Grenzach-Wyhlen Stillstand

Die Oberbadische

Gemeinderat kommt beim Sportstättenkonzept wieder nicht vom Fleck Kunstrasenplatz-Frage bleibt offen

Zwei Stunden lang bemühten sich Verwaltung und Gemeinderat am Dienstagabend, in der Frage um das Sportstättenkonzept und den damit verbundenen Kickplatzneubau weiterzukommen. Vergeblich. Nachdem die als erneute Vorberatung deklarierte Debatte ergebnislos beendet wurde, wird sich das Gemeindeparlament Ende November erneut damit befassen. Dann soll ein definitiver Beschluss gefasst werden. Nur – welcher?

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Die Ratsdiskussion um den Bau eines neuen, zentralen Sportplatzes dürfte in mehrfacher Sicht rekordverdächtig sein: einerseits von der Dauer, andererseits von der Anzahl der Fragen von Ratsseite her. Allein der Fragenkatalog, mit dem Annette Grether (Grüne) Verwaltung und Planer überschüttete, hatte es von Menge und Umfang her in sich.

Dabei bot das, was im Ratsrund präsentiert wurde, wenig Neues: Wieder einmal stellte Planer Kurt Sänger seine Variante eines Kunstrasenplatzes, und wie man einen solchen im Grienboden bauen würde, vor. Auch die dazugehörige Präsentation hatten die Ratsmitglieder in großen Teilen in den vergangenen drei Jahren nicht nur einmal gesehen.

Zuschussbescheid liegt bereits vor

Wie so oft warb Bürgermeister Tobias Benz („nur drei Sätze zum Einstieg“) intensiv für das von Verwaltungsseite favorisierte Modell, den Fußball im Grienboden zu konzentrieren und dort den „eingesäten Acker“ neben dem Rasenplatz durch ein hochwertiges und modernes Kunstrasenfeld zu ersetzen. Der Zuschussbescheid des Landes über 120 000 Euro liege bereits vor, stellte der Rathauschef klar.

Die Gesamtkosten bezifferte Sänger derweil – wie bereits in der Vergangenheit – auf 1,005 Millionen Euro für den Kunstrasenplatz. Daran werde sich wohl auch kaum etwas ändern, wenn man der neuen EU-Gesetzgebung genüge, stellte Sänger klar. Denn das von Brüssel für 2022 geplante Verbot von Kunststoffgranulaten für derartige Kickplätze hatte er in seinen Planungen bereits berücksichtigt und dafür als Alternative Sand und Korkgranulat vorgeschlagen. Entsprechendes Anschauungsmaterial ließ Sänger („Ich plane seit 40 Jahren Plätze und baue Kunstrasenplätze seit 16 Jahren“) im Gremium herumgehen.

Fußballer haben alle Bedingungen erfüllt

Man sei nun eigentlich startklar, warb Bürgermeister Benz. Die Fußballer der SG hätten alle Bedingungen erfüllt. Das Wyhlener Sportheim sei wunschgemäß verkauft worden. Ein Erbpachtvertrag für selbiges in Grenzach, das der Gemeinde gehört, bereits ausgehandelt. Dies gelte soweit auch für den nötigen Nutzungs- und Pflegevertrag für das Gelände im Grienboden. Die Kicker, von denen etliche im Publikum saßen, seien bereit, den Erlös aus dem Wyhlener Klubheim in Grenzach zu reinvestieren. Es gehe nun daran, den bereits in der Ära Jörg Lutz begonnenen Prozess der Konzentration des Fußballsports an einem Ort endlich zu Ende zu bringen.

Mit diesem Wunsch kam Benz im Gemeinderat allerdings nicht weit. Zwar wird der finale Beschluss erst in der Sitzung am 26. November fallen, doch sollten dafür am Dienstagabend die Weichen gestellt werden. Dies gelang jedoch nicht.

Etliche Ratsmitglieder quer durch alle Fraktionen meldeten sich zu Wort. Dabei wurden vor allem bezüglich des Kunstrasens Bedenken beziehungsweise Ablehnung laut. Mehrfach kam auch die Frage nach einem Winterrasen als Alternative auf. Manche Räte regten auch die Schaffung neuer Naturrasenplätze an – eventuell sogar deren drei statt zwei, was Planer Sänger allerdings strikt verneinte. Die Grienboden-Anlagen befänden sich komplett im Wasserschutzgebiet. Dort herrsche Bestandsschutz für zwei Plätze und ansonsten ein Bauverbot.

„Wir sollten das jetzt mitnehmen. Es wird nicht besser“, sagte Bürgermeister Tobias Benz mit Blick auf die schon einmal (im Frühjahr 2018) geschobene Zuschusssituation.

Doch egal, wie viele Fragen die Räte auch stellten und Kritik am Kunstrasen übten: Viel weiter kamen sie nicht. So wies Annette Grether beispielsweise noch darauf hin, dass sie gelesen habe, dass man auch Kunstrasenplätze bei großer Trockenheit wässern müsse, weil sich aufgrund des Sandes sonst darauf Feinstaub entwickle. Zudem vermisste sie Zahlen, wie teuer ein Winterrasen wäre, und beklagte in Richtung von Kurt Sänger „in den Raum geworfene Informationen“. Überhaupt müsse ein Kunstrasenplatz ja in zehn bis 15 Jahren ersetzt werden und sei dann eventuell sogar „Sondermüll“. Er könne nicht „einfach in den Gelben Sack gestopft werden“, wie Sänger dereinst zu ihr gesagt hatte. Grether: „Ich lasse mich in dem Bereich nicht mehr lächerlich machen. Für mich ist die Diskussion heute Abend nicht abgeschlossen. Wir könnten noch stundenlang Fragen stellen“, schob sie ungehalten nach.

Sänger aber ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Alle Stoffe, die wir verbauen, können einer geregelten Recyclingverwertung zugeführt werden“, stellte er klar. Bei einem jahrelang gedüngten Naturrasen könnte das hingegen „durchaus so eine Sache sein“.

Alex Drechsle (CDU) warf die Frage auf, ob man nicht mit drei Rasenplätzen – davon einer mit Winterrasen – besser fahre. Überhaupt schien ihm der Aspekt der Nachhaltigkeit bisher zu wenig gewürdigt, wie er sagte.

Dass der Gemeinderat noch immer massiven Klärungsbedarf sieht und in Teilen vom Bau eines Kunstrasenplatzes abzurücken scheint, sorgte an der Verwaltungsspitze für Missfallen. „Jedes Winzerdorf im Markgräflerland hat einen besseren Kickplatz als wir“, zischte Bürgermeister Benz. Er fragte sich, wohin die Debatte noch gehen solle, schließlich habe man den bereits im vergangenen Jahr zugesagten Zuschuss wegen vom Rat angemeldeten Klärungsbedarfs nicht in Anspruch genommen.

Grienboden-Plätze liegen im Wasserschutzgebiet

Dafür habe man dann die Planungen aufgeschoben, jetzt erneut einen Zuschussbescheid bekommen, den man nun wieder gefährde. Zwar werde der Zuschuss wohl auch für einen Winterrasenlatz gewährt, ein zweites Naturrasenfeld müsste die Kommune dann aber ohne Finanzhilfen errichten, mutmaßte der Rathauschef. Wobei dafür noch ein eigenes Genehmigungsverfahren hinzukomme, Stichwort: Wasserschutzgebiet. Zudem seien gleich zwei neue Plätze bisher nie ein Thema gewesen, allein schon aus Kostengründen, „Vor einem Jahr ging es auch ums Geld, und jetzt wird plötzlich darüber diskutiert, ob wir doppelt so viel ausgeben sollen“, schüttelte Benz den Kopf.

Die Reißleine zog nach 110-minütiger Diskussion Tilo Levante (FDP). Er beantragte erfolgreich das Ende der Debatte. Heinz Intveen (SPD), Gemeinderats-Senior mit Fußballerfahrung, schimpfte ob der ausufernden Diskussion: „Ich verstehe die Welt nicht mehr.“  Dabei leerte sich Intveen noch gehörig den Kropf. In von ihm so nicht gekannter Schärfe fragte er: „Wie lange wollen wir noch diskutieren? Wir müssen doch mal vorwärtsgehen. Ich halte das für eine Katastrophe, wie hier diskutiert wird!“

Bevor das Gremium weitertagte, lichteten sich die Ränge im Haus der Begegnung. Vor dem Haus der Begegnung wurde danach weiterdiskutiert. Wer dabei die SG-Funktionäre ansah, blickte in ratlose und enttäuschte Gesichter.

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