Grenzach-Wyhlen Gedankenlosigkeit richtet Schaden an

Tim Nagengast

Naturschutz: Exotische Goldfische und Zwergwelse werden aus dem Wyhlener Biotop entfernt

Im Biotop in der ehemaligen Wyhlener Kiesgrube soll das biologische Gleichgewicht wiederhergestellt werden. Drei Mitarbeiter des Freiburger Fachbüros „Gobio“ haben dort am Donnerstag so viele Goldfische wie möglich aus den Teichen gefischt. Auch einige Nordamerikanische Zwergwelse landeten im Kescher. Das Hauptproblem wird damit freilich nicht gelöst.

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Irene Blaha zuckt mit den Schultern, als sie in die große wassergefüllte Wanne blickt, in der sich mehr und mehr Goldfische und Zwergwelse tummeln. „Ich schaue oft hier nach dem Rechten. Und so oft schon habe ich Leute getroffen, die mir freimütig sagten, dass sie hier im Biotop auch schon Fische ausgesetzt hätten. Die Menschen denken leider nicht nach“, weiß die Sprecherin des BUND Grenzach-Wyhlen.

Seltene Arten schützen

Goldfischschwärme gehören seit Jahren zum Anblick in den grundwassergespeisten Teichen beim Rheinufer. Wer regelmäßig dort unterwegs ist, dürfte die schillernden Tiere sicherlich gesehen haben. Sogar ein Koi-Karpfen lebte einige Jahre lang hier. Und auch eine große Schildkröte. Wer sie alle dort ausgesetzt hat? „Leute, die ihre Teiche reinigen oder einfach so nicht wissen, wohin mit ihren Fischen, diese aber nicht töten wollen“, sagt Blaha. Diese richten an ihrem neuen „Wohnort“ in freier Natur aber große Schäden an.

In Wyhlen geht es konkret darum, neben der seltenen Gelbbauchunke die Feuerlibelle zu schützen, welche in diesem Biotop vorkommen. Die Eindringlinge aus fremden Gartenteichen setzen diesen beziehungsweise deren Nachwuchs extrem zu.

Als „Gobio“-Chef Michael Pfeiffer den ersten Nordamerikanischen Zwergwels – und bald noch mehrere – in seinem Kescher hat, entfährt ihm ein „Das ist echt ein übles Viech!“ Der Fisch mit seinen markanten Barteln fresse nämlich alles weg. Wer diese Exemplare illegal ausgesetzt hat? „Teichbesitzer“, sagt der Diplom-Biologe.

Fische werden getötet

Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Magnus Leschner und Lara-Sophie Heilbrink ist er in Wathosen geschlüpft. Während Leschner mit einem „Krücke“ genannten Elektrofischgerät bis zu 400 Volt Strom ins Wasser leitet, sammelt Pfeiffer mit dem Kescher betäubte Goldfische und Zwergwelse ein. Heilbrink nimmt die Tiere entgegen und kippt sie in einer Wanne, wo die Wassertiere sehr bald wieder zum Leben erwachen. Dieses währt freilich nicht mehr lange, denn sie werden später mithilfe von Nelkenöl getötet. „Ein schonendes Verfahren. Die Fische schlafen einfach ein“, stellt Pfeiffer klar, während er fast bis zur Hüfte im Teichwasser steht.

Hohe Geldstrafen drohen

Den Fang, den das „Gobio“-Team im Auftrag des Regierungspräsidiums im Wyhlener FFH-Gebiet macht, findet auch Mareike Schlaeger nicht lustig. Die Geschäftsführerin des Landschaftserhaltungsverbands Landkreis Lörrach wohnt der Aktion bei und verweist auf Paragraf 40 des Bundesnaturschutzgesetzes. Demnach ist es verboten, Pflanzen und Tiere dort „auszubringen“, wo diese nicht natürlich vorkommen. „Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 10 000 Euro bestraft werden kann. Bei invasiven Arten sogar mit bis zu 50 000 Euro“, hält Schlaeger fest. Der Nordamerikanische Zwergwels sei so ein Fall, sagt sie.

Hechte werden ausgesetzt

Die sechsstündige Elektro-Abfischaktion von Donnerstag ist übrigens nicht das Ende der Fahnenstange in der früheren Wyhlener Kiesgrube. Denn in den mit dichtem Schilf bewachsenen Teichen erwischt man trotz „Krücke“ und Kescher niemals alle dort das biologische Gleichgewicht störenden Fische. Am verbliebenen Rest werden sich ein paar Hechte laben dürfen. Sie werden dort ausgesetzt und in etwa einem Jahr wieder entnommen, wie Pfeiffer erläutert.

„Können nur appellieren“

Und wenn trotzdem bald wieder jemand exotische Fische in die geschützten Tümpel kippt? „Ich weiß nicht“, sagt Irene Blaha und zuckt ein wenig resigniert mit den Schultern: „Wir werden es nie schaffen, alle seltenen Arten zu schützen. Aber wir müssen es doch zumindest versuchen und laut dafür werben, die Natur pfleglich zu behandeln und nicht gedankenlos Schaden anzurichten.“

Michael Pfeiffer bringt derweil zwei weitere, noch recht kleine Zwergwelse. Diese plätschern dann fröhlich mit einigen Goldfischen in der Wanne herum. Dass ihr letztes Stündlein im Sinne von Natur- und Artenschutz bald geschlagen haben wird, das wissen sie freilich nicht.

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