Grenzach-Wyhlen Wyhlen verändert sein Gesicht

Die Oberbadische

Wandel: Nach dem „Ochsen“ rückt nun die Zukunft des Hauses Leisinger in den Fokus der Debatte

Besonders der Ortsteil Wyhlen hat in den vergangenen Jahren sein Gesicht rasant gewandelt. Dieser Wandel aber schmeckt nicht jedem. Viele Menschen fürchten mit dem Wegfall vertrauter Gebäude oder Ensembles einen weiteren Verlust von Identität und Heimat. Zuletzt hat die Debatte an Fahrt aufgenommen.

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Von außen schmuddelig und verwahrlost: Kaum jemand hat in den vergangenen Jahren vom Doppelhaus Lörracher Straße 12/14 in Wyhlen im positiven Sinne Notiz genommen. Ins Blickfeld rückte die Fassade des zurückversetzt an der Ortsdurchfahrt stehenden Anwesens allenfalls durch seine wechselnde, bisweilen sehr „exotische“ Beflaggung daran oder aufgrund der großen Holztafeln samt Botschaften mit biblischen oder politischen Bezügen. Für manchen Zietgenossen Lesestoff, um die Wartezeit im abendlichen Stau an der Rührbergkreuzung zu überbrücken.

Inzwischen aber stehen nicht nur der Brunnen und die große Brennholzbiege vor dem alten Haus, sondern auch zwei große Containerwannen. Großflächige Transparente verraten, dass ein Lörracher Immobilienbüro das Anwesen vermarktet: Doppelhaus, zwölf Zimmer, 260 Quadratmeter Wohnfläche, 1193 Quadratmeter Grundstück. Weitere Details und auch ein Preis werden bisher nicht genannt.

Nur der Brunnen steht unter Denkmalschutz

Das zum Verkauf stehende Anwesen selbst – früher war darin die Bäckerei Leisinger untergebracht – ist nicht denkmalgeschützt, wie Bürgermeister Tobias Benz im Technischen Ausschuss des Gemeinderates am Dienstagabend klarstellte. Ein solcher Schutz gelte ausschließlich für den davorstehenden historischen Brunnen. Auch liege das Haus nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.

Etwaige Pläne für einen Abriss samt Neubau oder ähnliches liegen der Gemeindeverwaltung bislang nicht vor, wie Benz auf Anfrage von Zuhörer Willi Halfter präzisierte. „Klar wäre es schön, wenn jemand das Haus kaufen und ansprechend sanieren würde. Wir fänden das natürlich toll, aber als Gemeinde haben wir eben nur wenig Einfluss darauf“, bat der Rathauschef um Verständnis dafür, dass Privateigentum ein hohes Gut sei. Die Gemeinde selbst könne das Anwesen auch „nicht einfach so kaufen“. Eine Erhaltungssatzung respektive einen Ensembleschutz, wie er beispielsweise für das geschlossene Ortsbild in Ötlingen gilt, werde man in Wyhlen nicht schaffen können, sagte Benz.

Früheres Haus Bürgin durch neues Wohnhaus ersetzt

Wo auch? Zu sehr hat sich das Ortsbild Wyhlens in den vergangenen Jahren gewandelt. Gerade im Bereich der Ortsdurchfahrt hat sich seit dem Wegfall des früheren „Kolonialwaren Bürgin“ vor knapp drei Jahren eine völlig neue Ansicht ergeben. Das historische Haus mit seiner ortsbildprägenden, auffälligen Form und Positionierung ist einem relativ austauschbaren Neubau gewichen.

Gespräche mit dem „Ochsen“-Bauherr

Direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite ist ebenfalls mit Veränderungen zu rechnen. Zwar nicht unmittelbar zur Straße hin, aber „nach hinten raus“. Wie unlängst berichtet, plant der neue Besitzer des früheren Gasthauses „Ochsen“ (das Haupthaus ist denkmalgeschützt) die Umwandlung des Ensembles in Wohnraum, wobei der frühere Kino/Tanzlokal-Anbau teilweise abgetragen und deutlich aufgestockt werden soll.

Wie Bürgermeister Benz im Technischen Ausschuss sagte, werde sich die Gemeindeverwaltung bereits in wenigen Tagen mit dem Investor und dessen Planer zu Gesprächen treffen. Dabei werde das „Stimmungsbild“ des Gremiums eine Rolle spielen, welches sich vor rund zwei Wochen für eine abgespecktere Variante mit niedrigerer Geschosszahl als vom Investor gewünscht ausgesprochen hatte. „Aber es bringt einfach nichts, wenn ich hier im Ausschuss Versprechungen mache, die ich dann nicht einhalten kann“, verwies Benz im Fall des „Ochsen“ auf den nicht vorhandenen Bebauungsplan und den Schutz des Eigentums. Und was das Haus Lörracher Straße 12/14 betrifft: „Das können wir als Gemeinde nicht einfach kaufen und sanieren.“ So schön viele Menschen das auch fänden.

Zumindest in den sozialen Netzwerken erregt der anstehende Verkauf des Hauses Leisinger Aufsehen. Angestoßen hat die Debatte Kurt Paulus, indem er auf Facebook dazu aufgerufen hatte, dieses Stück Alt-Wyhlen zu „retten“.

Böller-Hof kann offenbar erhalten bleiben

Ob eine ebensolche Debatte losbricht, wenn im Gemeinderat bald die Pläne für die Schaffung der Neuen Mitte Wyhlen vorgestellt werden? Wohl eher nicht. Wie hinter den Kulissen zu hören ist, ist der in diesem Kontext ursprünglich geplante Abbruch des alten Böller-Hofes inzwischen offenbar vom Tisch. Wie es heißt, soll das Anwesen stattdessen in den neuen Wyhlener Ortskern integriert werden.

Keinen Aufschrei geben dürfte es auch, wenn im Sommer die Bagger anrollen, um das Wyhlener Sparkassengebäude zu planieren. Der an gleicher Stelle geplante Neubau dürfte das neue Ortszentrum im Vergleich zum Bestand auf jeden Fall aufwerten.

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