Grenzach-Wyhlen Hana Roschman leitet Familientreff Grenzach

Tim Nagengast
Bringen als „Quer-Umsteigerinnen“ nicht nur frischen Wind, Kompetenzen und neue Sichtweisen in die beiden Familientreffs in Grenzach und Wyhlen, sondern spannen auch als Team gut zusammen: die beiden Leiterinnen Hana Roschman (links) und Susanne Göb. Foto: Tim Nagengast

In den Grenzach-Wyhlener Ablegern des Familienzentrums Rheinfelden kommt ganz viel zusammen: Verschiedene Menschen aller Generationen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen treffen auf ein vielseitiges Angebotsspektrum. Diese niederschwellige Mischung „zieht“ und sorgt für die immer stärkere Belebung der beiden Familientreffs Alte Apotheke Grenzach und Alte Post Wyhlen. Wer darin einmal Fuß fasst, schlägt bisweilen sogar Wurzeln, wie sich am Beispiel von Hana Roschman zeigt. Sie ist die neue Leiterin (Koordinatorin) des Familientreffs in der Alten Apotheke in Grenzach und folgt auf Agnes Deiß, die nach Norddeutschland gezogen und unlängst verabschiedet worden ist (wir berichteten).

Die Chemie stimmte

Roschman kam – salopp formuliert – ins Familienzentrum und fing sofort Feuer. Vor etwa eineinhalb Jahren hatte die gebürtige Tschechin ihre Tochter zu einem sexualpädagogischen Präventionsprogramm („MFM – My Fertility Matters“) des Familienzentrums angemeldet, fand das Angebot toll, den Elternabend und das Umfeld sehr ansprechend und beschloss, sich dort einzubringen. Erfahrung in Sachen Ehrenamt brachte Roschman dazu reichlich mit, ebenso ein bestehendes Netzwerk sowie kommunikativ-administrative Fähigkeiten. Alles Qualifikationen, die im Familientreff immer gefragt sind. Und so ist aus der ehrenamtlichen Leiterin des Baby-Cafés inzwischen die hauptberufliche „Koordinatorin“ des Familientreffs Alte Apotheke geworden, wie es offiziell heißt.

Quer-Umsteigerin

Im Falle Roschmans kann man hier von einem Quer-Umstieg sprechen, denn die 46-Jährige hat keineswegs einen (sozial)-pädagogischen Hintergrund, den man in dieser Position und diesem Umfeld wohl erwarten würde. Roschman hat 22 Jahre lang bei Roche gearbeitet. Und zwar im medizinisch-kaufmännischen Bereich. „Da habe ich Kommunikation, Teamentwicklung und Netzwerken gelernt,“, sagt sie, „aber für mich war schon länger klar, dass ich etwas ganz anderes machen, dass ich mit Menschen arbeiten wollte.“ Der Schritt über die Schwelle des Familienzentrums war dabei – zunächst unbewusst – der Einstieg in den Ausstieg aus der Pharmaindustrie.

Vom Gast zur Leiterin

Denn die 46-Jährige blieb zunächst „Gast“ und Ehrenamtliche, machte selbst nebenbei eine Ausbildung zur MFM-Referentin, eine solche in Kunst- und Maltherapie, engagierte sich im AWO-Kaufhaus „Schatzinsel“, startete eine Spendenaktion für die Ukraine in Grenzach-Wyhlen, um dringend benötigte Medikamente in das kriegsgeschüttelte Land zu schaffen, betreut seit fünf Jahren eine Migrantenfamilie, wirbelt, macht, packt an, nutzt Netzwerke und Kontakte und stellt mit Erfolg allerlei auf die Beine.

Sechs Bewerber für die Stelle

Und das sei im Familienzentrum keineswegs unbemerkt geblieben, wie Geschäftsführerin Birgitt Kiefer und Vorstandsmitglied Wiebke Rombach bekräftigen. Roschmans Elan, ihre kompetent zupackende Art, ihre kommunikativen Fähigkeiten und ihr gewinnendes Wesen hätten sie geradezu für den Leitungsposten in Grenzach prädestiniert. Zwar habe man sechs sehr gute Bewerbungen für die Stelle der Koordinatorin bekommen, die Wahl sei aber dennoch leicht gefallen.

„Es hat mich hier von Anfang an begeistert. Diese tollen Ideen, die hier entstehen, die große Bereitschaft, ehrenamtlich etwas zu tun. Dieser Esprit hier war von Anfang an mein Ding“, erzählt Roschman mit Freude in der Stimme. „Ich konnte es erst gar nicht glauben, dass die wirklich mich ausgewählt haben.“

50-Prozent-Stelle

Mit einer 50-Prozent-Stelle, die dank eines Kooperationsvertrags zwischen Familienzentrum Rheinfelden und Gemeinde Grenzach-Wyhlen von letzterer finanziert wird, kann Roschman sich nun ganz auf die Leitung des Grenzacher Familientreffs und die Steuerung des breitgefächerten Angebots konzentrieren.

Promovierte Geografin leitet den Treff in der Alten Post

Unterstützt wird sie dabei von Susanne Göb, die seit 2020 den Familienzentrum-Ableger in der Alten Post in Wyhlen leitet. Die 40-Jährige ist selbst ein ebenso gutes Beispiel für den Quer-Umstieg wie Roschman. Denn auch sie kommt keineswegs aus dem Sozialbereich. Als Geografin mit Doktortitel zog die gebürtige Fuldaerin vor rund acht Jahren nach Grenzach-Wyhlen. Mit ihrem sieben Wochen alten Baby. „Ich war neu, ich kannte hier niemanden, alles war fremd. Ich war bis dato immer berufstätig gewesen und jetzt eine junge Mutter plus Fernbeziehung plus neuer Umgebung“, erinnert sich Göb an ihre Anfangstage in der Doppelgemeinde zurück.

Mit ihrem kleinen Sohn auf dem Arm betrat sie eines Tages das Baby-Café des Familientreffs in Wyhlen. „Und ich war sofort dabei. Die haben mich so toll aufgenommen“, berichtet Göb begeistert. Sie sei in der Runde angenommen worden, als wäre sie schon immer dagewesen. Sofort waren Kontakte da, es gab Austausch, Aktivitäten. Und Göb blieb „hängen“, wuchs hinein.

Interdisziplinäres Arbeiten

Gerne schlüpfte sie dort zunächst in die Rolle einer ehrenamtlichen „Gastgeberin“, bis die zweifache Mutter vor knapp drei Jahren die Leitung des Treffs übernehmen konnte. „Susanne bringt ein Wahnsinns-Spektrum mit. Das ist richtig interdisziplinär, so wie wir hier arbeiten“, sagt die Geschäftsführerin des Familienzentrums Rheinfelden.

„Die Familientreffs sind“, um es mit Birgitt Kiefers Worten auszudrücken, „Orte, an denen man einfach nur sein, sich aber auch engagieren kann, wo man gesehen und gehört wird.“ Und deshalb manchmal hängenbleibt, hineinwächst und Wurzeln schlägt. So wie Hana Roschman und Susanne Göb.

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