Das sagt der Musicalleiter:
Musicalleiter Thomas Vogt ist völlig geschockt, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung einräumt. „Da steht plötzlich wegen eines einzelnen Mannes und dessen religiöser Ansichten die Arbeit eines ganzen Jahres auf der Kippe“, ringt er um Fassung. Er habe im Gespräch mit Elvis’ Vater zwar deeskalierend wirken können und wenigstens erreicht, dass dessen Sohn am Freitag, Samstag und Sonntag wie geplant seine Kardinal-Rolle spielen durfte. Aber natürlich ohne Kreuz um den Hals – und auch erst nach der Entfernung aller Fotos, die den „Kardinal Richelieu“ mit einem solchen zeigten.
Da der Vater des Jugendlichen angekündigt habe, die Einhaltung seiner Bedingungen vor der Vorstellung am Freitagabend zu kontrollieren (und auch tatsächlich kam), hängte das Musical-Team nicht nur alle Bilder mit Elvis B. samt Kreuz ab. Man ging sogar so weit, dass in sämtlichen noch verfügbaren Programmheften eine Doppelseite zusammengeklebt wurden, weil der junge Mann dort auf einem Foto mit dem christlichen Symbol zu sehen war. Erst dann habe der Vater seinem Sohn die weiteren Auftritte gestattet, berichtet Vogt.
In diesem Kontext ist es ihm wichtig, von einem „Kompromiss“ im positiven Sinne zu sprechen. Man dürfe nicht vergessen, dass die Aufführung des Musicals Teil des Schulprojektes „Musik für den Frieden“ gewesen sei. Vogt: „Die Situation ist sicherlich deshalb eskaliert, weil in der Vorbereitungszeit der emotionalen Bedeutung von religiösen Symbolen zu wenig Beachtung geschenkt worden ist. Die Konfrontation damit kam für uns unerwartet und war zu keiner Zeit von uns beabsichtigt. Erst in diesem Augenblick wurde uns klar, dass die betroffene Familie sich verletzt fühlte“, hält Vogt fest. „Dieser Eklat hat uns vor Augen geführt, dass wir selber durch unser Handeln zum Frieden beitragen können: Indem wir das Gespräch suchen und Kompromisse finden“, relativiert Vogt. Der Vorfall sei mit den beteiligten Schülern besprochen worden, „und wir waren alle zufrieden, dass wir eine positive Lösung gefunden haben“.
Das sagt der Bürgermeister:
„Das Verhalten dieses Mannes ist völlig inakzeptabel“, schnappt Bürgermeister Tobias Benz nach Luft. Er hatte sich am Donnerstag die Premiere der „3 Musketiere“ angesehen und später durch Erzählungen mitbekommen, was vorgefallen war. „Wir werden das seitens der Gemeinde so auf gar keinen Fall akzeptieren und adäquat darauf reagieren.“ Was in Wyhlen passiert sei, „darf man so einfach nicht stehen lassen; das tolerieren wir nicht“. Der Vorfall widerspreche fundamental den Werten des Grundgesetzes und trete die Grundlagen des Miteinanders in Deutschland mit Füßen. „Man muss diesem Mann klar sagen: So geht das in Deutschland nicht.“ Benz hat nach eigenem Bekunden die Polizei eingeschaltet, da er auch für die Abbauarbeiten am heutigen Montag ein Sicherheitsproblem befürchtet.
Besonders traurig findet der Bürgermeister den Aspekt, dass der „schockierende Vorfall“ bei einem Musical passiert sei, welches inhaltlich zu Toleranz, Frieden und religiösem Ausgleich aufrufe.
Das sagt der Schulleiter:
Dem stimmt auch LMG-Direktor Frank Schührer zu. „Auch wir als Schule müssen über den Vorfall sprechen. Wir können das so nicht stehen lassen“, bekräftigt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Immerhin sei das Musical „genau genommen eine Schulveranstaltung“. Und an solchen seien körperliche Züchtigungen oder Schläge allgemein „ein absolutes Tabu“. Elvis B., der gerade sein Abitur gemacht hat, sei ein in der Schulgemeinschaft sehr aktiver, engagierter Schüler. „Und dann passiert so etwas. Das lässt einen nicht los“, hält der LMG-Direktor fest.
Familie B. war gestern aufgrund vergeblicher Versuche, die Telefonnummer zu erhalten, nicht erreichbar.