Hausen im Wiesental Wortgewaltige

Markgräfler Tagblatt

Ex-Statthalter erklären ihre Geschichte und die der Badischen Revolution

Gefüllt bis zum sprichwörtlichen letzten Platz war am Freitag die Wirtsstube des „Adler“ in Hausen. Eingeladen hatte das Altbadische Narrengericht der Narrenzunft Hausen unter der Regie von „Dorfrichter“ Michael Brugger und seinem Büttel Uwe Klement.

Von Gudrun Gehr

Hausen. Wortgewaltig betraten die Freischärler der Badischen Revolution mit Wolfgang Bühler alias Friedrich Hecker unter lautem Beifall die gemütliche Gaststube des „Adler“ mit dem Ruf: „Es lebe die Freiheit, nieder mit dem Fürstenpack“.

Rückschau

Das Altbadische Narrengericht hatte am Fasnachtsdienstag alle Aruba-Altstatthalter Schopfheims wegen „närrischer Spionage im Hebeldorf“ zu einem Hock im „Adler“ verdonnert. Hier sollte die Riege der Ex-Statthalter die Sache mit Hecker und der Revolution noch mal ganz genau erklären. Zum einen galt es, über die Statthalter von Schopfheim und deren Geschichte zu berichten, zum anderen sollte die Frage „Wer war Friedrich Hecker?“ beantwortet werden. Zum Einlösen ihrer „Sühne“ hatten sich die Ex-Statthalter Manfred Schnell, Wolfgang Lenz, Roland Schwald, Erich Lacher, Peter Bühler, Ralf Schulz und Wolfgang Bühler eingefunden.

Schopfheimer Statthalter

Die ehemaligen Statthalter von Schopfheim hatten sich bravourös vorbereitet. Die Referenten, Manfred Schnell und sein Amtskollege Wolfgang Lenz, präsentierten die lange Geschichte der Statthalter. Nach so viel Historie wurden von den Freischärlern und Gästen auch Revolutionslieder gesungen.

Natürlich konnten die Referenten diverse Frotzeleien an die Adresse der Huusemer Fasnächtler nicht unterlassen. „Das Bezirksamt war ab 1810 in Schopfheim ansässig. Es war zuständig für alle wichtigen umliegenden Gemeinden: Nordschwaben, Minseln, Eichsel, Adelhausen, Neuenweg, Bürchau und zeitweise auch Wehr.“ Und weiter: „Hausen hat sich nicht darunter befunden.“ Zudem gründete 1864 Georg Ühlin die erste Zeitung im Wiesental namens „Statthalter von Schopfheim“, zwischenzeitlich umbenannt in „Markgräfler Tagblatt“. Auch durch Ühlins Zeitung wurde Kultur nach Hausen getragen.

„Weil das Amt des Statthalters immer ziemlich närrisch war, entstand ab 1985 die Traditionsfigur des Statthalters.“

Außerdem: „Für jeden Statthalter bestand eine politische Immunität, die nur vom Landesfürsten aufgehoben werden konnte.“

Friedrich Hecker

Ex-Statthalter Wolfgang Bühler hatte sich auf die Biografie von Friedrich Hecker, der „Ikone der Deutschen Revolution“, spezialisiert. Der 1811 in Eichtersheim geborene Hecker, stand zunächst im Staatsdienst und war später Abgeordneter der Badischen Kammer. Er war als Angehöriger der liberalen Opposition populär. Nach dem Ausbruch der Februarrevolution 1848 bekannte er sich zur republikanischen Staatsform, soll auch am „Hambacher Fest“ teilgenommen haben und verlangte die Abschaffung der Monarchie. Im April 1848 marschierte Hecker mit 55 Freischärlern nach Karlsruhe, in der Hoffnung, dass sich weitere Bürger oder Soldaten dem Zug anschließen, um die „Fürsten-Tyrannei“ zu stürzen. Ziel des Zuges war die Schaffung der nationalen Einheit unter der schwarz-rot-goldenen Fahne. Auch gelangte der Zug am 18. April 1848 unter Umgehung von Hausen nach Schopfheim. In Schopfheim schlossen sich allerdings nur zwei Mann und ein Hund dem Tross an. Ein Hausener Zuhörer entgegnete schmunzelnd: „So kurz vor dem Hebelfest hat in Hausen keiner Zeit für so was gehabt“.

Das Gefecht

Weiter ging der Zug nach Kandern, wo es auf der Scheideck zu einem Gefecht kam. Der Kommandant der hessisch-badischen Truppe, von Gagern, verlor, ebenfalls wie einige Freischärler, hier das Leben. Hecker flüchtete anschließend in die Schweiz. Neben anderen Anführern des Aufstandes wie Herwegh, Struve und Weißhaar war Hecker der unbestrittene „Polit-Star“.

Die Emigration

Hecker emigrierte in die USA und wurde Farmer in Illinois. Im Sezessionskrieg kämpfte er für die Nordstaaten als Mitglied eines deutschen Freiwilligenkorps unter General Siegel - ehemaliger Kommandeur der badischen Revolution. Bis 1882 unterhielt Hecker einen lebhaften Briefwechsel mit Adolf Blankenhorn aus Schliengen. Hecker übersandte Blankenhorn, unter Umgehung der Gesetze Samen verschiedener reblaus-resistenten Rebsorten und wurde so mit Fug und Recht zum Retter des deutschen Weines. Er starb hoch geachtet 1881 in Illinois.

Bühlers Apell

Wolfgang Bühler appellierte eindrucksvoll an die Zuhörer: „Wir haben Freiheit, wir haben Demokratie, aber sie ist gefährdet. Seien wir wachsam und verteidigen unsere Demokratie.“ Und weiter die hypothetische Frage: „Wenn die Revolution von 1848 erfolgreich gewesen wäre, hätten die beiden Weltkriege entstehen können?“

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