Grenzach-Wyhlen Sensibilität und viel Klangfantasie

Die Oberbadische
Überzeugten beim Eröffnungskonzert des Markgräfler Musikherbsts mit differenziertem Quartettspiel: das namhafte österreichische Minetti Quartett. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Konzert: Auftakt beim Markgräfler Musikherbst mit dem Wiener Minetti Quartett

Von Jürgen Scharf

Grenzach-Wyhlen. Sie nennen sich nach einem Theaterstück von Thomas Bernhard, der den großen alten Charakterdarsteller Bernhard Minetti – unvergesslich in der Figur des „König Lear“ – granteln und räsonieren lässt. Das Wiener Minetti Quartett, das am Mittwoch die 20. Jubiläumsausgabe des Markgräfler Musikherbsts in der evangelischen Kirche in Grenzach-Wyhlen eröffnete, hat noch eine weitere Beziehung zu dem Schriftsteller Thomas Bernhard, denn dieser wohnte lange im Geburtsort der beiden Geigerinnen im Salzkammergut.

Und wer weiß, wie Minetti auf der Bühne war, der weiß auch, wie die Minettis spielen, die diesen großen Namen tragen: intensiv, mit starkem Engagement und großer Gestik, passend als Reverenz an den legendären Mimen des deutschen Theaters.

Man hört das schon bei Haydns sogenanntem „Reiterquartett“ aus der späten Werkgruppe 74 (1793). Hier werden von Maria Ehmer (erste Violine), Anna Knopp (zweite Violine), Milan Milojicic (Bratsche) und Leonhard Roczek (Cello) die Details in diesem Werk des Ausdrucksmusikers Haydn mit dynamischer Tonqualität, sehr deutlich, aber auch natürlich und ausbalanciert dargestellt.

Als ein Zeitgenosse von heute wartet man aber doch eher auf Schostakowitsch, dessen beunruhigtes siebtes Streichquartett, geschrieben zwischen dem Cellokonzert und dem berühmten und meistgespielten Achten, das unter dem Eindruck des zerstörten Dresden steht, nicht so bekannt ist und auch kürzer dauert.

Es ist, wie bei Schostakowitsch oft, eine sehr persönliche Musik, die mit Tod, Schmerz und Verlust zu tun hat. Und es wäre nicht diese österreichische Spitzenformation, wenn sie nicht hier eine große atmosphärische Dichte erreichte. Die Sätze werden konturenscharf angegangen, es wird transparent und rhythmisch exakt musiziert, eine Idealinterpretation zwischen Sensibilität (zweiter Satz) und viel Klangfantasie andererseits. Kurz: eine ebenso hochrangige wie intensive Wiedergabe; man könnte auch sagen: eine sehr erfüllte Interpretation, die hier in Grenzach zu Gehör kam.

Das weckte fraglos höchste Erwartungen auf den komplexen Brahms nach der Pause. Das Minetti Quartett nimmt sich des zweiten Streichquartetts mit hinreißender Musikalität an, vollkommen ausgeglichen in allen Stimmen, homogen im Zusammenspiel, wie es dieser Brahms bedarf. Man versteht, warum das Ensemble, das seit seinem Erscheinen als „musikalische Sensation“ gilt, im Top-Ranking der Quartettszene mitspielt, denn das Niveau unter den vier Streichern ist absolut gleichwertig, die Ensemblekultur wie die Klangbalance hervorragend.

Ob das nun der emotionale Schostakowitsch war, die straff gespielte Wiener Klassik, das romantische Zugaben-Bonbon Mendelssohn (Canzonetta) oder eben der klangsatte, leuchtende, sehr differenziert in den Streicherfarben ausgewogene Brahms – die Minettis legen schöne Interpretationen vor und überzeugen auf ganzer Linie in der Königsklasse, dem Streichquartett.

So konnte sich das einstellen, was sich zuvor der Veranstalter, Helmut Bauckner vom Heimatgeschichtsverein, der sich seit elf Jahren bei diesem Markgräfler Festival beteiligt, für das Eröffnungskonzert wünschte und vorstellte: reines Brahms-Glück.  Nächstes Konzert Markgräfler Musikherbst: heute, 20 Uhr, Altweiler Kirche, Minetti- und Mandelring-Quartett, Werke von Strauss, Brahms und Mendelssohn

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading