Grenzach-Wyhlen Spatzen pfeifen es von den Dächern

Jürgen Scharf
Die Klarinettistin Kymia Kermani, die Pianistin Alba Gentili Tedeschi und der Cellist Peter Krause haben im Grenzacher Haus der Begegnung ein anspruchsvolles Programm auch mit Neuer Musik gemeistert. Foto: Jürgen Scharf

Das Thema aus dieser komischen Oper „Der Corsar oder Die Liebe unter den Seeleuten“ von Joseph Weigl pfeifen die Spatzen bis heute von den Dächern. Nicht nur. Die Pianistin des Kermani-Gentili-Duos, Alba Gentili Tedeschi, singt in ihrer launigen Moderation beim Konzert des Vereins für Heimatgeschichte und der VHS am Sonntag im Haus der Begegnung in Grenzach dem Publikum diese Melodie vor, die Ludwig van Beethoven in seinem beliebten Gassenhauer-Trio im dritten Satz verarbeitet.

Von Jürgen Scharf

Grenzach-Wyhlen. Es ist aber auch ein witziges Thema, ein echter Ohrwurm und Gassenhauer. Beethovens Klaviertrio hört mit diesem Thema in abwechslungsreichen Variationen und im Wechselspiel von Klarinette, Cello und Klavier auf. Im Adagio übernimmt die vom Cello vorgetragene Melodie die Klarinette, ein gesangliches Thema, wo man auf den Gastcellisten Peter Krause hört, der dieses Thema ausdrucksstark einführt. Sein Cellosolo ist schön gelungen, sein Celloton kantabel, sonor und warm.

Auch die Pianistin fällt bei Beethoven durch geschmeidigen Anschlag, gute Artikulation, agilen Spieleinsatz und blitzblanke Läufe auf. Die Klarinettistin Kymia Kermani brilliert mit Spitzentönen, hat einen wendigen Ansatz, und es gelingen ihr brillante Laufpassagen. Im Finale geht es los wie eine „Mannheimer Rakete“, mit akzentuiertem, impetuosen Spiel in diesen humoristischen Opernlied-Variationen.

Zwischen Brahms und Schönberg

Diese musikalischen Mittel setzen die drei Kammermusiker in den anderen Werken ein, etwa dem frühen spätromantischen Klarinettentrio op.3 von Alexander von Zemlinsky, einem hochinteressanten, sehr dichten Trio zwischen Brahmsschem Tonfall und Schönbergscher Kammersymphonie. Hier zeigen das feste Duo und der Gast am Cello nicht nur handwerkliche Perfektion, sondern harmonisches Zusammenspiel. Auch die etwas resigniert klingende Musik des britischen Gegenwartskomponisten Mark-Anthony Turnage, „Cortege for Chris“, ein Trauerzug für einen verstorbenen Cellisten, wird in den fahlen Klängen und Flageolett-Tönen mit musikalischer Intelligenz umgesetzt.

Willi Vogls „Fantasia – Blicke der Kindheit“, ein Werk des Grenzacher Komponisten von 2019, mit dem das Programm beginnt, fordert sensiblen Klangsinn. Das Kermani-Gentili-Duo, die beiden Uraufführungs-Interpretinnen, denen das dreisätzige Werk gewidmet ist, zeichnen sich durch Klangsensibiliät und analytische Intelligenz aus.

Einstieg mit einem Werk von Willi Vogl

Die braucht man auch bei dieser sehr bildhaften Fantasie mit ihren narrativen Kindheitsimpressionen, die sich schon in den Satzbezeichnungen andeuten. Im „Schaukelpferd“ wird rhythmisch markant das Schaukeln in zwei wechselnden Harmonien dargestellt, wobei sich der Klang der Klarinette melodisch weit darüber spannt.

Im „Eisblumenbeet“ herrscht eine ungewöhnliche, sphärisch reizvolle Atmosphäre, im „Ameisenberg“ im Laufwerk des Klaviers emsige Betriebsamkeit und von unten her ein Krabbeln aus den Bässen.

Das Duo realisiert Vogls neoimpressionistische Tondichtungen in differenziertem Klang und ist der Charakteristik der Stücke dicht auf den Fersen.

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