Grenzach-Wyhlen Im Kapellenbach-Ost zeigt sich die Krise im Bausektor

Tim Nagengast
Die Dynamik im „Kapellenbach-Ost“ ist unübersehbar. Erste Häuser sind bereits fertiggstellt, weitere sind im Bau. Die Vermarktung der Flächen ist aber schwieriger geworden. Foto: Heinz Vollmar

Für ein in kommunalem Besitz befindliches Baufeld im Neubaugebiet „Kapellenbach-Ost“ findet sich bisher kein Käufer. Für das Baufeld gelten enge Vorgaben: 100 Prozent Sozialwohnungsquote und Geschosswohnungsbau. Investoren winken dankend ab.

Baupreisexplosion, steigende Handwerkerkosten, das Bauen massiv verteuernde gesetzliche (Umwelt-)Auflagen, dazu zuletzt wieder höhere Zinsen: Potenzielle Bauherren haben es in der aktuellen Lage deutlich schwerer als noch vor drei, vier Jahren, sich ihren Traum vom eigenen Häuschen zu erfüllen. In einer solchen Gemengelage lassen Bauträger sich nur ungern enge Fesseln anlegen. Dies auch, um mit ihrem jeweiligen Vorhaben überhaupt noch ein wirtschaftlich tragbares Ergebnis zu erzielen. Denn was nützen Neubauwohnungen, für die am Ende ein Kaltmietepreis von 20 Euro pro Quadratmeter oder gar mehr verlangt werden müsste, die dann aber leerstehen, weil kaum jemand sich ein solches Wohnen noch leisten kann?

„Langsame“ Baustellen

Nicht nur in Grenzach-Wyhlen gibt es die eine oder andere Baustelle, deren Realisierung oder Fertigstellung immer weiter nach hinten rutscht: Egal, ob die ewige Brachfläche vorn am „Hörnle“ oder die kaum mehr als in Zeitraffer vorankommende Baustelle auf dem früheren „Löwen“-Areal: Selbst in der durch Zuzug stark wachsenden Doppelgemeinde ist vielerorts sichtbar, dass im Bausektor teilweise Krisenstimmung herrscht und Sand im Getriebe ist.

In diese kleine Aufzählung reiht sich auch der Wyhlener „Kapellenbach-Ost“ ein – mit 14,4 Hektar Gesamtfläche das derzeit größte Neubaugebiet im Landkreis Lörrach. Mehr als 2000 Menschen sollen hier einmal leben. In einem ersten Geschosswohnungsbau brennt abends bereits das Licht, Straßen sind gezogen, Leitungen verlegt und Einfamilienhäuser im Bau. Es geht also etwas auf der einst landwirtschaftlich genutzten Fläche zwischen Bundesstraße, Serrnussweg, Bahnlinie und der „Siedlung“.

51 Grundstücke befanden beziehungsweise befinden sich noch in kommunaler Hand. Das Gros davon hat die Gemeinde anhand von Vergabekriterien an Bauwillige vergeben. Stichworte: Punktekatalog für unter anderem Kinderzahl, Wohnsitzdauer in Grenzach-Wyhlen und ehrenamtliches Engagement. Die übrigen Grundstücke sollten gegen Höchstgebot verkauft werden. Zuerst waren dies vier, am Ende wurden es sieben. Der Quadratmeterpreis von kommunalem Bauland im „Kapellenbach-Ost“ sollte für private Häuslebauer bei 580 Euro, für Investoren (also Erbauer von Mehrfamilien- oder Reihenhäusern) bei 650 Euro liegen. 2,9 Millionen Euro Kosten für die getätigten archäologischen Arbeiten waren da bereits eingepreist.

Veränderte Marktlage

Im Frühjahr hatte die sich verändernde Marktlage die Gemeinde Grenzach-Wyhlen jedoch zu ersten Zugeständnissen an potenzielle Investoren gezwungen. So wurde nachträglich mehr Geschosswohnungsbau ermöglicht. Doch der Hebel, an dem potenzielle Bauträger im „Kapellenbach-Ost“ sitzen, wird zusehends länger. Denn Investoren stehen keineswegs mehr Schlange, um in Wyhlen ein Projekt zu verwirklichen.

Neue Vermarktungsrunde

Aktuelles Beispiel: Ein für Sozialwohnungsbau vorgesehenes Grundstück an der Ecke Rheinfelder/Habsburger Straße hat bisher keinen Käufer gefunden. Zwar hatte es im Zuge des Vergabeverfahrens einen Interessenten für die genannte Baufläche gegeben. Am Ende reichte dieser aber kein Angebot ein.

Wie die am Dienstagabend im Gemeinderat online zugeschaltete Projektleiterin Ulrike Mannsdörfer von der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung (KE) auf Nachfrage von Alex Drechsle (FW) sagte, müsse man gegebenenfalls an der einen oder anderen Stellschraube drehen, um die zu einem „Kaufgegenstand“ zusammengefassten Grundstücke für Bauträger attraktiv zu machen. Die dafür bisher geltende 100-Prozent-Quote für Sozialwohnungsbau sei für Investoren unter den derzeitigen Bedingungen augenscheinlich nicht mehr wirtschaftlich darstellbar. Und dies, obwohl es vom Land hohe Fördergelder für derartige Projekte gibt.

Eine Möglichkeit, um das Baufeld besser vermarktbar zu machen, wäre Mannsdörfer zufolge, es preisgünstiger anzubieten. Oder man belasse es bei der bisherigen Preisvorstellung, senke im Gegenzug aber die Sozialwohnungsquote ab. Die KE wolle im Januar eine neue Vermarktungsrunde starten, sagte Mannsdörfer.

  • Bewertung
    13

Beilagen

Umfrage

Robert Habeck auf der Weltklimakonferenz

Der Grünen-Spitzenkandidat will Sozialabgaben auf Kapitalerträge. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading