Grenzach-Wyhlen Laufendes Verfahren ist wieder offen

SB-Import-Eidos
Der heute der Firma BASF gehördende Teil der früheren Keßlergrube in Grenzach ist unter anderem einst mit der Kläranlage zur Reinigung der kommunalen Abwässer überbaut worden. Foto: Tim Nagengast

BASF-Teil der Keßlergrube: Teilerfolg für BUND-Klage / Bundesverwaltungsgericht lässt Revision zu

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat die Revision des BUND Baden-Württemberg gegen die geplante Umspundung der Keßlergrube in Grenzach durch BASF zugelassen. Damit ist das seit fünf Jahren laufende Verfahren wieder offen. Der Umweltverband fordert für den der BASF gehörenden Teil der ehemaligen Giftmüllkippe einen Totalaushub der Schadstoffe, wie er im benachbarten Roche-Teil bereits erfolgt ist.

Grenzach-Wyhlen/Leipzig (ov/tn). Die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch zeigt sich hocherfreut über den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. „Unsere beharrliche Arbeit, getragen vor allem durch unsere ehrenamtlich Aktiven vor Ort und tatkräftig unterstützt durch die Gemeinde Grenzach-Wyhlen, zahlt sich aus und beginnt zu wirken. Höchstrichterlich wird nun geklärt, wie weit die Klagerechte von Umweltverbänden bei der Sanierung von Altlasten reichen. Zudem erhöht sich die Chance, konkret in Grenzach-Wyhlen eine echte und nachhaltige Sanierung der Keßlergrube zu erreichen“, wird Pilarsky-Grosch in einer Pressemitteilung zitiert.

Richter sehen „grundsätzliche Bedeutung“

Das Bundesverwaltungsgericht folgte in seinem Beschluss der vom BUND eingelegten Beschwerde, welche die auf Umweltrecht spezialisierte Freiburger Kanzlei Sparwasser & Schmidt auf 99 Seiten begründet hatte: Es hob die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes auf, die Revision nicht zuzulassen, und ließ die Revision zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.

Das Bundesverwaltungsgericht wird sich damit nicht nur umfassend mit der Frage beschäftigen, ob eine anerkannte Umweltvereinigung gegen die Verbindlichkeitserklärung eines Sanierungsplans gerichtlich vorgehen kann, sondern voraussichtlich auch beurteilen, ob die Sanierung rechtmäßig ist. Hier stellt sich die grundlegende Frage, ob eine Sicherung einer Altlast für die nächsten 50 bis 100 Jahre dem Nachhaltigkeitsgrundsatz (Paragraf 1 Bundesbodenschutzgesetz und Artikel 20a Grundgesetz) gerecht wird, wenn die Schadstoffe unter den Bedingungen der geplanten Lagerung Abbauzeiten von mehr als 10.000 Jahren haben werden. Der Rechtsstreit ist damit wieder offen.

Bürgermeister Benz spricht von „Zwischenerfolg“

Auch Bürgermeister Tobias Benz stellt die Bedeutung des BVerwG-Beschlusses für die Doppelgemeinde heraus: „Die Berufung der Klage der Gemeinde ist nicht zugelassen worden. Dagegen haben wir eine Anhörungsrüge und Verfassungsbeschwerde erhoben. Der BUND will mit seiner Klage ebenfalls erreichen, dass BASF als Rechtsnachfolger von Ciba und Geigy seiner Verantwortung gerecht wird und ihren Teil der Keßlergrube nachhaltig saniert. Sonst müssen am Ende wir, die Gemeinde, oder die Allgemeinheit die monetären und ökologischen Folgen tragen. Ich freue mich daher sehr, dass mit Zulassung der Revision durch das Bundesverwaltungsgericht ein Zwischenerfolg erreicht wurde und die aufgeworfenen Fragen in Leipzig nun einer neuen Prüfung unterzogen werden.“

BUND will keinesfalls klein beigeben

Irene Blaha vom BUND Grenzach-Wyhlen verweist auf die Generationengerechtigkeit: „Aktuell wird in der Diskussion zum Klimawandel über diesen Aspekt neu diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass BASF keine nachhaltige Lösung anstrebt, sondern – vom Land genehmigt – über Teile der hochtoxischen Schadstoffe einfach einen Deckel stülpt, der nach unten offen ist. Damit wird die Beseitigung der Schadstoffe den nachfolgenden Generationen überlassen.“

Neusüß: „Notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht“

Auch Rechtsanwalt Peter Neusüß, der das Verfahren bei der Kanzlei Sparwasser & Schmidt betreut, ist überzeugt: „Mit der Zulassung der Revision zeigt das Bundesverwaltungsgericht, dass dieses Verfahren über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat. Damit bietet sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz auch für den Bodenschutz und die Altlastensanierung die Chance, dass abermals ein oberstes Gericht dem in der Verfassung verankerten Nachhaltigkeitsgrundsatz die erforderliche rechtliche Schärfe verleiht und der Lastenverschiebung auf künftige Generationen Einhalt gebietet. Gelingt das in Leipzig nicht, müssen wir auch noch das Bundesverfassungsgericht bemühen.“

Rückblende

Das Gerichtsverfahren – nunmehr über drei Instanzen – war in Gang gesetzt worden, weil BASF die potenziellen Schadstoffe in ihrem Teil der Grube belassen und mit einer Einkapselung dauerhaft sichern will. Als das Landratsamt Lörrach dafür grünes Licht gab und auch andere zuständige Stellen die von BASF gewählte Sanierungsvariante als nachhaltig und genehmigungsfähig einstuften, regte sich Widerstand von vielen Seiten – darunter Kommunen in Deutschland und der Schweiz sowie verschiedene Verbände und Organisationen –, der in Klagen mündete.

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