Grenzach-Wyhlen Eine Haarspange für die Nachwelt

Tim Nagengast

Grundsteinlegung: Zeitkapsel des „Flexible Office Building“ von Roche enthält nicht nur alltägliche Dinge.

Grenzach-Wyhlen - In Gegenwart zahlreicher Ehrengäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft ist am Dienstagvormittag der Grundstein für das neue Zentralgebäude von Roche („Flexible Office Building“, kurz: „FOB“) gelegt worden. Der Pharmariese investiert rund 60 Millionen Euro in sein neues bauliches Herzstück. In zwei Jahren soll es eingeweiht werden.

Zwei rote Kräne drehen sich über der rund zehn Meter tiefen Baugrube auf dem Roche-Campus, Bauarbeiter mit Helm und Signalweste steigen die Gerüste des FOB-Fundaments hinauf und hinab. Unter einem weißen Zeltdach ertönt derweil Applaus. Die aus Aluminium gefertigte „Zeitkapsel“ für das neue Hauptgebäude von Roche ist gefüllt!

Darin sind neben einem gläsernen Gemeindewappen, einer Stoffkuh, den Planunterlagen für das Gebäude auch die Ausgaben beider Tageszeitungen, ein aktuelles Buch sowie firmenhistorisch wertvolle Glaskolben zu finden. Und eine Haarspange.

Zeitkapsel wird durch ein Loch sichtbar bleiben

Gestiftet hat diese eine Roche-Mitarbeiterin. Spontan greift sich die Dame ins schwarze Haar, als Roche-Pharma-Vorstand Hagen Pfundner ein lockeres „Hat noch jemand was?“ in die illustre Runde fragt. Ja. Die Haarspange. Sie wolle „etwas Persönliches“ geben, sagt die Spenderin. Sie arbeite seit Jahren bei Roche und sei sehr glücklich dort. Spricht’s, fasst ihren Haarschmuck und legt ihn in den Grundstein.

Ein paar Inbusschlüssel-Drehungen später ist der Alukorpus verschraubt und baumelt am Haken eines der beiden Baukräne. Während die Zeitkapsel gen Grube schwebt, erzählt Architekt Daniel Monheim (Büro Christ & Gantenbein, Basel) vom geplanten Guckloch im Boden des Foyers im Flexible Office Building: „Da können Sie dann niederknien und sehen den Grundstein.“ Denn dieser soll sichtbar bleiben. Auch in Zukunft. „Angestrahlt von blauem Licht“, wie Monheim nachschiebt.

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Zuvor – ganz offiziell am Rednerpult – betont er, wie froh er darüber sei, dass Christ & Gantenbein nach dem „Bau 10“ in Grenzach auch das FOB verwirklichen darf. Mit der Idee hinter dem Neubau beweise Roche enormen Mut, lobt der Architekt. Schließlich werden in dem dereinst 25 Meter hohen und 55 mal 35 Meter messenden Zentralbau neue Arbeitswelten geschaffen. „Und das erfordert ein Neudenken des klassischen Bürohauses. Es braucht einen neuen Gebäudetypen: den FOB-Typen“, umreißt es Monheim. „Hochflexible“ Arbeitsplätze, Rückzugsräume für Teams, aber auch für Einzelne, dazu das geplante „Forum“ mit bis zu 500 Sitzplätzen kommen alle unters Dach des Gebäudes. Neben dem zentralen Empfang und einer Cafeteria.

Grundstein für den gesamten Roche-Campus

Doch das FOB ist noch mehr für den Pharmariesen, der zur Eröffnung des Gebäudes auch sein 125-jähriges Bestehen zu feiern plant. Es ist für Roche, wie Hagen Pfundner beim Festakt sagt, auch ein „starkes Standortbekenntnis“. Denn die Zeitkapsel soll nicht nur als schlichter Grundstein für ein Gebäude dienen, sondern für den ganzen Campus, den Roche vor Ort schafft.

„In zwei Jahren hat das hier ein anderes Gesicht“, sagt Pfundner und deutet mit der Hand auf die Baustelle, aber auch in Richtung Grenzacher Ortskern. Denn dorthin will Roche sich öffnen. Und zwar wörtlich. Zäune sollen der Vergangenheit angehören – und trotz weiterer baulicher Veränderungen will das Unternehmen „auch der Natur etwas Grün zurückgeben“, wie Pfundner unterstreicht.

„Interdependenzen“ zur Neuen Mitte Grenzach

Seine Freude auf die „neue Arbeits- und Begegnungswelt“, die im, aber auch ums FOB entstehen soll, ist herauszuhören. „Für Roche ist das FOB kein reines Infrastrukturprojekt, sondern auch ein Bekenntnis zur Öffnung nach innen und außen, zur modernen Arbeitswelt“, sagt Pfundner mit Blick in die Kamera, denn der Festakt wird für die Mitarbeiter live im Internet übertragen. Roche schaffe in Grenzach ein Kompetenzzentrum für Diagnostik und Arzneimittelentwicklung sowie Datenverarbeitung. „Aber ab 2021 ist das hier ein neuer, echter Hingucker“, deutet Pfundner wieder in Richtung Baustelle.

Den von ihm geworfenen Ball in Richtung Öffnung des Roche-Campus zur Ortsmitte hin greift Bürgermeister Tobias Benz in seiner Laudatio auf. Er sieht im künftigen Zentralgebäude des Unternehmens nicht nur „ein wichtiges städtebauliches Ausrufezeichen“ und großes Standortbekenntnis des Weltunternehmens, sondern hat auch „interessante Interdependenzen“ ausgemacht. Und zwar zur Neuen Mitte von Grenzach. Zwar beginnt die Realisierung des dort geplanten „Stadthains“ später als der Neubau von Roche, doch werden sich die beiden großen Baustellen auch eine Zeit lang überschneiden.

Nachdem alle Fotoapparate und Smartphones dutzendfach geklickt haben, setzt sich der Tross in Bewegung. Am Haken des Krans hängt die Zeitkapsel. Fast winzig wirkt sie, als sie langsam in der Tiefe verschwindet. Dies aber nur symbolisch. „Wenn wir dann soweit sind, legen wir den Grundstein an seinen endgültigen Platz“, sagt Architekt Monheim.

Mit der braun-schwarzen Haarspange drin. Diese wird – so ist es zu erwarten – in einigen Jahrzehnten (oder Jahrhunderten?) bei ihrer Wiederentdeckung bestimmt für jede Menge Gesprächsstoff sorgen.

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