Grenzach-Wyhlen Es brennt an allen Ecken und Enden

Tim Nagengast
Die Schulen in Grenzach-Wyhlen sind nicht nur von außen betrachtet „Baustellen“. Auch im Inneren ist viel Arbeit zu leisten. Unter anderem im Bereich der Sozialarbeit. Foto: Tim Nagengast

Schulsozialarbeit: Gemeinde will Eigenmittel für weitere Aufstockung bereitstellen / Druck auf Landkreis

Grenzach-Wyhlen - Die Gemeinde Grenzach-Wyhlen soll im Haushalt für das Jahr 2023 weitere Eigenmittel für die Aufstockung der Sozialarbeit bereitstellen. Dies hat der Hauptausschuss am Dienstagabend beschlossen. Zugleich will die Kommune den Druck auf den Landkreis erhöhen, die Kriterien zur Mittel- und Stellenverteilung im Bereich Schulsozialarbeit anzupassen und sich an den Kosten für die Aufstockung der Schulsozialarbeit in Grenzach-Wyhlen zu beteiligen.

Erst kürzlich hatte die Gemeinde beschlossen, die Schulsozialarbeit am Schulzentrum (Realschule und Lise-Meitner-Gymnasium) um weitere 50 Stellenprozente anzuheben. Die Doppelgemeinde sei seines Wissens bislang die einzige Kommune im Landkreis Lörrach, die so etwas mache, sagte Wolfgang Hüttermann, Schulsozialarbeiter am Schulzentrum, am Dienstagabend im Hauptausschuss.

Gemeinde greift in die eigene Tasche

Allerdings bleibt die Doppelgemeinde zunächst auf den Kosten für diese „eigenmächtige“ Aktion sitzen. Der Landkreis habe den von der Gemeinde Grenzach-Wyhlen an ihn gestellten entsprechenden Aufstockungsantrag nämlich negativ beschieden, wie Bürgermeister Tobias Benz im Ausschuss beklagte. Dies, weil die Mittel beziehungsweise Stellen für die Schulsozialarbeit im Landkreis bislang gedeckelt seien.

Neue Vergabekriterien

Mittlerweile hat das Landratsamt die Vergabekriterien aber weiterentwickelt. Der Bedarf an Schulsozialarbeit soll zukünftig anhand von drei Säulen festgestellt werden: Grundbedarf plus zusätzlicher Bedarf plus belastungsbezogener Bedarf.

Der Grundbedarf orientiert sich an der Statistik des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS). Der zusätzliche Bedarf bemisst sich an schulbezogenen Belastungen wie Anzahl der Inklusions- oder Vorbereitungsklassen, dem statistischen Migrationsanteil und der Frage, ob es sich um einen Ganztagesbetrieb handelt. Die letzte Säule orientiert sich an „Belastungsfaktoren“, also etwa daran, wie viele Kinder Sozialleistungen beziehen, wie viele bei alleinerziehenden Eltern leben oder wie viele ausländische Kinder die jeweilige Schule besuchen. Anhand einer Kombination dieser Faktoren soll künftig der Bedarf für Schulsozialarbeit an einzelnen Schulen ermittelt werden.

Ausschuss übt teils massive Kritik

Im Grenzach-Wyhlener Hauptausschuss wurde an diesem neuen Vergabemodell teils massive Kritik laut. Der tatsächliche Bedarf einer Schule werde durch derlei Rechenmodelle doch überhaupt nicht feststellbar sein, hieß es. Reine Statistik und schulische Realität beziehungsweise der Individualbedarf der Lehreinrichtungen stünden doch viel zu oft in krassem Gegensatz, war den Wortmeldungen quer durch die Fraktionen zu entnehmen. Bemängelt wurde auch, dass weder für Schüler und Lehrer noch den Schulträger Kontinuität herrsche, wenn der Landkreis die Vergabekriterien im Bereich Schulsozialarbeit tatsächlich Jahr für Jahr neu berechnen ließe.

Corona-Pandemie als Brandbeschleuniger

Den entscheidenden Anstoß zur Beschlussfassung im Hauptausschuss gab schließlich Tilo Levante (FDP). Er beantragte erfolgreich, für eine Aufstockung der Schulsozialarbeit Mittel in den kommunalen Haushalt 2023 einzustellen. Denn darüber, dass es mit 2,5 Sozialarbeiterstellen an vier Schulen nicht getan sein könne, herrschte prinzipiell Konsens .

Bürgermeister Tobias Benz sprach in diesem Kontext von „Mangelverwaltung“. Gerade die Pandemie habe beim Bedarf als „Brandbeschleuniger“ gewirkt. Es gehe nämlich keinesfalls nur um das Schließen von Lernlücken, welche in Zeiten von „Homeschooling“ unweigerlich entstanden sind.

Wie groß (geworden) der tatsächliche Bedarf an Schulsozialarbeit ist, wurde im Hauptausschuss aus Berichten aus erster Hand deutlich. Wolfgang Hüttermann hatte auch seine Kollegin Milena Widmer, Schulsozialarbeiterin der Lindenschule, mitgebracht. Beide arbeiten bei der Dieter-Kaltenbach-Stiftung, mit der die Doppelgemeinde im Bereich Schulsozialarbeit kooperiert.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading