Hausen im Wiesental Mehr Lebensqualität durch treue Gefährten

Markgräfler Tagblatt
Tierärztin Dagmar Engel aus Hausen (links) hat in Renate Feist, hier mit ihrem Mops Wesley, eine Mitstreiterin und Gönnerin gefunden, um „Seniorenpfoten“ ans Laufen zu bringen.                                                                                                                                                                                    Foto: Gerald Nill Foto: Markgräfler Tagblatt

Verein Seniorenpfoten: Gegen die Einsamkeit: Patenschaften zwischen Tieren und Senioren / Niemand soll alleine bleiben

Die besten Freunde haben oftmals vier Beine und eine Fellnase. Gerade ältere Menschen sind oftmals auf die Gesellschaft von Vierbeinern angewiesen, um der drohenden Einsamkeit zu entgehen. Viele alte Menschen scheuen aber, sich ein Tier zuzulegen aus Sorge, der Vierbeiner könnte bei Krankheit oder Tod unversorgt zurückbleiben. Aus dieser Erkenntnis heraus hat die Hausener Tierärztin Dagmar Engel jetzt den Verein Seniorenpfoten gegründet, um keinen Menschen alleine zu lassen.

Von Gerald Nill

Hausen. „Ich trage die Idee schon lange mit mir herum“, beginnt Dagmar Engel das Gespräch über das Projekt und den jetzt gegründeten Verein Seniorenpfoten. „Ich begleite Tiere oft zehn, fünfzehn Jahre und komme dabei auch den Menschen oft sehr nahe“, teilt die Hausener Tierärztin mit. Über den Draht zum Tier erfahre sie manchmal mehr über den Halter als Familienangehörige. „Was aber, wenn das Tier stirbt?“, fährt Engel fort. „Der Ehepartner vielleicht schon tot und die Kinder weit weg, Kontakte zu Freunden abgebrochen.“ Das könne zu einer tiefen Vereinsamung und schweren Krise führen, so ihre Beobachtung. Engel weiß alleine von zehn Fällen, wo ältere Menschen ein altes Tier haben und vor einem schweren Einschnitt stehen. „Irgendwann muss ich das Tier einschläfern, und ich weiß genau, dann ist bei den Leuten nichts Lebendiges mehr da.“

Viele alte Menschen entscheiden sich dann gegen eine Neuanschaffung aus starkem Verantwortungsgefühl, weil sie im Falle von Krankheit oder Tod eventuell nicht mehr für den vierbeinigen Schützling da sein können. Da setzt Seniorenpfoten an. „Das geht mir nahe, wenn die alten Menschen vereinsamt zu Hause sitzen“, gesteht Engel, die ihre langjährigen Kunden trotz knapper Zeit teilweise im Altenheim besucht.

Dort gab es ein Aha-Erlebnis, als ein alter Bewohner eines Seniorenheims anfing zu brabbeln, als er den Hund der Tierärztin streichelte. Der demente Bewohner hatte zuvor seit Monaten kein Wort mehr gesprochen, berichtete erstaunt die Altenpflegerin. Solche Erlebnisse bestätigen Dagmar Engel. Menschen öffnen sich durch Tierbegegnungen, sie kommen mit einem Hund auch nach draußen und leichter in Kontakt mit anderen Menschen.

Die Ärztin kann den alten Menschen die Sorge „was wäre, wenn...“ nehmen, weil sie einen Pool von jungen Leuten an der Hand hat, die bereit sind, im Falle eines Falles Gassi zu gehen, das Katzenklo zu säubern oder Futter einzukaufen. Das habe ganz nebenbei den erfreulichen Effekt, dass jung und alt wieder zusammen kommen. Alte Menschen könnten ihre teilweise spannenden Jugenderlebnisse weitergeben, so die Annahme. Außerdem hat Engel im schlimmsten Fall auch eine Katzenpension und eine Hundepension in der Region in petto, die bei der Initiative Seniorenpfoten mitspielen.

Zu den Vereinsmodalitäten zählt, dass neue Mitglieder willkommen sind, ein Mindestbeitrag wird nicht erhoben, aber Spenden sind willkommen.

Jetzt ist Dagmar Engel gespannt, wie die Sache anläuft. Es gebe ihres Wissens überhaupt keine vergleichbare Organisation, die Initiative „Omi-Hunde“ in Hamburg sei wieder eingeschlafen. „Hoffentlich überrollt mich die Sache nicht“, sagt sie halblaut und hat Respekt vor dem zu erwartenden Erfolg des Vereins.

Eine Gönnerin hat Dagmar Engel in Renate Feist, zudem gibt es ehrenamtliche Mitstreiter, so dass die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt wird. Das Wirkungsfeld ist zunächst begrenzt auf den Raum Lörrach, Wiesental, Rheinfelden und Weil.

Einen Pool an Tieren kann Engel aus dem Stand nicht anbieten, aber sie geht davon aus, dass die Tierheime jetzt, zum absehbaren Ende der Pandemie, mit einer Welle von zurückgegebenen Tieren überflutet werden, nachdem sich viele Menschen in Zeiten von Homeoffice und Urlaubsverboten selbst aus fernen Ländern einen Vierbeiner zugelegt hatten.

Zu befürchten sei, dass die Tiere zur Urlaubszeit nun im Weg seien und in Heimen landen. Wie gerne würde die Ärztin solche Hunde oder Katzen dann an interessierte Senioren vermitteln.

Und so läuft’s: Offiziell ist der Verein Seniorenpfoten der Eigentümer des an Senioren vermittelten Tieres, da manche Heime überhaupt keine Vierbeiner an alte Menschen abgeben. Es fährt auch immer ein Vereinsmitglied mit dem Interessenten zum Tierheim oder eine private Tierhilfe, um einen passenden Vierbeiner auszusuchen. In der Eingewöhnungsphase steht der Verein mit Rat und Tat zur Seite.

Der tatsächliche Halter zahlt im Monat zehn Euro an Seniorenpfoten, womit auch die Arztkosten abgedeckt sind.

Weitere Infos unter Tel. 0173 729 105 8 sowie online unter www.seniorenpfoten.org.

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