Grenzach-Wyhlen Kein Erfolg wiegt Tränen auf

Helmut Bauckner
Mit dieser Monumentalplastik von Hermann Kochendörfer wird auf dem Grenzacher Friedhof der Opfer gedacht. Foto: Helmut Bauckner

Vier Ehrenmale aus unterschiedlichen Epochen mahnen in Grenzach heute zum Frieden. So unterschiedlich ihre Gestaltung und Art auch sein mag, so ist ihre Botschaft doch immer dieselbe: Jeder Tote ist einer zu viel.

Kriegerdenkmalen wird in der Regel bei Stadtbesichtigungen wenig oder keine Aufmerksamkeit geschenkt, von einigen Ausnahmen abgesehen. Im historischen Grenzacher Ortskern rund um die evangelische Kirche und auf dem Grenzacher Friedhof begegnen wir eindrucksvollen und nachdenklich machenden Denkmälern der kriegerischen Ereignisse der vergangenen 150 Jahre.

Obelisk am Rathaus

Der Obelisk, der beim Rathaus steht, ist eigentlich ein Veteranendenkmal, denn alle darauf vermerkten Soldaten sind zurückgekommen aus den sogenannten Einigungskriegen von 1866 und 1870/71. Erst 1911 errichtet, hält dieses Denkmal mit dem Zitat „Fest steht und treu die Wacht am Rhein“ den ewigen Konflikt mit dem französischen Nachbarn wach.

Gedenktafel in der Kirche

Geradezu zurückhaltend ist da die einst an der Nordwand und heute in der Eingangshalle der Dorfkirche angebrachte, von Hermann Daur entworfene Gedenktafel für die 56 aus der evangelischen Pfarrei gefallenen und vier vermissten Soldaten des Ersten Weltkriegs. Zwei geflügelte Putten halten ein Band mit der Aufschrift: „Wir trauern um euch, wir vergessen euch nicht, wir ehren euch.“ Damit unterscheidet sich diese Tafel von anderen militaristisch aufgeheizten Denkmälern, die vor allem nach 1933 vielerorts entstanden sind.

Gedenkstein vor der Kirche

Vor der Kirche steht ein Gedenkstein für die Opfer des Zweiten Weltkriegs. Erst 20 Jahre nach Kriegsende wurde Leonhard Eder in Rheinfelden mit der Gestaltung beauftragt: „Der Namen sind zu viele, der Stein erträgt sie nicht, Herr schenke du unseren Toten dein tröstend Angesicht“, so lesen wir auf dem Stein. In der Tat, über 150 Namen hätten keinen Platz.

Auf der linken Seite können wir im Sockel einen Kreis erkennen. An dieser Stelle bohrte man ein Loch in den Stein und verschloss darin eine Schriftrolle mit den Namen der Gefallenen und Vermissten der Kirchengemeinde.

Bereits 1948 nahm die Gemeinde Grenzach Kontakt auf zum Freiburger Architekten Reinhard Fuchs mit dem Wunsch, er möge einen „Ehrenplatz“ für die Gefallenen der Gemeinde gestalten. Er tat dies auch unverzüglich, aber sein sehr heroischer und aufwendiger Entwurf fand keinen Gefallen. Der „Verband der Heimkehrer“ richtete schließlich 1955 in einem Brief an die Gemeindeverwaltung von Grenzach die Bitte um die Errichtung eines „Ehrenmals“, ein Wunsch, der auf die Zustimmung der Gemeinde stieß. Man sei sogar bereit, die Kosten dafür zu übernehmen, so der Verband.

Plastik auf dem Friedhof

Umgehend nahm die Gemeinde Kontakt auf mit dem in Freiburg arbeitenden renommierten Künstler und Bildhauer Walter Schelenz. 1903 in Karlsruhe geboren, absolvierte Schelenz zunächst die Landeskunstschule in Karlsruhe, bevor er als Meisterschüler an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden sein Studium abschloss und von da an als freischaffender Künstler tätig war. Er schlug vor, dass man die Gedenktafel auf dem Friedhof für die Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkriegs versetzt, um Platz zu schaffen für eine monumentale Plastik.

Schelenz schrieb an die Gemeinde: „Als Thema für die liegende weibliche Figur war der Gedanke zugrunde gelegt eines weiblichen Symbols für das Mütterliche der Erde, der als einziger Kriegshinweis ein in der Komposition einbezogenes Schwert beigegeben ist. Die Haltung und Stimmung der Figur drücken friedliche, stille Trauer aus. Als Frau weist sie zugleich auf neues Leben und Wiedergeburt hin.“ Es sei noch angemerkt, dass das Schwert zerbrochen ist – ein starkes Symbol.

Am 25. November 1956 konnte man das von Steinmetz Hermann Kochendörfer aus Waldkirch gefertigte Monument aus Muschelkalk feierlich enthüllen. Kosten hat man keine gescheut: Etwa vier Jahresgehälter wurden investiert, ganz sicher in der Hoffnung, dass dies das letzte Kriegerdenkmal in Grenzach sein wird. Pfarrer Maurer brachte es in seiner Ansprache auf den Punkt: „Kein militärischer Erfolg kann die Tränen der Mütter aufwiegen.“

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