Grenzach-Wyhlen Es zählt nur das Erlebnis Musik

Die Oberbadische
Der künstlerische Leiter von Klassikanderswo, Georg Dettweiler Foto: zVg/Matthias Müller Foto: Die Oberbadische

Interview: Georg Dettweiler über das Festival Klassikanderswo und seine Liebe zum Cello

Grenzach-Wyhlen. Die achte Auflage des Festivals Klassikanderswo startet am Wochenende. Vom 29. Juni bis 1. Juli werden Konzerte in der Werkhalle von Broetje Automation in Wyhlen veranstaltet. Im Zentrum steht dieses Jahr das Cello. Am Samstag findet das große Klassikanderswo-Konzert um 19.30 Uhr statt. Der Cellist Thomas Demenga spielt zwei Bach-Suiten. Danach führen zehn Cellisten auf eine musikalische Reise durch die Welt. Zum Ausklang gibt es Instrumentalrock mit drei Cellisten.

Den Auftakt am Freitag gestaltet die Musical Company Lise-Meitner-Gymnasium. Zum Abschluss am Sonntag vermischen Musiker und Schauspieler (tempus fugit) vielschichtige Kammermusik mit Texten.

Mit dem künstlerischen Leiter von Klassikanderswo, Georg Dettweiler, unterhielt sich Gabriele Hauger.

Frage: Was fasziniert die Menschen daran, außerhalb der üblichen Konzertorte Musik zu hören?

Die Atmosphäre ist eine ganz andere, lockerer als in einem Konzertsaal. Die Klänge der Natur und der Zivilisation mischen sich mit der Musik. Ob die Vögel zwitschern bei Schuberts Forellenquintett oder ein vorbeifahrendes Auto in der Neuen Mitte. Bei uns braucht sich auch niemand sorgen, die Konventionen eines klassischen Konzertes nicht verinnerlicht zu haben. Es ist egal, ob die Leute in Abendrobe oder in zerrissenen Jeans kommen. Es zählt nur das Erlebnis gemeinsam durch klassische Musik einen schönen Abend zu verbringen. Für jeden ist etwas dabei, und die Hemmschwelle, in unsere Konzerte zu kommen, für Leute die sonst keine Berührung mit klassischer Musik haben ist quasi nicht vorhanden.

Dem Besucher unserer Konzerte bietet sich auch die einmalige Möglichkeit, neue Orte unserer Gemeinde kennenzulernen, welche mehr Aufmerksamkeit verdienen oder die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind sowie in diesem Jahr bei der Firma Broetje-Automation GmbH.

Frage: Wie und wann ist die Idee zu Klassikanderswo entstanden?

Als ich 2011 von Wyhlen nach Grenzach gezogen bin, lernte ich den Bodenleger Peter Weber kennen. Während der Wochen, die er bei uns arbeitete, entwickelte sich eine Freundschaft und bei anregenden Gesprächen die Idee zu diesem speziellen Konzertformat. Das erste Konzert, noch unter dem Namen „Waldklassik“, erhielt so viel Zuspruch, dass wir uns entschieden, daraus eine jährliche Reihe zu entwickeln. Gemeinsam mit Helmut Bauckner und dem Verein für Heimat und Geschichte veranstalteten wir eine Reihe an Konzerten, ehe wir 2015 unseren eigenen Verein gründeten.

Frage: Wie ist die Resonanz?

Die Resonanz ist umwerfend. Ich glaube, ich kenne kaum ein Festival mit solch gemischtem Publikum und so starken Zuschauerzahlen und das ohne die großen Stars der Klassikszene. Das Konzept mit Musikern aus der Region schafft auch unter meinen Kollegen eine große Identifikation mit dem Projekt. Ich werde häufig angesprochen, wann das nächste Konzert stattfinden wird. Alle wollen wieder teilhaben an diesem Projekt. Dies zeigt sich auch in der Motivation, bei uns mitzumachen. Inzwischen haben sogar ein eigenes Bar-Team, welches sich voller Begeisterung selbstorganisiert.

Frage: Beschreiben Sie die Philosophie, die dahinter steht.

Die Philosophie ist, mit einem populärklassischen Programm – kombiniert mit auch anspruchsvollerem Repertoire – ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie interessiert und begeisterungsfähig unser Publikum ist. Ich bin sicher, dies tut der gesamten Kultur unserer Region gut, und man wird den ein oder anderen auch neu im Konzertsaal wiedersehen.

Da auch die Musiker aus der Region kommen, ist da eine ganz besondere Verbindung. In diesem Jahr haben wir mit Thomas Demenga eine große Musikerpersönlichkeit aus dem internationalen Musikleben zu Gast. Aber auch er ist aus der Region, und viele der Cellisten sind ehemalige Studenten von ihm, welche selbst mittlerweile Karriere gemacht haben.

Frage: An wen richtet sich der Auftakt?

Die Musical-Company habe ich zuletzt bei einem Benefizkonzert in Müllheim gehört. Es ist faszinierend zu sehen, wie hoch das Niveau der jungen Musiker ist. Ich hoffe, dass viele Familien und Schüler kommen und die Begeisterung für so ein tolles Projekt noch weiter wächst.

Frage: Wie kamen Sie auf die Werkhalle als Konzertort? Welche Verbindung hat diese zum Programm?

Mein Kollege Peter Weber hat diesen gefunden. Aus seiner Werkstatt im Fallberg schaut man quasi direkt auf die imposante Halle. Als die Firma Broetje-Automation GmbH spontan als Gastgeber zusagte, waren wir sehr glücklich. Die Halle, aber auch die Geschichte dieser Firma ist sehr beeindruckend. Da die Firma Zulieferer für Flugzeugbauteile ist, lag die Verbindung zu einem musikalischen Interkontinentalflug nah.

Frage: Celli stehen dieses Jahr im Zentrum. Was ist für Sie das Besondere an diesem Instrument?

Ich spiele ja selbst Cello, von daher ist für mich dieses Instrument sowieso etwas besonderes. Aber ich denke, es gibt kaum ein anderes Instrumenten mit diesem Facettenreichtum. Es kann genauso die Bassfunktion in der Tiefe, als auch in den Höhen Melodien spielen. Sein Klang kann sehr melancholisch, lieblich warm sein, aber auch unglaublich dramatisch sein. Ein Cello-Ensemble in dieser Größe war schon immer mein Traum, das ist ein total beeindruckender Sound.

Frage: Greifen Sie die Höhepunkte des Samstagabend-Programm heraus.

Die Höhepunkte sind eigentlich alle drei Programmpunkte. Dass wir mit Thomas Demenga einen so renommierten Solisten für unser Festival begeistern konnten, ist toll. Er spielt die Bach-Suiten auf einem historischen Cello auf Darmsaiten und einer tieferen Stimmung. Die Suiten sind das Highlight der Celloliteratur.

Danach wird es mit der Weltreise des Celloensembles sehr lebhaft. Es sind eingängige Stücke, und zugleich wird es sehr vielfältig. Ein Höhepunkt ist sicher der Hymnus für zwölf Celli von Julius Klengel, welches wirklich für diese Besetzung geschrieben wurde. „Cell Of Hell“ zeigt dann noch mal eine ganz andere Facette mit rockigen Klängen auf dem E-Cello. Ich bin sicher, dass es für das Publikum sehr interessant wird, die verschiedenen Instrumente und Stile zu hören.

Frage: Wird es auch nächstes Jahr Klassikanderswo geben?

Davon gehe ich aus. Für unser Team ist es aber stets ein enormer Aufwand, sodass wir in der Planung für nächstes Jahr noch nicht so weit sind.  Vorverkauf: Spielzüglädeli Wyhlen und Buchhandlung Merkel in Grenzach

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