Großevent in Weil am Rhein ESC-Sause statt Kieswerk-Open-Air

Beatrice Ehrlich
Zusätzlich zu einem speziellen Festival anlässlich des Eurovision Song Contests in Basel soll 2025 wieder das 3-Länder-Stadt Festival (Foto) stattfinden. Foto:  

Weil am Rhein verspricht sich, mit eigenen Veranstaltungen von der Austragung des ESC in Basel profitieren zu können. Zum Opfer fällt dem das Kieswerk-Open-Air.

Der Eurovision Song Contest (ESC) wird im kommenden Jahr in Basel ausgetragen. Möglich wurde dies durch Nemo aus Biel, der im Frühjahr den Sieg des internationalen Sängerwettstreits für die Schweiz errungen hatte. Basel hatte sich Ende August gegen die Mitbewerber Zürich und Genf durchgesetzt.

Wie Kulturamtsleiter Peter Spörrer im Kultur-, Sport- und Verwaltungsausschuss am Dienstag bekannt gab, will die Stadt Weil am Rhein als wichtiger Nachbar in der Dreilandregion dabei nicht außen vor bleiben.

Konzerte und Public Viewings

Die 3-Länder-Stadt wird sich mit einem eigenen „ESC-Festival“ mit vier Konzerten und Public Viewings an der Veranstaltung beteiligen. Stattfinden soll das Festival im Zeitraum zwischen dem 11. und 17. Mai, und zwar in einem Zelt, da man so unabhängig vom Wetter sei, so Spörrer. Auch trage dies zur Reduktion der Schallemissionen bei. Das obere Parkdeck im Rhein-Center sowie der Rheinpark in Friedlingen seien mögliche Austragungsorte. Geeignet sei außerdem der Rathausplatz. Die Pläne haben Auswirkungen auf den gewohnten Kulturkalender der Stadt: Um den zeitlichen Abstand zum ESC-Festival zu gewährleisten, und damit es nicht mit dem Stimmen-Festival in Lörrach kollidiert, wird das 3-Länder-Stadt-Festival – ehemals Bläserfestival – 2025 auf das Wochenende des 1. und 2. August gelegt. Das sonst um diese Zeit stattfindende Kieswerk-Open-Air fällt im kommenden Jahr aus.

„Das ist ein Jahrhundertereignis aus meiner Sicht“, erklärt Peter Spörrer im Nachgespräch, „Mir war klar, dass wir da unbedingt was machen sollten.“ Zwei Aspekte seien ihm besonders wichtig: Erstens, die Aufmerksamkeit auf Weil am Rhein zu ziehen, und zweitens, etwas Relevantes auf die Beine stellen für die Weiler.

Ziel sei, Weil im Zusammenhang mit dem ESC in Basel nicht nur als Übernachtungsort, sondern weit darüber hinaus in den Fokus zu rücken. Durch die erwarteten Besucher ergebe sich Potenzial für den lokalen Einzelhandel. Dieser müsse sehen, was er aus dieser Chance mache.

Hohe Präsenz in den Medien – weltweit

Spörrer verweist auch auf die mediale Reichweite der Großveranstaltung: So seien in diesem Jahr in Malmö über die reinen Übertragungen des Wettbewerbs im Fernsehen hinaus rund 1000 Medienschaffende vor Ort gewesen, die auch das Umfeld des ESC beleuchteten. Basel werde vom 11. bis zum 17. Mai mit einer Vielzahl von Veranstaltungen an vielen Orten aufwarten. Weil müsse sich da programmatisch absetzen. Wichtig sei außerdem, dass der Veranstaltungsort an der Tram 8 liege, um eine gute Erreichbarkeit sicherzustellen.

Mehrausgaben sind nicht vorgesehen

„Crossing borders“, das Überschreiten von Grenzen, ist das Motto des ESC in Basel. Spörrer hofft, dass es mit dem ESC-Festival gelingen wird, viele internationale Gäste nach Weil zu holen und ein attraktives Programm für die Stadtgesellschaft zu bieten. Er macht aber auch deutlich, dass personelle wie finanzielle Ressourcen des Kulturamts nicht ausreichen, um 2025 insgesamt drei Festivals zu organisieren.

Man habe also vor der Frage gestanden, das 3-Länder-Stadt Festival (3LSF) oder das Kieswerk-Open-Air pausieren zu lassen. Aus folgenden Gründen sei die Entscheidung für das 3LSF gefallen: Das 3LSF ist ein Festival für die gesamte Bevölkerung, der Eintritt ist frei, es ziehe mehr Menschen an als das Kieswerk-Open-Air. Durch den Beginn um 17 Uhr und die erschwinglichen Preise für Speisen und Getränke sei das 3LSF familienfreundlich, die Vereins-Meile sei eine wichtige Einnahmequelle für Vereine, die Belebung der Straßen rund um den Rathausplatz positiv für die dort ansässigen Gewerbebetriebe. Das Festival mache die 3-Länder-Stadt durch die Internationalität von Bands und Publikum positiv erlebbar.

Die Mittel, die für das Kieswerk-Open-Air vorgesehen waren, sollen nun für das ESC-Festival genutzt werden, sodass nach derzeitigem Stand dafür nicht mit Mehrausgaben gerechnet wird.

„Positiv fürs Marketing“

Als gute Möglichkeit für die Stadt Weil, sich marketingtechnisch einzubringen, betrachtet Gemeinderat Eugen Katzenstein (UFW) das geplante ESC-Festival. „Schließlich gehören wir zum Speckgürtel von Basel“, sagt er. Den ESC habe er sich zwar noch nie angeschaut, sieht aber dessen Bedeutung als Großevent.  Ein „Wermutstropfen“ sei der Wegfall des Kieswerk-Open- Airs, doch  er verstehe, dass alle Kapazitäten für das ESC-Festival gebraucht würden.  Katzenstein hat im Ausschuss angeregt, das Vorhaben in der kommenden Gemeinderatssitzung noch einmal ausführlich vorzustellen, ein Wunsch, dem Peter Spörrer nachkommen will. Irmgard Lorenz (Grüne) sieht es auf Nachfrage ähnlich: Sie denke, sich beim ESC mit dran zu hängen mache Sinn, sagt sie. Spörrers Argumente dafür, das Kieswerk-Open-Air ein Jahr lang pausieren zu lassen, scheinen ihr stichhaltig. Dabei sei sie selbst   großer Fan des Open- Air-Kinofestivals. Ihre Fraktionskollegin Ulrike Fröhlich will sich die Chance nicht entgehen lassen, der Welt zu zeigen, was für ein toller Ort Weil am Rhein ist. Leute kämen von überall her und nähmen ihre guten Eindrücke auch wieder dorthin mit. Sie hofft, dass 2026 die Besucher des Kieswerk- Open-Airs nach der „Pause“ wieder zurückkommen.

„Zwiespältige Gefühle“

Für ihn sei die Sache zweispältig, äußerte Gemeinderat René Winzer (CDU) im Nachgang zur Sitzung. Was den Ausfall des Kieswerk- Open-Airs   betrifft,  kann Winzer eine gewisse Enttäuschung nicht verbergen. Wie auch beim 3-Länder- Stadt-Festival ist Winzer bei dem Kino-Event im Dreiländergarten  jedes Jahr persönlich involviert. Er sehe aber auch den ESC als Chance für Weil. Letztlich sei es aber so: „Wenn beides finanziell nicht möglich ist, dann müssen wir das akzeptieren“. 

Nichts für Kinder

Der ESC habe nichts mit Kultur zu tun. Er erinnere sie an „spätrömische Dekadenz". Es dürfe keine finanzielle Unterstützung oder Bewerbung dieser Veranstaltung geben, denn diese sei absolut verstörend für Kinder und Jugendliche, wandte AfD-Stadträtin Edith Tucci ein.

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