Hausen im Wiesental Schweizer boykottierten Hebelfest in der NS-Zeit

Markgräfler Tagblatt
Hansjörg Noe hat 2018 die Johann-Peter-Hebel-Gedenkplakette erhalten. Dafür hat er sich nun quasi revanchiert und ein Buch über die NS-Zeit im Hebeldorf geschrieben. Foto: Chris Schennen Foto: Markgräfler Tagblatt

Literatur: Hansjörg Noe stellte in Hausen sein neues Geschichtsbuch „Angepasst“ vor

Hausen (chs). Hansjörg Noe hat am Dienstag im Feuerwehrsaal sein Buch über die Zeit des Nationalsozialismus in Hausen vorgestellt. Dabei erklärte er ausführlich und mit zahlreichen Bildern wie sein Buch aufgebaut ist und gewährte Einblicke in die Inhalte der Kapitel.

Im Hebeldorf fand der Nationalsozialismus nicht so große Zustimmung wie etwa im Kleinen Wiesental (97 Prozent für die NSDAP bei der Reichstagswahl am 5. März 1933) oder in Steinen, dennoch erzielte die NSDAP hier höhere Prozentwerte als im Bundesdurchschnitt (bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 votierten 50,4 Prozent der Hausener Bürger für die Partei, bundesweit nur 43,9 Prozent). Die Hausener haben sich an die politischen Zustände „angepasst“, sagt Noe, der diese Zuschreibung auch als Titel für sein Buch gewählt hat.

Noe schildert im Prolog anhand der Familie des Ratsschreibers Friedrich Blum, wie die nationalsozialistische Diktatur Familien spaltete. Friedrich ist sozialdemokratisch geprägt, sein Sohn Fritz, dem der Vater seine Hofgüter übergeben hat, ist NSDAP-Ortsgruppenleiter. Es kommt zu einem Rechtsstreit zwischen Vater und Sohn, in dem sich auch Fritz’ Schwager Ernst Glatt einmischt. Glatt wirft Blum vor, die NSDAP-Ortsgruppe Hausen vernichten zu wollen.

Auch Friedrich Blums Tochter Frieda wird ein Opfer der Nazis. Sie ist störrisch und ein wenig geistig behindert und wird aufgrund ihrer Einschränkungen in der Landespflegeanstalt Grafeneck ermordet. Der Anstaltsleiter vertuscht das Verbrechen und schreibt dem Vater des Mädchens: „Bei der Art ihres unheilbaren Leidens ist der Tod nur als eine Erlösung für sie anzusehen.“

Noe beschreibt in seinem Buch, wie sich die neue Zeit auf die Vereine, Kirchen und Unternehmen auswirkte (die Hebelmusik wurde zur „Gemeindekapelle“), welche NS-Organisationen es gab, welche Feste gefeiert wurden, die es vorher nicht gab („Hitlerfeste“, „Tag der Machtübernahme“) und stellte ein Gefallenen-Buch vor mit 34 Einträgen von einem Obergefreiten namens Metzger, der das Schicksal gefallener Soldaten beschrieb.

Ganz wichtig in Hausen sind die Hebelfeste, an denen auch die Basler Hebelstiftung teilnimmt. 1934 filmte die Ufa das Hebelfest - sehr zum Missfallen der Schweizer. Die ausländischen Hebelfreunde wollten sich nicht vor den Karren der Nazis spannen lassen und erklärten 1935, dass sie nicht mehr am Hebelfest teilnehmen würden. „Und dann sind sie bis 1946 nicht mehr gekommen“, sagt Noe.

Noe schaute sich dann noch an, wieso die Bürger damals die NSDAP gewählt haben und warum sie heute die AfD wählen. „Es gibt hier Übereinstimmungen“, sagte Noe. Neben vielem anderen werden der Mangel an Anerkennung und der wirtschaftliche Niedergang als Gründe für die Wahl von Rechtsparteien angeführt. Parallelen zwischen AfD und NSDAP gebe es auch bei der Propaganda: Propagandaminister Joseph Goebbels rief „Nun Volk steh auf“, der AfD-Slogan lautet „Der Osten steht auf“.

Hansjörg Noe hat derzeit kein neues Buch in Planung. „Ich würde gerne eines machen, aber im Moment fragt mich keiner“, so der Regionalgeschichtler. Bürgermeister Bühler überreichte abschließend den ehrenamtlichen Archivaren des Gemeindearchivs Hausen, Wolfram Müller und Hans Stiegeler, sowie Liesa Trefzer, Dieter Brunner (Hebelmusik-Archivar) und Gerhard Brugger ein Exemplar des vorgestellten Buchs. Liesa Trefzer hat einen Koffer mit Aufzeichnungen und Bildern ihres Großvaters Friedrich Blum, dem Autor zur Auswertung überlassen. Bühler riet den Zuhörern, sich mit dem Thema zu beschäftigen und wiederholte den Wunsch Noes, der für alle Zeit gelten solle: „Nie wieder rechts.“

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