Hausen im Wiesental „Ein Glücksfall für die Literatur und Hausen“

Jürgen Scharf

Hebelabend: Thomas Schmidt wurde im Rahmen einer Feierstunde mit der Johann-Peter-Hebel-Gedenkplakette ausgezeichnet

Hausen - Als einen „Glücksfall für die Literatur und Hausen“ bezeichnete Bettina Schulte den neuen Hebelplaketten-Träger Thomas Schmidt. Dieser zeigte sich am feiertäglichen Hebelabend „gerührt“. Für ihn bedeute diese Auszeichnung „die allerschönste Ehrung, die man sich denken kann.“

Es war eine verspätete Ehrung, denn aus Pandemiegründen musste der traditionelle Hebelabend vom Frühling, Johann Peter Hebels Geburtstag, auf den Herbst verlegt werden. In „normalen Jahren“ sei der Name des Preisträgers bis zu diesem Tag ein großes Geheimnis, so Bürgermeister Martin Bühler. Doch in diesem außergewöhnlichen und besonderen Jahr wusste man schon, wer die Gedenkplakette erhält.

Besonderer Hebelabend im Zeichen der Pandemie

Es war überhaupt ein besonderer Hebelabend, kürzer, mit weniger Mitwirkenden, aber genauso herzlich und würdig wie sonst im Mai, so Bühler, der zu der Verleihung am Samstag zahlreiche Ehrengäste begrüßen konnte. Eine seltene Freude war es für ihn, gleich zwei Landrätinnen, Marion Dammann (Kreis Lörrach) und Dorothea Störr-Ritter (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald), willkommen zu heißen. Dazu die Repräsentanten der Hebel-Vereinigungen, den neuen Präsidenten der Basler Hebelstiftung, Sebastian Mattmüller, die langjährige Stiftungspräsidentin und Hebelplakettenträgerin Liselotte Reber-Liebrich, den Präsidenten des Hebelbundes Lörrach, Volker Habermaier, sowie Jan Merk, den Präsidenten des Museumsverbandes Baden-Württemberg.

Thomas Schmidt war mit Partnerin und Mutter angereist. Im locker bestuhlten Saal der Festhalle in Hausen sah man bei dieser in kleinerem Rahmen als gewohnt und ohne den üblichen Stehempfang durchgeführten Veranstaltung weitere Hebelplakettenträger sowie Mitglieder der Hebelkommission. Und die „Alten Mannen“ und „Alten Frauen“, die Bühler ganz besonders in seine Begrüßung einschloss.

Durch das Programm führte sehr eloquent Wernfried Hübschmann, der aus dem Arbeitsjournal von Johann Peter Hebel den Satz „Das Leben ist eine Baustelle“ zitierte. Der Moderator und Autor erinnerte daran, dass man an diesem Tag nicht nur 30 Jahre deutsche Wiedervereinigung feiern würde, sondern es noch einiges anderes zu feiern gebe: Hegel, Beethoven und Hölderlin. Es sei immer Hölderlin-Jahr, so wie es auch immer Hebel-Jahr sei.

Hübschmann machte auch Werbung für die neue mehrbändige Hebeledition. Dann übergab er das „Wort“ dem musikalischen Ehrengast Florian Seiberlich, einem „verlorenen Sohn“ der Wiesentalgemeinde, der aber mit Hausen bestens vertraut sei, und hatte ein paar Vorschusslorbeeren für dessen neue CD parat. Seiberlich trug zur Gitarre einige vertonte Hebel-Gedichte, darunter auch übers Vreneli, vor. Er bezeichnete Hebel als einen „großen überzeugten Europäer“ und sang noch das Lied „Der Storch - nach dem Frieden“ und ein „Lied vom Kirschbaum“, ein musikalischer Gang durch die Jahreszeiten.

Die Veranstaltung wurde umrahmt von der Bläsergruppe der Hebelmusik, die passend zur Eröffnung eine Intrada spielte und später prächtige Festmusik von Georg Friedrich Händel.

Beeindruckenden Laudatio auf Thomas Schmid

Damit war der Boden bereitet für die Laudatio von Bettina Schulte. In ihrer beeindruckenden Rede über den einzigen literarischen Denkmalbeauftragten von Staats wegen in Deutschland hob sie dessen Umgestaltung des Hebelhauses vom Heimatmuseum zu einem Literaturmuseum als eine „Pioniertat im ländlichen Raum“ hervor.

Schulte bescheinigte Thomas Schmidt, dem Leiter der Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Baden-Württemberg, Überzeugungskraft, Durchhaltevermögen und Charisma. Schmidt habe die literarische Landschaft in Baden-Württemberg neu vermessen, Gedenkorte umgekrempelt und um neue Orte erweitert.

Als sein „Meisterstück“ bezeichnete sie die Neugestaltung des Hölderlinturms in Tübingen, hier könne man ein „kleines Wunder“ bestaunen. Aber auch wie Schmidt anfänglich das bäuerliche Juwel Hebelhaus umgestaltet habe, sei ein Glücksfall für zeitgemäße Literaturvermittlung.

Landesreisender in Sachen Literatur

In Hausen sei ein exemplarischer Gedenkort entstanden, mit einer als vorbildlich geltenden museumspädagogischen Ausrichtung. Schulte listete die beachtliche Reihe von Projekten Schmidts auf, wie Lernort, literarische Radwege, als deren Erfinder er gilt, und Herausgabe der großartigen Marbacher Spurenhefte. Mit „schwindelerregender Energie“ habe Schmidt als Landesreisender in Sachen Literatur der Literatur im Land ein Gesicht gegeben und den Ruf des Hebelhauses von der Wiese bis nach Moskau getragen, so die Laudatorin, die mit „wachsender Begeisterung“ das Engagement des aus der Porzellanstadt Meißen stammenden Thomas Schmidt auch journalistisch begleitet.

Bei der Überreichung der Urkunde, bei der auch die nötigen Abstandsregeln auf der Bühne eingehalten werden mussten, wünschte Bürgermeister Bühler dem frisch gekürten Plakettenträger viel Zeit für weitere Projekte und Freude mit Hebel ganz im Sinne des bekannten Kafka-Zitats: „Sehr gut wäre zeitweilig Hebel“.

In seiner Dankesrede zeigte sich Schmidt „gerührt“ über so viele freundliche Worte. Seinen Dank hatte er in sechs kleine Kapitel geteilt – so viele Räume wie das Hebelhaus hat. Schmidt fand es selber eine „mutige Entscheidung“, aus einem Heimat- ein Literaturmuseum zu machen, aber auch ein Wagnis. Hausen und das Hebelhaus seien ein „Laboratorium“ und das innovative Konzept ziehe bis heute immense Aufmerksamkeit auf sich und habe Maßstäbe gesetzt – auch bei anderen Museumsprojekten.

In Hausen lernte Schmidt seine Partnerin kennen und den Ort lieben und so ist das Hebelhaus für ihn ein wichtiger Bezugspunkt in seinem Leben.

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