Ja, die gibt es. Das weiß ich von meinen Eltern, die im Chor auch schon Hebel gesungen haben. Ich habe diesbezüglich recherchiert, allerdings nicht viel gefunden. Bei meinen musikalischen Interpretationen habe ich mich auf mein Gefühl verlassen.
Frage: Sie wollen Hebels Gedichte zum Klingen bringen. Welche haben Sie ausgewählt und nach welchen Kriterien?
Mir ging es darum, Lieder zu schreiben, die auch tatsächlich gesungen werden können. Deshalb habe ich schon allein von der Länge her eine Auswahl treffen müssen. Außerdem war das Versmaß entscheidend. Und ob es Gedichte sind, die mich ansprechen, bei denen mir eine Melodie quasi entgegen springt. Einige Gedichte habe ich gekürzt und verändert, damit sie als Lied funktionieren können.
Frage: Wie haben Sie sich musikalisch an Hebels Poesie angenähert?
Ich komme von der Gitarre und habe da schon zahlreiche Stationen hinter mir: von der Schopfheimer Schülerband „No name“ über verschiedene musikalische Projekte, welche sich immer mehr weg von der E-Gitarre und hin zur Akustikgitarre entwickelt haben. Am meisten geprägt hat mich hierbei sicherlich der amerikanische Songpoet James Taylor. Alle Lieder, die ich bisher geschrieben habe, auch vor der Hebel-CD, kommen über die Gitarre. Mitgewirkt hat zudem mein Freund und Kontra-Bassist Guido Jäger, der unter anderem mit Giora Feidmann spielt und der mich schon bei meiner Kinderlieder-CD „Traumvogel“ unterstützt hat. Er spielt eine wichtige musikalische Rolle und untermalt meine Arrangements grandios. Gitarre, Gesang und Bass sind das Rückgrat der Lieder. Ergänzt durch die Percussion von meinem peruanischen Freund Jorge Olivos-Blomberg mit Conga, Djembe und Cajon.
In dieser Besetzung können alle Instrumente atmen, sie zeigen Charakter und Körperlichkeit, so wie es die Hebel-Gedichte einfordern. Der Stil ergibt sich aus den Gedichten selbst, aus deren Inhalten. In Bezug auf „Musik“ Ich bin grundsätzlich sehr offen und höre mir eigentlich alles an, sofern es gut ist. Bei meinem Hebel-Projekt waren für mich alle Melodien und auch die Arrangements in den Gedichten ganz deutlich zu spüren. Eigentlich musste ich nur ganz genau „hinhören“.
Frage: Die CD-Vorstellung in der Heimat hätte jetzt Fahrt aufnehmen sollen. Welche Auswirkungen hat Corona auf Sie als Mensch und als Musiker?
Wir haben die CD noch vor Corona bei SWR 4 vorgestellt. Ein schöner, stimmungsvoller Abend mit vielen Zuhörern, die eigentlich gar keinen Bezug zu Hebel und zum Alemannischen haben, die aber ganz und gar ergriffen waren. Ich denke, die Botschaft ist angekommen. Ich hätte am 2. Mai beim Hebelabend gespielt, weitere Termine waren geplant. Das ist jetzt erstmal alles verschoben. Zum Glück lebe ich ja nicht von der Musik. Corona bedeutet für mich wie für viele andere Home Office. Die Musik und das Selberspielen ist da eine enorme Bereicherung, gerade in dieser Zeit. Angedacht ist, dass ich vielleicht im Herbst in Hausen auftreten kann. Denn Live-Konzerte sind eben doch immer ein ganz besonderes Erlebnis.
Frage: Welches ist Ihr Lieblingsgedicht von Hebel und warum?
Auf ihre Art und Weise finde ich alle schön. „Das Liedlein vom Kirschbaum“ ist einfach wunderbar: Wie Hebel einen hier durch das ganze Jahr führt, mit welcher Anschaulichkeit, dabei aber jenseits jeglicher Klischees, immer mit dem Bezug zum Thema Vergänglichkeit, aber ganz ohne Bedrohlichkeit. Ich finde es auch genial, wie Hebel in „Auf den Tod eines Zechers“ einen gutmütigen und respektvollen Blick auf diesen Trinker wirft. Da steckt ganz viel vom Hebel’schen Menschenbild drin. Das Gefühl, unglücklich verliebt zu sein wie in „Das Hexlein“ beschrieben, ist wunderbar getroffen. Ganz schön ist auch „Hans und Verene“, auf dessen Schilderungen die Hausener Tracht basiert. Hebel-Klassiker wie „Die Vergänglichkeit“ oder „Die Wiese“ sind von mir indes aufgrund ihrer Länge und ihrer Komplexität nicht vertonbar. Das sind ganz große Gedichte; da steckt alles drin, was der Mensch braucht. Hebel ist einfach große Poesie. Im SWR4 wird am Sonntag, 10. Mai, 21 Uhr, im Rahmen der Sendereihe „Mundart & Musik“ die Sendung zur CD-Vorstellung im SWR Studio vom Dezember 2019 ausgestrahlt.