Grenzach-Wyhlen Oft fehlt es schon am Einfachsten

Tim Nagengast
Die coronabedingte Zwangspause beim klassischen Schulunterricht hat in vielen Bereichen die Defizite bei der Digitalisierung der Schulen schonungslos offengelegt. Denn wie soll man beispielsweise auf der Lernplattform „Moodle“ (Foto) arbeiten, wenn kein kapazitätsstarker Breitbandanschluss oder gar kein Computer verfügbar ist? Foto: Tim Nagengast

Digitalisierung: Schulen machen sich mit Unterstützung von Bund, Land und Kommune auf den Weg

Grenzach-Wyhlen - Der Bedarf an digitaler Ausstattung samt zugehöriger – beispielsweise baulicher und infrastruktureller – Anpassungen ist an allen Schulen in Grenzach-Wyhlen sehr hoch. Zwar sind die Bedürfnisse unterschiedlich ausgeprägt, was den Handlungsbedarf jedoch keineswegs schmälert, wie aus Vorträgen der vier Schulleiter im Gemeinderat hervorging. Die frohe Botschaft für sie: Land und Bund gewähren erhöhte Zuschüsse. Der Gemeinderat trug die vorgestellten Konzepte einmütig mit.

Die in Aussicht gestellten Gelder dürften jedoch nicht in eine Einbahnstraße münden, forderte Bürgermeister Tobias Benz. Er sieht Land und Bund nicht nur bei der Schaffung einer digitalen Erstausstattung für die Schulen in der Pflicht, sondern auch darüber hinaus: etwa bei Ersatzbeschaffungen, Aufrüstungen oder Wartungen.

Bedürfnisse der Schulen unterschiedlich ausgeprägt

Zuvor hatten die Schulleiter Sabine Braun (Bärenfelsschule), Christian Dierkes (Lindenschule), Christoph Bigler (Realschule) und Frank Schührer (Lise-Meitner-Gymnasium, LMG) den jeweiligen Medienentwicklungsplan ihrer Einrichtung vorgestellt. Die Vorträge kamen neben einer Sachstands- auch einer Bedarfsanalyse gleich – bei entsprechend individueller Ausprägung an jeder Schule.

Weg ist eingeschlagen, aber noch sehr weit

Ersichtlich wurde: Der Weg in Richtung Digitalisierung ist an allen Schulen in Grenzach-Wyhlen konsequent eingeschlagen worden, doch ist er noch weit, wie einige Beispiele aus den Vorträgen der Schulleiter ergaben. Stichwort: privates Engagement einzelner Lehrer, ohne das es einfach nicht geht. Egal, ob Smartphone, Laptop oder Tablet-PC: Allzu oft gehört das im Unterricht genutzte digitale Gerät privat der jeweiligen Lehrkraft. „Bei uns ist das in 90 Prozent der Fälle so“, bekräftigte Bärenfelsschulleiterin Sabine Braun. Denn ein mit Schülern erstelltes Video lässt sich eben schlecht mit einem betagten Overheadprojektor aufs nicht vorhandene Whiteboard beamen.

Corona führt Defizite schmerzlich vor Augen

Besonders und für viele Eltern, Schüler und Lehrer gleichermaßen schmerzlich sichtbar geworden sind – vor allem infrastrukturelle – Defizite während der coronabedingten Schließung der Schulen. Zwar wurden – teils unter enormem Zeitdruck – rasch Lernplattformen wie „Moodle“ aufgegleist. Aber was nützen diese, wenn die Bandbreite nicht ausreicht, wenn die Serverkapazitäten ungenügend sind, es nicht das passende Endgerät gibt oder schlicht – egal, ob bei Schülern, Lehrern oder Eltern – das nötige Wissen über den praktischen Umgang damit fehlt?

Breitband am Schulzentrum ist nur „fast schon da“

Wie viele Schüler wurden während der „Homeschooling“-Phase digital nur schwer oder sogar überhaupt nicht erreicht? Wie viele Lehrkräfte hatten ihre liebe Not mit dem Hochladen von Aufgaben auf die jeweilige Plattform oder versuchten sich vergeblich mit Klassen-Videokonferenzen?

Hotspot im Schweizer Handynetz aufgemacht

Der Traum von Tablet-Klassen, Beamern, Whiteboards, überall (funktionierendem!) W-LAN oder – dafür die Grundvoraussetzung – vernünftiger Breitbandanbindung soll an den örtlichen Schulen jedenfalls sukzessive wahr werden. Und da muss bisweilen ganz unten an der Basis angefangen werden, wie ein eindrückliches Beispiel von LMG-Direktor Frank Schührer im Gemeinderat illustrierte. Schührer hatte zu Zeiten der Coronaschließung von seinem Schulleiterbüro aus an einer Videokonferenz teilnehmen wollen. „Dazu habe ich mich mit meinem eigenen Handy ins Schweizer Netz eingewählt und mir damit dann einen Hotspot aufgemacht“, sagte er lakonisch. Zwar sei schnelles Internet „fast schon da“, wie aus der gemeinsamen Präsentation von Realschule und LMG hervorging, aber eben nur fast. Und das bei mehr als 1000 Menschen, die im Schulzentrum lernen und arbeiten.

Gesamtbudget liegt bei knapp 642 000 Euro

Mit Geld von Bund und Land sollen derlei Probleme schrittweise der Vergangenheit angehören. Rund 585 Millionen Euro werden in Baden-Württemberg für die kommenden fünf Jahre bereitgestellt. Für Grenzach-Wyhlen stehen, wie Bürgermeister Benz vorrechnete, bis 2022 rund 534 700 Euro zur Verfügung. 20 Prozent muss die Kommune als Schulträger drauflegen, was zusätzlichen 106 940 Euro entspricht. Das Gesamtbudget liegt somit bei knapp 642 000 Euro. Weitere 168 500 Euro kann die Doppelgemeinde aus dem Digitalpakt der Landesregierung vom Vorjahr abrufen – ohne gemeindlichen Eigenanteil.

Ins Boot kommt obendrein der Bund. Er hat ein 65 Millionen Euro starkes Förderprogramm zur Anschaffung und zum Verleih digitaler Endgeräte aufgelegt. Das Land Baden-Württemberg hat diese Summe verdoppelt. Auf Grenzach-Wyhlen entfällt davon ein Anteil von 126 000 Euro. Davon sollen in Abstimmung mit den Schulleitungen mehrere Klassensätze iPads samt entsprechender Lade- und Administrationskoffer angeschafft werden.

Faktor Mensch spielt eine wichtige Rolle

Nicht zu vergessen bleibt bei aller digitalen Vorfreude jedoch der Faktor Mensch, wie aus einem Wortbeitrag von Gemeinderätin Carola Lambelet (FW) hervorging. Als Mutter zweier Oberstufenschüler habe sie während der Corona-„Homeschooling“- Phase zuhause miterleben dürfen, wie wichtig genau dieser Faktor Mensch sei. „Während es einerseits Lehrer gab, die über Moodle und mit Videokonferenzen sehr gut gearbeitet haben, haben andere Lehrer seit März nicht einmal E-Mails beantwortet“, berichtete Lambelet.

Diesen Ball griff Schührer auf und quittierte ihn mit: „Auch dafür brauchen wir Unterstützung, etwa vom Land, denn nicht jeder ist auch ein IT-Experte. Firmen haben da oft Unterstützung. Wir Schulen müssen da oftmals vieles selbst erledigen“, warb der LMG-Direktor um Verständnis dafür, dass nicht jede Lehrkraft gleichermaßen versiert im Umgang mit Digitaltechnik sei.

Digitale Ausbaustufen

Für alle vier Schulen in Grenzach-Wyhlen wurden im Gemeinderat jeweils drei digitale Ausbaustufen vorgestellt, wobei Realschule und Gymnasium natürlich zusammenspannen, weil sie sich Räume und Infrastruktur teilen. Im Zuge der kommenden Sanierung und Aufstockung des Schulzentrums sollen entsprechende Synergien genutzt werden, wie Benz ankündigte.

Weitere Informationen: Der offizielle Spatenstich zur Erweiterung des Schulzentrums findet am Donnerstagnachmittag kommender Woche statt.

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