Grenzach-Wyhlen FDP spricht von „Bettelbriefen“

Die Oberbadische
Im Regelfall sind Lernmaterialien kostenlos. Einzelne müssen Eltern im Alltag aber doch aus eigener Tasche bezahlen. Foto: Tim Nagengast Foto: Die Oberbadische

Schulen: Sensibles Thema Lernmittelfreiheit / Tilo Levante tritt im Hauptausschuss eine Debatte los

Der Besuch einer staatlichen Schule und die Bereitstellung von Lehrmitteln sind in Baden-Württemberg grundsätzlich kostenfrei. Oder doch nicht so ganz? Die Fraktion der FDP macht sich jedenfalls ihre Gedanken angesichts regelmäßiger „Bettelbriefe“, die Schüler ihren Eltern vorlegen, wie es Tilo Levante in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses formulierte.

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Die meisten Eltern von Schulkindern dürften solche oder ähnlich lautende (in unserem Fall fiktive) Abschreiben kennen: „Bitte geben Sie Ihrem Kind bis Freitag 8,95 Euro für das English-Workbook mit. Wir benötigen es als Übungsheft, in das die Kinder auch hineinschreiben können. Wahlweise wäre auch eine Variante mit Übungs-CD erhältlich, wofür dann 13,95 Euro fällig würden.“ Eine Woche später kommt dann die schriftliche Bitte um ein paar Euro für diese oder jene für den Deutschunterricht notwendige Lektüre.

Kann beziehungsweise darf so etwas überhaupt sein? Wie decken sich derartige Vorgänge mit der in der Landesverfassung (Artikel 14/2) garantierten Unentgeltlichkeit für Lernmittel und Unterricht?

Schulleiter kriegen Post

Diese Frage treibt Tilo Levante „seit zehn Jahren“ um, wie er im Hauptausschuss nachdrücklich betonte. Seine Fraktion bitte daher um Auskunft über die rechtskonforme Umsetzung der Lernmittelfreiheit in Grenzach-Wyhlen, schob er nach. Immerhin reiche die Gemeinde den gesamten Zuschuss des Landes an die Schulleiter weiter. Davon, so Levante, müssten die entsprechenden Lernmittel pro Schüler angeschafft werden. Und zwar alle, sofern man dem Gesetz folge.

Immer wieder gebe es jedoch Beschwerden von Elternseite, dass bestimmte Bücher oder Hefte aus eigener Tasche bezahlt werden müssten. „Und dann erfahre ich von Eltern, dass es Klassenfahrten geben soll, für die sie dann mal eben 500 Euro berappen müssen. Das ist exorbitant. So etwas kann sich beim besten Willen nicht jeder leisten. Das darf nicht sein“, legte Levante nach.

Die Freidemokraten wollen nun von den Schulleitern wissen, welche Kosten pro Schüler und Schuljahr tatsächlich anfallen. Denn eigentlich müssten die laut Levante vom Land gewährten rund 66 Euro je Schulkind vollständig zur Deckung der durch Lernmittelanschaffungen entstehenden Kosten verwendet werden. Zudem stelle sich die Frage, was passiere, wenn sich Eltern auf Recht und Gesetz beriefen und sich weigerten, für zusätzliches Unterrichtsmaterial in die eigene Tasche zu greifen. Oder es einfach nicht könnten. „Denn nicht jeder kann nebenbei mal eben 100 Euro im Schuljahr für irgendwelche Hefte ausgeben“, ergänzte der Vertreter der FDP im Hauptausschuss. Es dürfe nicht sein, dass Kinder aus sozial schwächeren Familien womöglich Nachteile erlitten, weil ihre Eltern zusätzlich anfallende Schulkosten nicht stemmen könnten.

Levante: „Es gibt ein Gesetz, aber die Schulen hier halten sich teilweise nicht daran.“ In diesem Zusammenhang sei es eine „Unverschämtheit“, wenn es dann örtliche Schulen gebe, die den Eltern gegenüber behaupteten, dass die Gemeinde als Schulträgerin nicht genügend Geld zur Verfügung stelle, echauffierte sich Levante weiter.

Bürgermeister Tobias Benz nahm dessen Vortrag kritisch zur Kenntnis. Die örtlichen Schulen, so Benz, würden im Vergleich bestens ausgestattet, dies betreffe auch die Höhe der Schulleiterbudgets. „Und mit diesem Geld sollte das gemacht werden, wofür es gedacht ist“, hielt der Rathauschef fest. Er wolle die Vorwürfe der FDP „klären“ und werde daher alle Schulleiter der Gemeinde um eine schriftliche Stellungnahme ersuchen. Es dürfe jedenfalls nicht sein, dass einzelne Schulen womöglich Gelder für Sonderwünsche „über Jahre ansparen“, wenn diese Finanzmittel eigentlich der Versorgung der Schülerschar mit Lernmaterialen dienen sollten. In dieser Sache lasse sich die Gemeinde keinesfalls „den Schwarzen Peter zuschieben“, ärgerte sich Benz.

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