Kuh keinesfalls vom Eis, denn das Verfahren ist noch immer offen. Dies gilt auch für die Frage, ob Grenzach-Wyhlen gar nichts, alles oder nur einen Teil der Gewerbesteuer zurückzahlen muss – und dies en bloc oder portioniert. Das weiß – noch – niemand.

Kassenkredite als Notmaßnahme möglich

Im Stuttgarter Finanzministerium verweist man zwar unter anderem auf den Artikel 71 der Landesverfassung, der das Land dazu verpflichtet, die kommunale Selbstverwaltung mit den wichtigen Bestandteilen Finanzhoheit und Eigenverantwortlichkeit zu gewährleisten, doch lasse sich „eine Haftung des Landes für Verbindlichkeiten der Gemeinden“ daraus nicht „ableiten“, wie Ministerin Sitzmann an Rainer Stickelberger schreibt. Dieser hatte sich Anfang August des Themas „Gewerbesteuer-Dilemma“ angenommen und einen Brief in die Landeshauptstadt geschickt (wir berichteten). Weiter heißt es unter anderem: „Es ist Sache der Kommunen, im Rahmen ihrer Finanzhoheit Haushaltsrisiken zu prüfen.“

Im Übrigen hat die Finanzministerin nach eigenen Angaben prüfen lassen, wie im Falle einer Gewerbesteuerrückzahlung im Sinne einer möglichen Unterstützung zu verfahren wäre. Sitzmann schreibt: „In vergleichbaren Fällen wurde es im Rahmen der Rechtsaufsicht für vertretbar gehalten, ein zu erwartendes Defizit übergangsweise – bis zum Eintritt der Finanzausgleichswirkungen – mit Kassenkrediten zu finanzieren.“ Ob dies im Falle Grenzach-Wyhlen dereinst überhaupt erforderlich werde, „bleibt abzuwarten“.

Stickelberger ist so nicht ganz zufrieden

Ziemlich ernüchternd fällt daher das Fazit von Rainer Stickelberger aus: „Die Antwort ist nur teilweise befriedigend. Wenn es zum Schwur kommt und die Gemeinde die Gewerbesteuerrückzahlung auf einen Schlag leisten müsste, erwarte ich eine konkrete Unterstützung durch das Land.“

Ein in der Doppelgemeinde ansässiges Großunternehmen hat seine Gewerbesteuerschulden bezahlt, die Rechtmäßigkeit, hier Gewerbesteuern zu entrichten, jedoch angefochten. Diese Anfechtung ist seit Jahren Gegenstand eines Klärungsverfahrens zwischen der Schweiz, den USA und der Bundesrepublik Deutschlandd. Die Kommune ist an diesem Verfahren jedoch nicht beteiligt. Daher hat sie kein Recht auf Auskunft über den Stand der Verhandlungen. Trotzdem ist sie verpflichtet, die gezahlten Gewerbesteuern dem Unternehmen gegebenenfalls direkt zurückzuerstatten – zuzüglich der bisher aufgelaufenen Zinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr. Das Verfahren zieht sich bereits über viele Jahre hin.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading