Grenzach-Wyhlen Miteinander und gegenseitig frotzeln

Maja Tolsdorf
Jeder Gemeindeteil hat seine Besonderheit: In Grenzach ist es das Aussichtsplateau auf dem Hornfelsen, mit Blick über den Rhein bis nach Basel, der während der Sommerferien häufig Besucher anlockt. Foto: Heinz Vollmar

Das 50-jährige Bestehen will Grenzach-Wyhlen im kommenden Jahr mit einigen Veranstaltungen feiern. Wir haben nachgeschaut, wie der Zusammenschluss Bürger und Gremien einst beschäftigt hat und was davon heute geblieben ist.

Nur noch wenige Tage vergehen, bis die heutige Doppelgemeinde ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Denn seit dem 1. Januar 1975 ist es offiziell, dass Grenzach und Wyhlen zusammen gehören und der gemeinsame Gemeindename mit Bindestrich geschrieben wird. Dieses soll im kommenden Jahr mit einem umfangreichen Programmangebot gefeiert werden, zusammen mit dem Jubiläum „750 Jahre Grenzach“.

Keine Harmonie

Die erste urkundliche Erwähnung von Grenzach vor 700 Jahren ist im Jahr 1975 nach dem Zusammenschluss der Gemeinden Grenzach und Wyhlen gefeiert worden, wie am 2. Januar 1975 in unserer Zeitung zu lesen war. Ebenso ist in dieser Ausgabe nachzulesen, dass der Zusammenschluss damals nicht nur harmonisch verlief.

So seien bei den Verhandlungen auch böse Worte gefallen, wurde gekämpft und geflucht. „Die Gemeinderäte rauften sich die Haare – sofern vorhanden“, ist da zu lesen. Das Interesse der Bewohner am Zusammenschluss hat sich aber in Grenzen gehalten. Bei einer Bürgeranhörung im Januar 1974 hatten 23,2 Prozent in Grenzach und 36,3 Prozent in Wyhlen abgestimmt. Die Grenzacher hatten dem Zusammenschluss zugestimmt, die Wyhlener waren dagegen.

Wyhlen hat dafür den südlichsten Punkt Baden-Württembergs an seinem Rheinufer. Foto: Heinz Vollmar

Fasnacht voller Spitzen

Zum Jahreswechsel 1974/1975 hatte der Zusammenschluss die beiden Gemeinden laut unserem Zeitungsarchiv zwar schon nicht mehr beschäftigt, dafür war er aber ein Thema des „gemeinsamen wiewohl getrennten Auftakts der Fasnacht“ an einem Montagabend des Jahres 1974. Das Motto in Wyhlen lautete „Ob de wit oder nit, jetzt isch’s sowit“ und in Grenzach „s’Gscheitscht wär, s’geb nüt Dumms.“ Dass die Doppelgemeinde gemeinsam eine getrennte Fasnacht feiert, ist bis heute so geblieben. Ebenso fliegen jedes Jahr närrische Spitzen von Wyhlen nach Grenzach und umgekehrt, die seit jeher die Kindheit in der Doppelgemeinde begleitet haben.

Zusammenschluss unter Bürgern

Folgende Zeilen bleiben wohl für immer: „Mir lade alli Narre vo Wyhle herzlich i, mir setzte si in Karre und versenke si im Rhy.“ Dieser Vers würde natürlich auch umgekehrt funktionieren. Damals wie heute gibt es den Zusammenschluss auch unter den Bürgern. Im Jahr 1975 haben Ehemänner ihre Frauen nach Wyhlen geholt, in Grenzach gearbeitet und in Wyhlen gewohnt. Oder sie haben Land in Grenzach gekauft und „bekamen so das Donnerloch fest in die Hand und versprachen: ’Nun dürfen auch die Grenzacher Kinder wieder am Donnerloch spielen’“, heißt es im Bericht. Ende der 80er Jahre und sicherlich immer wieder haben sich diese Szenen wiederholt: Ein Grenzacher zieht bei Wyhlenern ein und rechtfertigt dies mit Hilfe eines Buttons, den einst die Grenzacher Hexen ausgegeben haben: „Mi Fründ isch Wyhlemer.“

Die Frotzeleien zwischen Grenzachern und Wyhlenern sind bis heute Teil des Alltags in der Doppelgemeinde. Doch schon 1975 wurde auf Festen und Veranstaltungen über den „Walter-Bertsch-Gedächtnis-Schuppen“ oder „Könslers Markthalle“ gewitzelt, in Anspielung auf den Rücktritt des Grenzacher Bürgermeisters Walter Bertsch.

Gleichberechtigte Partner

Er war ein Gegner des Zusammenschlusses gewesen, habe in seinem Amt als Bürgermeister aber dennoch daran mitgearbeitet. Die Wyhlener Hochrheinhalle ist damals als „Grenzacher Oberrheinhalle“ eingeweiht worden.

Den Zusammenschluss der Gemeinden Wyhlen und Grenzach hatten die Gemeinderäte schon am 22. Januar 1974, wegen des Anhörungsergebnisses beschlossen: Freiwillig wolle man zusammengehen, als gleichberechtigte Partner. Fest stand zu diesem Zeitpunkte der Doppelname Grenzach-Wyhlen. Für Wyhlen war damit die wichtige Zusammenschlussforderung erfüllt: Der Name Wyhlen und die 1200-jährige Geschichte wurden nicht ausgelöscht. Ein Ausschuss aus Vertretern der Gemeinderatsgremien mit den beiden Bürgermeistern handelte die Bedingungen des Zusammenschlusses aus. Am 20. Juni 1974 stimmte man dem Vertrag in getrennten Gemeinderatssitzungen zu. Die Bürgermeister Walter Bertsch und Hans-Joachim Könsler unterzeichneten den Vertrag. Könsler wurde 1975 der erste Bürgermeister der Doppelgemeinde.

Humor: Bär frisst Traube

Aus Grenzacher Kreisen soll laut des Berichts vom 2. Januar 1975 übrigens der Vorschlag für das neue Gemeindewappen stammen: „Wyhlener Bär frisst Grenzacher Traube.“ Hinter diesem Humor soll sich die Angst der beiden Partner verbergen, dass einer mehr haben könnte als der andere.

  • Bewertung
    8

Beilagen

Umfrage

CDU-Klausur der EVP

Die Mitte-Parteien warnen vor Wahlerfolgen der AfD. Kürzlich  hatte Friedrich Merz (CDU) gesagt: „Einmal 33 reicht für Deutschland“, in Anspielung auf die Bundestagswahl  2033 und die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading