In diesen Kontext dürfte deshalb Ulrike Ebi-Kuhns Vorstoß von Dienstagabend zu sehen sein. Sie hatte im Namen der CDU-Fraktion die Einsetzung einer Arbeitsgruppe mit Vertretern aus allen Fraktionen beantragt, um während der Offenlage des Konzeptentwurfes eine Prioritätenliste erstellen zu können. Rat und Verwaltung griffen diesen Vorstoß umgehend auf, und Bürgermeister Tobias Benz kündigte für die zeit der Offenlage des Papiers einen „Workshop für die Gemeinderäte an“.
Hauptumsatzbringer sind die Dorfbewohner selbst
Donato Acocella selbst zeigte sich am Dienstag im Ratsrund von Anfang an versöhnlich. Obwohl er seine berufliche Tätigkeit inzwischen ein stückweit verlagert habe, behalte er das Projekt in Grenzach-Wyhlen sehr gerne. „Und zwar aus Überzeugung“, hielt Acocella fest. Die eine oder andere verbale Spitze in Richtung einzelner Ratsmitglieder konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen. Umgekehrt war es allerdings genauso.
Man spürte: Beim Stichwort Einzelhandelskonzept liegt in Grenzach-Wyhlen einfach etwas in der Luft, das „Fass“ von 2014 wollte aber niemand mehr aufmachen. Ob dies nach der Fortschreibung desselben genauso sein wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Das Ziel der Gemeindeverwaltung, dass in der in Grenzach geplanten Neuen Mitte tatsächlich „zentrenrelevanter“ Einzelhandel angesiedelt werden kann, rückt durch die vom Rat beschlossene Konzeptfortschreibung jedenfalls in greifbare Nähe.
Dabei ist der rechtliche Charakter nicht außer Acht zu lassen: Gemäß Baugesetzbuch handelt es sich bei dem Einzelhandelskonzept um ein sogenanntes städtebauliches Entwicklungskonzept, welches als Grundlage für bauplanungsrechtliche Regelungen dient. Für die Ortsteile Grenzach und Wyhlen regelt es klar die räumlichen Abgrenzungen der jeweiligen zentralen Versorgungsbereiche sowie die Zuordnung von „zentrenrelevanten Sortimenten“. Mit seinem Beschluss, während der Offenlage einen Workshop zu veranstalten, hat sich der Gemeinderat selbst das Instrumentarium in die Hand gegeben, um hier noch gewünschte Anpassungen vorzunehmen.
Acocella rät dem Handel in der Doppelgemeinde in diesem Zusammenhang dazu, sich „auf die Hinterbeine zu stellen“. „Die Betriebe müssen sich noch mehr überlegen, wie sie die Menschen vor Ort modern bedienen.“ Gerade die Coronakrise habe viele Menschen von bestimmten Vorteilen des Onlinekaufs beziehungsweise der Digitalisierung selbst überzeugen können. „Und das wird sich auch nicht mehr ändern“, glaubt der Stadt- und Regionalentwickler. Grenzach-Wyhlen könne als Gemeinde der kurzen Wege durchaus punkten, hielt er fest.
Weitere Informationen: Interessant ist eine im Zuge der Konzeptfortschreibung erfolgte Aufschlüsselung der Herkunft des in Grenzach-Wyhlen im vergangenen Jahr gemachten Umsatzes. Dieser lag bei 92 Millionen Euro und wurde zwischen 54 und 60 Prozent über Kundschaft aus der Gemeinde generiert. Zwischen 38 und 43 Prozent des Umsatzes steuerten die Schweizer Nachbarn bei. Quasi keine Rolle spielten Kunden aus Rheinfelden, Inzlingen, Lörrach und Weil am Rhein: Deren Anteil lag bei jeweils maximal einem Prozent des Gesamtumsatzvolumens.