Grenzach-Wyhlen Power-to-Gas-Anlage soll bald mehr als nur ein „Leuchtturm“ sein

Tim Nagengast

„Sommertour“: Umweltministerin Thekla Walker besucht die Wasserstofferzeugungsanlage in Wyhlen.

Grenzach-Wyhlen - Das H2-Reallabor mit der Wasserstofferzeugungsanlage (P2G) von Energiedienst (ED) als Herzstück soll raus aus dem Versuchsstadium und als Beispiel für optimale Sektorenkopplung einen aktiven Beitrag zur Energiewende leisten. Thekla Walker, Landesministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (Grüne), sicherte bei ihrem gestrigen Besuch in Wyhlen zu, unter anderem die Frage der Wasserstoffverwendung vor Ort mit nach Stuttgart zu nehmen.

Die Umweltministerin und ihr Tross hatten es vergleichsweise einfach: Tür auf und rein. Denn seit der Havarie vom 24. Juni – damals trat Kalilauge aus, was einen Großeinsatz der Feuerwehr nach sich zog und einen sechsstelligen Schaden verursachte – steht die Anlage, aus der ED mithilfe seines nebenan erzeugten Stromes normalerweise Wasserstoff gewinnt, nämlich still. Neben einem Konstrukt aus miteinander verflanschten Metallrohren, Ventilen und Reglern deuteten beim Besuch der Politikerin aus Stuttgart nur ein paar Fundament-Würfel am Boden auf die „Stacks“ hin, die sonst auf ihnen ruhen. Jeder „Stack“ hat 112 Zellen, in denen durch Elektrolyse Wasserstoff entsteht. Sofern sie da sind.

Traum vom Brennstoffzellen-Bus

„Die liegen gerade in Italien beim Hersteller“, sagte ED-Kommunikationschef Alexander Lennemann am Rande. Wann die „Stacks“ zurückkommen? „Die Ursachensuche läuft noch. Und dann müssen die Stacks ja auch noch repariert werden“, schob Lennemann nach.

Also kein Wasserstoff aus Wyhlen derzeit. Das soll sich aber, so schnell es geht, wieder ändern. Bekanntlich plant ED die Erweiterung der mit Millionenzuschüssen geförderten Anlage, um am Ende auf eine Leistung von sieben Megawatt zu kommen (derzeit ein Megawatt).

Reihaneh Zohourian, Projektleiterin der EnBW, zufolge, mahlen die Mühlen jedoch langsam. Der Start des Probebetriebs der geplanten größeren P2G-Anlage in Wyhlen werde für das Jahr 2025 angepeilt. „Das Genehmigungsverfahren ist der kritische Pfad“, erläuterte Zohourian. Hinzu komme, dass die kommerzielle Nachfrage nach Wasserstoff noch zu gering – und damit der zu erzielende Preis zu niedrig – sei, um die P2G-Anlage wirtschaftlich betreiben zu können.

Ministerin Thekla Walker rief in diesem Kontext dazu auf, „mit sehr viel mehr Ehrgeiz“ an das Thema Erneuerbare Energien heranzugehen. „Denn wenn wir aus der Atomkraft aussteigen, müssen wir auch irgendwo einsteigen“, sagte sie. Gerade für den Lastwagen- und Schwerverkehr werde Wasserstoff „der Antriebsstoff der Zukunft“, erwartet die Grünen-Politikerin.

Walker: „Verfahren müssen kürzer werden“

Um die gesteckten Klimaschutzziele zu erreichen, müssten entsprechende emissionsschutzrechtliche Verfahren vereinfacht und verkürzt werden, forderte Walker. Dies könne man beispielsweise durch die Schaffung bundeseinheitlicher Standards und Regelungen erreichen. „Wir können auch nicht mehr eine ganze Dekade lang mit Leuchtturmprojekten arbeiten“, rief die Ministerin dazu auf, aus den gewonnenen Erkenntnissen „zu lernen“ und sie anzuwenden.

Der Standort Wyhlen sei ein ideales Beispiel dafür, „wie hier ein eigener Kreislauf hergestellt worden ist“. Der aus der Kraft des Rheins gewonnene grüne Strom wird direkt vor Ort zur Erzeugung von Wasserstoff verwendet. Und diesen sollte man auch gleich hier verbrauchen, regte Bürgermeister Tobias Benz im direkten Gespräch mit der Ministerin an. Ihm schwebe ein testweiser Einsatz von Brennstoffzellen-Kleinbussen innerhalb der Doppelgemeinde vor. „Diese Kleinbusse gibt es auch, aber sie haben leider keine Zulassung für Europa“, klagte Benz. Toll fände er es, wenn Grenzach-Wyhlen mithilfe einer Ausnahmeerlaubnis zumindest einen solchen Bus bekommen könnte, ergänzte er. Die Umweltministerin sicherte Benz zu, diesen Punkt dem Verkehrsminister vorzutragen, „denn so etwas könnte tatsächlich hier in diese Geschichte gut reinpassen“.

Für Jörg Reichert, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Energiedienst Holding AG, war der Besuch der Umweltministerin ein „Zeichen der Wertschätzung für einen tollen Standort, der Historie und Zukunft vereint“. Das H 2-Reallabor beziehungsweise die Power-to-Gas-Anlage genieße zwar große Rückendeckung in Politik und Bevölkerung, doch gebe es eben auch Kritik daran. Kritik, die auszuräumen viel Zeit und Aufwand koste, sagte Reichert, ohne den Namen der „Bürgerinitiative Wasserkraftwerk am Altrhein“ auszusprechen. Bürgermeister Benz verwies in diesem Zuge nicht nur auf Verfahrenskosten, sondern auch auf weitere Zeitverzögerungen. Ein Störfall wie vor wenigen Wochen „ist dann natürlich Wasser auf die Mühlen“, urteilte dazu auch die Ministerin, ehe man nach der Führung zum informellen Teil überging.

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