Grenzach-Wyhlen Wer baut, „darf“ sich anschließen

Tim Nagengast
Noch wird das Gebiet Kapellenbach-Ost in Wyhlen überwiegend landwirtschaftlich genutzt. In einige jahren sollen hier rund 1400 Neubürger wohnen – und ihre Häuser mit Nahwärme von Energiedienst versorgen. Foto: Archiv / Tim Nagengast

Kapellenbach-Ost: Energiedienst wird Neubaugebiet mit Nahwärme versorgen. SPD-Kritik verhallt.

Grenzach-Wyhlen - Die Firma Energiedienst (ED) kann im Zuge der Erschließung des Neubaugebietes wie geplant ein Nahwärmenetz errichten. Zwar soll es für Häuslebauer keinen direkten Anschlusszwang geben. Weil sich aber jeder Grundstückskäufer via Umlage an den Netzbau-Investitionskosten beteiligen muss, erhält er dafür ein „Anschlussrecht“ und wird das Nahwärmeangebot von ED dann wohl auch nutzen.

Kein geschlossenes Bild

Mit ihrem Vorstoß, die ED-Pläne vorab von einem neutralen Gutachter untersuchen zu lassen und dafür als Gemeinde Geld in die Hand zu nehmen (wir berichteten), sind die Sozialdemokraten somit gescheitert. Allerdings gab die Fraktion in dieser Sache bei der positiven Abstimmung im Gemeinderat ohnehin kein geschlossenes Bild ab: Lediglich Karin Lischer und Heinz Intveen stimmten gegen die Annahme des Energiekonzeptes für das Gebiet Kapellenbach-Ost.

Lischers Ehemann Hellmut sowie Heinz Intveen hatten vor wenigen Tagen auch in unserer Zeitung intensiv dafür geworben, die ED-Pläne inklusive Anschlusszwang nicht eins zu eins zu übernehmen, sondern vorab prüfen zu lassen – vergeblich. Beide fürchteten hohe (Folge)-Kosten für die Häuslebauer und stellten überdies die Klimaneutralität des Konzeptes infrage (wir berichteten). „Wir finden das Konzept sinnvoll und modern“, stellte Intveen im Gemeinderat klar, wiederholte jedoch seine „Bedenken im Hinblick auf die künftigen Nutzer“.

ED-Vertreter zeigen sich gerüstet

Der Energieversorger war nach entsprechender Medienberichterstattung offenbar auf alles gefasst. Die beiden ED-Vertreter Klaus Nerz und Stefan Schlachter zeigten sich am Ratstisch daher bestens präpariert und hatten eine Präsentation dabei, die direkt auf die von Heinz Intveen und Hellmut Lischer gegenüber der Presse gemachten Aussagen und Kritikpunkte am Konzept gemünzt war.

Zuvor stellte Nerz klar, dass auch ein Unternehmen wie ED „wirtschaftlich bestehen“ müsse und daher nicht auf gut Glück ein Nahwärmenetz – ED spricht von Investitionen im oberen siebenstelligen Bereich – bauen könne. Nicht, ohne vorab die Sicherheit zu haben, dass die zu versorgenden Häuser auch angeschlossen werden. Das Unternehmen müsse sich breiter aufstellen, da Wasserkraftwerke langsam unwirtschaftlich würden: Es gebe immer mehr Tage, an denen zu viel Strom anfalle, parallel dazu sänken die Preise, sagte Nerz. Also nutze man den ohnehin anfallenden Strom für weitere Aktivitäten, die Geld brächten: siehe „Power-to-Gas“-Anlage, siehe Nahwärmenetz.

Was die Kritik von Teilen der SPD-Fraktion betrifft, stellte Stefan Schlachter klar, dass die Abwärme von Wasserkraftwerk (25 Grad Celsius) und „Power-to-Gas“-Anlage (55 Grad Celsius) einfach vorhanden sei und genutzt werden könne. Um sie mittels modernster, hocheffizienter Großwärmepumpen auf die benötigte Temperatur von etwa 70 Grad zu bringen, werde Strom eingesetzt. Strom, den ED keineswegs dem Netz entnehme, sondern direkt von der Generatorklemme am eigenen Kraftwerk abzapfe. Insofern könne keineswegs von „Greenwashing“ die Rede sein, schließlich werde der Strom komplett CO 2-neutral aus Wasserkraft erzeugt. Zudem sei dafür von lediglich 0,25 Prozent der Jahresproduktion des Wyhlener Kraftwerks die Rede und nicht, wie von Lischer und Intveen behauptet, von „sehr viel Strom“. Laut Schlachter will ED den Bedarf des Nahwärmenetzes zu 83 Prozent durch die Abwärme decken, für den Rest soll Biomasse (etwa Holzpellets) zum Einsatz kommen.

Keiner „muss“ – theoretisch

Nerz und Schlachter betonten: Niemand werde „gezwungen“, sich an das Nahwärmenetz anzuschließen. Durch die Pflicht jedes Grundstückskäufers im Kapellenbach-Ost, sich über eine Umlage am Netzbau zu beteiligen, entstehe aber für diesen ein „langfristiges Anschlussrecht“. Gleichwohl bleibe jedem die Wahl der bevorzugten Energiequelle theoretisch selbst überlassen. Einen monatlichen Grundpreis müsse an ED auch nur bezahlen, wer dort auch Kunde sei.

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