Aus seiner Sicht gilt es, den Vorstoß aus Brüssel abzuwehren: „Wir befürchten, dass wir aufgrund einer EU-Initiative Zustände wie im Fliesenlegerhandwerk bekommen.“
Doch nicht alle Handwerker stimmen ihm zu. Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker (BUH) kämpft seit 20 Jahren für die Gewerbefreiheit im Handwerk. „Die duale Ausbildung fällt nicht mit dem Zwang zum Meister“ , sagt BUH-Vorstand Oliver Steinkamp. Die duale Ausbildung gebe es in Handel, Industrie, bei den freien Berufen, in der Verwaltung und in der Landwirtschaft – ohne Meisterzwang. „Warum sollte ausgerechnet das Handwerk aufhören, dual auszubilden, wenn meisterfreies Arbeiten erlaubt würde?“, fragt Steinkamp. Nicht nur im Fliesenlegerhandwerk gebe es rückläufige Ausbildungszahlen, sondern im Handwerk insgesamt.
Eine Statistik des Zentralverbands des deutschen Handwerks bestätigt das. Allerdings ist der Rückgang in den meisterfreien Berufen etwas stärker als in den meisterpflichtigen Berufen. Danach sank die Zahl der Ausbildungsverhältnisse im Handwerk mit Meisterpflicht von Ende 2003 bis Ende 2011 um 18,4 Prozent, in den meisterfreien Berufen um 21,4 Prozent.
Aus Sicht der Kritiker geht es bei der Verteidigung der Meisterpflicht nicht um Qualität im Handwerk, sondern um Marktabschottung. Ein Meisterbrief im Kfz-Bereich aus dem Jahr 1985 – als im Auto wesentlich weniger Elektronik war – garantiere nicht, dass jemand heute immer noch top sei, argumentiert Steinkamp. Es sei zudem eine Wettbewerbsverzerrung, wenn ein selbstständiger Handwerker aus einem EU-Mitgliedstaat, in dem es keine Meisterpflicht gibt, hier in Deutschland eine Niederlassung eröffnen kann, ein deutscher Handwerker ohne Meisterbrief jedoch nicht, wenn in seinem Bereich der Meisterzwang gilt.
Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid wirbt in Brüssel für das deutsche Meistersystem. „Die Beibehaltung der Meisterpflicht ist notwendig, um die Qualität unserer dualen Ausbildung und die Qualität von Handwerksleistungen zu gewährleisten“, sagt der Minister. Als Erfolg verbucht Schmid, dass die Kommission das deutsche duale Ausbildungssystem als vorbildlich für Europa anerkannt habe. Der Meisterbrief gehört für ihn „zwingend dazu“. Die Verfechter des Meisterbriefs hören das gern. Doch eine gewisse Skepsis bleibt. „Unsere größte Sorge ist, dass die Meisterpflicht in der Bauwirtschaft im Rahmen eines Kompensationsgeschäfts auf europäischer Ebene unter die Räder gerät“, sagt Diener. „Solche Kompensationsgeschäfte gibt es in der Politik häufig.“