Hausen Eine 200-jährige Erfolgsgeschichte

Ines Bode
Das Hebel-Denkmal in Hausen. Das Schaffen des Schriftstellers zieht nach wie vor Kreise. Foto: Ines Bode

Im Jahr 1824 sind Johann Peter Hebels „Biblische Geschichten“ erschienen, folglich jährt sich die Herausgabe in diesem Jahr zum 200. Mal. Die Popularität des eigentlichen Schulbuchs ist bis heute ungebrochen.

Erst vor vier Jahren kam eine neue italienische Ausgabe in Florenz von Johann Peter Hebels „Biblische Geschichten“ heraus. Insgesamt wurden seit 1824 über 40 Auflagen publiziert, die mehrere 10 000 Büchlein ergaben. Bis heute bemühen sich deutsche Verlage, ständig für Nachschub zu sorgen. Die „Biblischen Geschichten“ erschienen insbesondere in Übersetzungen und in Auszügen, weiß Hebelkenner Elmar Vogt im Gespräch mit unserer Zeitung zu berichten. In einem Aufsatz von 2020 widmete er sich dem „Versuch einer Zusammenstellung aller bisher erschienenen Ausgaben“.

Auftragsarbeit

Laut Vogt hat Hebel vor 200 Jahren in seiner Funktion als Kirchenrat den Auftrag erhalten, ein evangelisches Schulbuch für zehn bis 14-jährige Schüler in Baden zu verfassen. Dazu muss man wissen, dass das Lesen für Kinder nicht üblich war. Wer an Lesestoff interessiert war, las, was sich gerade im Haushalt fand. Die Auftragsarbeit der Landeskirche an Hebel verlangte nach einer Kinderbibel, die Episoden des Neuen und Alten Testaments enthalte. Die einstige Markgrafschaft bildete laut Vogt ein „konfessionell gemischtes Territorium“. Als kluger Schachzug des Schriftstellers erwies sich, dass er die „grausame Seite“ der Bibel für sein Werk weg ließ. Dies liege womöglich darin begründet, dass Hebel als 13-Jähriger Vollwaise wurde.

Andere Erzählweise

Hebel legte zudem Wert auf eine kindgerechte Aufmachung. Zu seiner etwas anderen Schreib-, respektive Erzählweise, befand Professor Otto Behaghel, dass Hebel sich liebevoll in das Denken der biblischen Gestalten versenke. Wo die Bibel nur andeute und Lücken lasse, da ergänze Hebel, male dichterisch aus. Der Schriftsteller selbst gab seinerzeit an, er habe sich bei „fast jeder Zeile“ in Erinnerung gerufen, wie sich „oberländische Kinder“ unterhalten. Und genau auf diesem Aspekt liegt wohl die seltene Beständigkeit des Werks – auch oder vor allem gerade auf dem internationalen Buchmarkt. Vogt sieht den Grund für die anhaltende Beliebtheit in der verständlichen Art, sich auszudrücken. Ein katholischer Geistlicher lobte schon 1825, dass die „angenehme und gemeinfassliche Schreibweise zur Belehrung trefflich geeignet sei“.

137 Jahre später, das Werk war 1961 in London erschienen, sagten englische Herausgeber Hebel eine Betrachtungsweise nach, die mit modernen Ideen bemerkenswert übereinstimme. Mehrfach erhielt der Schriftsteller – er wurde gar von Goethe und Hesse geschätzt – im Lauf der Zeit den Vorzug vor namhaften Literaten. Freilich gab es auch Gegner. 1855 wurde das Werk als Schulbuch zurückgezogen: Es sei nicht bibelnah genug.

Geistliches Schätzlein

Das Werk erschien letztlich fortlaufend über die beiden Jahrhunderte hinweg, vor allem in der Ära des Zweiten Weltkriegs. Kenner werten es als „geistliches Schatzkästlein“. Hebel selbst, so heißt es, „suchte im Mensch die reine ungekünstelte Natur“. Sein schlichter Wunsch 1824 lautete: Möge das Büchlein gefallen.

Die Bilanz der Verbreitung: In Dänemark kam das Werk 1826 heraus; in den Niederlanden 1847; in Spanien im Jahr 2000. In Italien erschien es 1828/29 und 1844 sowie 2020 zum dritten Mal, konkret in Florenz. In der Schweiz im Kanton Graubünden erschienen zwei rätoromanische Ausgaben, etwa 1857 in Engadin und Oberland. Beachtlich ist für den Hebelkenner und Literaturfreund Vogt, dass sich keine Ausgabe in der deutschsprachigen Schweiz finde. Vogt nimmt das als Anlass zu weiteren Studien.

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