Grenzach-Wyhlen Mehr als nur ein Ort zum Speisen

Die Oberbadische

Vortrag: Kurt Paulus referiert über das einst an Gaststätten und Herbergen reiche Wyhlen

Einst gab es eine beachtliche Zahl Gasthäuser und Herbergen in Wyhlen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Aber das „Wirtshaussterben“ ist nicht nur in Wyhlen festzustellen. „Un doch ruckt alles wyters, alles chunnt un goht“, hatte Kurt Paulus, Initiator des Zeitzeugenprojektes, daher die Worte Johann Peter Hebels seinem Vortrag über alte Wirtshäuser und Herbergen in Wyhlen vorangestellt.

Von Manfred Herbertz

Grenzach-Wyhlen. Am Dienstagnachmittag im katholischen Gemeindehaus zeichnete er beim Bunten Nachmittag für Senioren die Historie der Wyhlener Wirtshäuser nach und ließ damit ein Stück Ortsgeschichte lebendig werden. Paulus hatte seinen Vortrag dem kürzlich verstorbenen Ehrenbürger Dr. Erhard Richter gewidmet, auf dessen Forschungen und Veröffentlichungen er bei seinen Recherchen zurückgegriffen hatte. Auch Ewald Kaiser habe Informationen beigesteuert, fügte Paulus an, der Richter als seinen Mentor, als einen „Mann, der alles wusste“ bezeichnet.

„Mit den Gasthäusern verschwinden Orte, die für das Zusammenleben in den Gemeinden sehr wichtig waren und sind“, sagte der Referent. Jüngstes Beispiel seien die beiden „Löwen“ in Grenzach und Wyhlen, die es nun nicht mehr gebe. „Man steht in vielen Gemeinden vor verschlossenen Türen, wenn man ein Lokal sucht, weil niemand mehr bereit ist, die Wirtschaften weiterzuführen.“ Das sei bedauerlich.

Paulus hob hervor, die erste urkundliche Erwähnung einer Wirtschaft datiere auf das Jahr 1427, damals sei von einem „Hans Böiti von der herberg ze Wilen“ die Rede gewesen. Es sei zu vermuten, dass dies zu dieser Zeit die einzige Wirtschaft im Dorf gewesen sei. Aber bereits ab 1504 ist von einer „obern Herberge“, vermutlich dem „Ochsen“, die Rede, der wohl eines der ältesten Gasthäuser im Ort ist.

Der Referent gab obendrein einen Einblick über das Treiben und Leben in den damaligen Wirtshäusern, die neben der Bewirtung mit Speisen und Beherbergung auch eine soziale Funktion hatten. Bei seinem Streifzug durch die Jahre und den Ort Wyhlen rief Paulus längst Vergangenes ins Gedächtnis. So gab es am Dorfplatz und der Klosterstraße gleich drei Gasthäuser in unmittelbarer Nachbarschaft: „Löwen“, „Engel“ und „Rössle“. Nur das Letzgenannte existiert bis heute. Paulus berichtete ferner von sogenannten „Stuben“ im 16. Jahrhundert und von „Maienwirtschaften“, die um 1700 entstanden.

Es gab in Wyhlen einst einen „Adler“, auf dem Rührberg eine „Sonne“, alles längst vergangene Namen, wie aus jüngerer Zeit der „Bären“ in der Gartenstraße oder das Café Schmidt. „Kraftwerk“, „Auerhahn“ und das „Bahnhöfli“ – um 1880 als repräsentatives „Bahnhofshotel Bilmaier“ gegründet – und der 1902 eröffnete „Rührberger Hof“ existieren noch heute.

Steht das „Haus Böller“ auf dem „Krone“-Keller?

Paulus ist übrigens überzeugt davon, den Standort der 1732 gegründeten „Krone“ ausgemacht zu haben: das alte Anwesen in der Rheinstraße 15 („Haus Böller“), das im Zusammenhang mit der „Neuen Mitte Wyhlen“ in den Blick der Öffentlichkeit geraten ist (wir berichteten). Dieser alte Hof sei sehr wahrscheinlich das historische Gasthaus. Zusammen mit Ewald Kaiser hegt Paulus, wie einst schon Erhard Richter, den Verdacht: Mit Blick auf die gewaltigen Ausmaße des Kellergewölbes, welches mit 80 Quadratmetern Fläche und einer Tiefe von 3,80 Meter für ein normales Haus aus jener Zeit ungewöhnlich sei. Es könne es sich nur um die einstige „Krone“ handeln. Das Haus, erst 1871 anstelle eines dort abgebrannten Gebäudes erbaut und heute von Bernd Huxol mit viel Liebe hergerichtet, sei es daher wert, erhalten zu bleiben. Mit dieser Einstellung sind Paulus und Kaiser bekanntlich nicht alleine (wir berichteten). „Es wäre ein Schmuckstück für die Neue Mitte“, schloss Paulus seinen Vortrag.

Bevor der Referent ans Rednerpult getreten war, gab es noch einen Überraschungsbesuch: Die Sternsinger waren gekommen. Es war der Abschluss der Aktion, die in diesem Jahr einen Rekorderlös von über 16 000 Euro erbrachte, wie Betreuerin Andrea Fluck sagte.

Wer mehr über die Geschichte von Grenzach-Wyhlen wissen möchte, wird in dem 1999 von Dr. Erhard Richter herausgegebenen Buch „Beiträge zur Geschichte von Grenzach-Wyhlen und Umgebung“ fündig.

ISBN 3-932738-14-4.

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