Grenzach-Wyhlen Heiße Wurst und nasses Haar

Tim Nagengast

Johannimarkt: Immer wieder einsetzender Regen kann Publikumsstrom nicht stoppen / Heute geöffnet

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen - Das launische Wetter hat den ersten Grenzacher Johannimarkt „post coronam“ keineswegs verhagelt. Ganz im Gegenteil. Zwar hatten die meisten Besucher einen Regenschirm griffbereit dabei, aber Regen? Egal. Hauptsache warm! Die Stimmung war bestens, die Geschäfte liefen allgemein gut, wie unsere Zeitung beim Bummel über den Johannimarkt erleben durfte.Fröhliche Gesichter auf der Marktmeile mit ihren Seitenästen zwischen evangelischem Gemeindehaus und Post, ein „Hallo!“ hier und da, gute Laune, Händeschütteln.

Ein kurzer Blick zum „Kaffi-Kueche-Stand“ der Node-Chaode: Da steht Marianne Müller und schüttelt – pfluddernass – ihre rote Mähne.

Heute mit Walla-Walla-Frisur unterwegs, Frau Müller?

„He, nei! ’S isch wegem Primeli! Dä het im Levante si Zelt gschrottet, wo mir vo de Guggemusik ammel usleihe duen. Wege dem bi’n i jetz bätschnass un ha fascht scho Locke! Luege Si mi emol a! Alles wegem Bluebacher Ralf! Do, luege Si!“ Sagt’s, lacht mit den Umstehenden um die Wette und schüttelt noch einmal demonstrativ die nasse „Matte“.

„Wet Mary statt red Mary“, also „nasse statt rote Mary“? Die Antwort auf diese Frage aus der OV-Redaktion ist schallendes Gelächter.

Und weiter geht’s im Schlendergang die Hauptstraße hinauf.

Gelbe Signalwesten verraten: Bianca Scarpinato, die neue Marktmeisterin, ist mit Gefolge (Nora Reith von der Touristinfo und Wirtschaftsförderin Silke d’Aubert) von Stand zu Stand unterwegs. Gegenüber vom Haus Surdmann stoppt das Trio am Mauch-Stand. „De Chrischdian“ und seine Schwiegermama Elfriede Schneider eilen begeistert herbei und danken der Marktmeisterin für den Erlass der Standgebühren in diesem Jahr. „Einfach eine tolle Geste nach Corona! Da spreche ich bestimmt für alle Standbetreiber hier“, sagt Mauch. „Denn andere Orte haben ihre Standgebühren um teils bis zu 50 Prozent erhöht. Hier das Gegenteil – einfach klasse!“

Und weiter geht’s in kurzen Schritten, denn es ist trotz dunklem Himmel echt viel los.

Hunger.

Wohin? Zu Familie Blubacher. Doch der Hof ist zu. Keine Güggeli vom Grill. Aber Blubachers sind trotzdem da. Vor dem Hof haben sie eine Imbissbude mit Würsten, Frikadellen und Co. aufgebaut. Auf dem Tresen steht die bekannte Blubacher’sche Currysauce für daheim. Und immer wieder kommen Leute und fragen nach den Güggeli.

„Es war zu kurzfristig“, heißt es am Stand, „aber nächstes Jahr gibt’s wieder unsere Güggeli. Wenn die Jungen es übernehmen.“

Also auf ein Bier hinauf zum Gemeindehaus. Mitten im Getümmel: Uli Kaiser. Der steht auf, geht ins Gemeindehaus, öffnet fröhlich die unverschlossene Saaltür, setzt sich ans Klavier und legt los: „Ännchen von Tharau“, „Heilig, heilig, heilig“, „In Mueters Stübeli“ und noch ein Rock’n’Roll-Fetzer hinterher. Ganz ohne Publikum. Einfach so. Weil’s Spaß macht. Weil’s gerade geht.

Draußen vorm Haus auf einer der Festbänke: Kaisers Handy, sein „Tubak“-Beutel und sein Vierteli. Letzteres ist noch randvoll. Niemand hat die Sachen angerührt, niemand etwas mitgehen lassen.

Kaiser klappt gutgelaunt das Klavier zu, kommt wieder raus, setzt sich an den Tisch zurück und „drahjt“ sich eine „Ziggi“. „Schöne Dag no, Herr Nagengast!“

Beim Weiterschlendern die Marktmeile hinunter grüßt Alex Drechsle freundlich den Besucher von der Zeitung. Wie es läuft? „Hier gut, prima!“

Und oben aufm Rührberg? Keine Probleme mit Trockenheit? „Nein, wir haben noch Glück“, freut sich der junge Landwirt.

Beim Weitergehen steigt dem Johannimarktbesucherplötzlich ein herzhafter Duft in die Nase. Was ist das?

Panzerotti! Gefüllte Teigtaschen aus Italien. Die bereitet Paolo Boccuzzis Mamma zu. A mano, von Hand. Etwas versteckt hinterm Vorhang, wo sie in Ruhe arbeiten kann. Boccuzzi, Grenzachs „Pöschtler“ und Spezialitätenladenbesitzer, backt die Panzerotti in heißem Fett. Brutal heiß, brutal köstlich. Come in Italia, wie in Italien. Und so schmeckt’s auch. Eine leckere Salsiccia noch hinterher – einfach perfetto.

Ja, der Johannimarkt macht Spaß. Man trifft Leute, die man kennt. und wenn nicht, dann lernt man sie eben kennen. Denn es geht eng zu auf der Marktmeile. Auch oben in der Rebgasse sitzt man dicht an dicht und trocken, dem Dach sei Dank.  Tipp aus der Redaktion: Wer gestern nicht am Johannimarkt war, kann es heute nachholen. Und wer schon dort war, noch einmal hingehen. Von 9 bis 19 Uhr ist geöffnet.

Mitzubringen ist: Geld für geplante und nichtgeplante Einkäufe. Und gesunder Appetit.

Weitere Fotos unter https://www.verlagshaus-jaumann.de/inhalt.grenzach-wyhlen-fotogalerie-johannimarkt-2022-in-grenzach.bc0c2bd6-9ba5-43e9-944f-725eed607e03.html

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