Haushalt 2025 Grenzach-Wyhlen macht dickes Minus

Tim Nagengast
Die Gemeinde trifft an vielen Stellen der Kostenhammer. Foto: Tim Nagengast

Der Ergebnishaushalt der Doppelgemeinde wird kommendes Jahr wohl mit einem Defizit von rund 4,6 Millionen Euro abschließen. Das sorgt im Gemeinderat zwar für kritische Anmerkungen, doch schreckt das Gremium vor unpopulären Maßnahmen zurück.

Müsste, sollte, könnte: Der Konjunktiv zieht sich wie ein jedes Jahr dicker werdender roter Faden durch quasi sämtliche Reden und Stellungnahmen im Kontext der kommunalen Haushaltspolitik. Man müsste dringend das Freibad sanieren. Man müsste was tun, damit das Zehnthaus wieder genutzt werden kann, man müsste dieses und jenes Schulgebäude energetisch sanieren, man müsste dies, man müsste das.

Wenig Handlungsspielraum

Wer seit Jahren den alljährlichen Haushaltsreden von Verwaltung und Gemeinderatsfraktionen lauscht, findet diese Konjunktive überall. Daraus liest man eindrücklich, wie viel enger der Handlungsrahmen der Gemeinde Jahr für Jahr wird, wie viele eigentlich drängenden Maßnahmen inzwischen immer weiter auf die lange Bank geschoben werden – und was das für Folgen haben könnte beziehungsweise irgendwann haben wird.

Beispiel Freibad Grenzach: Bereits im Jahr 2016 war festgestellt worden, dass an jedem einzelnen Öffnungstag rund 130 Kubikmeter Wasser einfach verschwinden und nachgefüllt werden müssen. Die Becken stammen eben aus dem Jahr 1958, die Dehnfugen sind undicht, Wasser versickert im Boden. Hieß es vor Jahren im Gemeinderat noch, dass die Kommune rund 1,5 Millionen Euro für eine Sanierung des Freibads aufbringen müsste, hört man diese Zahl aktuell zwar immer noch – aber nicht mehr für das Bad insgesamt, sondern pro Schwimmbecken, deren es zwei gibt. Doch es passiert: nichts. Denn Grenzach-Wyhlen hat kein Geld für eine Badsanierung. Zwar wird Jahr für Jahr das Nötigste geflickt, doch der Kern des Problems wird damit nicht behoben.

Nur die Pflichtaufgaben

Dabei ist das Freibad nur ein Beispiel von mehreren dieser Art Probleme, die die Doppelgemeinde hat. Und ein Freibad zu unterhalten, ist nun einmal keine kommunale Pflichtaufgabe im Sinne der Daseinsvorsorge, sondern eine freiwillige Leistung – also Luxus. Zur Daseinsvorsorge gehören dagegen zum Beispiel Kindergärten und Schulen. Deshalb zieht die Gemeinde dort anstehende Maßnahmen vor. Salopp gesagt: Lieber dichte Schuldächer als dichte Freibadbecken.

Was den Gemeinden – beileibe nicht nur Grenzach-Wyhlen – auch zusehends „um die Ohren“ fliegt, sind die Personalkosten. Nicht nur, dass die Kommunalverwaltungen tendenziell immer größer werden, sondern auch aufgrund zuletzt hoher Tarifabschlüsse für die kommunalen Angestellten (derer es in Grenzach-Wyhlen rund 350 gibt). Alleine in der Doppelgemeinde sind die Personalkosten seit dem Jahr 2022 von etwa 13,4 Millionen auf rund 18,6 Millionen Euro gewachsen – ein Plus von rund 40 Prozent.

Wer den Haushalt für das kommende Jahr anschaut, sieht, dass deshalb im investiven Bereich nicht viel mehr geht, als Begonnenes fortzusetzen (zum Beispiel die Rathaussanierung in Wyhlen).

Unterfinanzierte Gemeinden

Entsprechend nüchtern und kurz wie selten fiel in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderats daher auch die Stellungnahme von Bürgermeister Tobias Benz aus. Das prognostizierte Defizit von 4,6 Millionen Euro sei beileibe „kein tolles Ergebnis“. Es gelte daher, die Pflicht- und die freiwilligen Aufgaben unter die Lupe zu nehmen, „und dabei auch Dinge, die man vielleicht als heiligen Gral betrachtet, auf den Prüfstand zu stellen“, sagte Benz. Die dramatischen Haushaltslagen allerorten zeigten doch ganz deutlich, dass Städte und Gemeinden unterfinanziert seien, zielte Benz in Richtung Stuttgart.

Im kommenden Jahr müssten Verwaltung und Gemeinderat mit Blick auf die aktuelle Haushaltsentwicklung „nicht kleckern, sondern klotzen“, wurde Kämmerin Selina Sasse deutlich. Blicke man auf die Rücklagen, sei klar, „dass es so nicht weitergehen kann“. Man müsse im kommenden Jahr, zum Beispiel in der Haushaltsstrukturkommission, gemeinsam Gespräche führen und wohl auch den einen oder anderen unpopulären Beschluss fassen.

Der Haushaltsplan wurde wie vorgelegt von der Ratsmehrheit abgesegnet – aber gegen die Stimmen der FDP.

Auszüge aus den Haushaltsreden der Fraktionen finden Sie untenstehend. Von der AfD hielt niemand eine Haushaltsrede.

Zitate aus den Haushaltsreden der Fraktionen

Peter Weber (FW):
„Wir müssen auch selbst aktiv werden und nach Lösungen suchen, die sofort greifen. Es ist gut, dass wir eine Haushaltsstrukturkommission haben, aber leider wurden und konnten bis dato nur Anpassungen der Gebühren und Abgaben vorgenommen werden. Wir müssen aber weiterdenken und dann handeln. Wäre es nicht sinnig und zielführend, neben dieser Kommission (...) zusätzlich noch ein Format für projektbezogenes Arbeiten einzuführen, zusammengesetzt aus einer Auswahl von Gemeinderäten, die für das jeweilige Projekt über eine berufliche Erfahrung verfügen, Fachbereichs- und Sachbereichsleiter? Es gilt die vorhandenen, teilweise veralteten (...) Strukturen zu überarbeiten, anzupassen und damit zielgerichtet zur Verbesserung des Haushalts beitragen.“

Annette Grether (Grüne):
„Der Ergebnishaushalt ist nicht ausgeglichen. Der Erhalt unserer Infrastruktur kostet uns viel Geld und belastet den Ergebnishaushalt im Jahr 2025 mit 2,9 Millionen Euro an Abschreibungen. Wenn wir diesen Erhalt aber nicht machen, dann belasten wir die kommenden Generationen mit den Reparaturkosten. Eine Belastung der Zukunft ist einfach notwendig und eine spätere Reparatur teurer, als eine früher getätigte. (...) Was geschieht mit den Millionen an Defizit? Wir nehmen sie aus den noch vorhandenen Rücklagen. (...) Der Finanzhaushalt ist im Minus. Mit über zwei Millionen zu Jahresanfang und soll (...) am Jahresende um rund 900 000 Euro besser dastehen. Die Zinsen (...) liegen bei über 600 000 Euro, verlorenes Geld, das uns an wichtigerer Stelle fehlt.“

Ulrike Ebi-Kuhn (CDU):
„Wir haben ein sehr arbeitsreiches Jahr hinter uns, und vieles konnte erledigt und verabschiedet werden. Breiten Raum nahmen dabei die beiden Neuen Mitten ein. In Grenzach (...) wurde der Bauzaun für die Rodungen errichtet. (...) Die drei Varianten der Platzgestaltung, das Herzstück der Neuen Mitte Wyhlen, sind nun für die Bürger einsehbar. (...) Die Konus-Karte (...) wurde eingeführt, zusammen mit der Übernachtungspauschale. Im Kapellenbach-Ost zeugen mehrere Baukräne für den Beginn der Bebauung. (...) Die Hebesätze wurden im November verabschiedet. (...) Die Einnahmen aus der Grundsteuer B sind für 2025 (...) noch ungewiss. Große Sorgen bereiten uns die Einnahmen aus der Gewerbesteuer im Verhältnis zu den stetig steigenden Personalausgaben.“

Katja Schäfer (SPD):
„Allerdings gibt es künftige Posten, die unserer Meinung nach überdacht werden müssen, wie zum Beispiel ein Konzept für eine Freibadsanierung und eine daraus folgende unbezahlbare Umgestaltung des Freibads. Wie sollen wir hierfür in den nächsten Jahren mehrere Millionen aufbringen – Förderung hin oder her? Auch der Emilienpark, so gern wir das Gebäude selbst in Gemeindehand weiterhin hätten, wir können die (...) Sanierungs- und Umbaumaßnahmen nicht zahlen. Ein teures neues Jugendhaus zu bauen, während noch nicht klar ist, was mit dem alten Gebäude passiert, muss (...) auf den Prüfstand gestellt werden. Kurzum: Wir müssen alle freiwilligen Leistungen und auch Pflichtaufgaben unter die Lupe nehmen sowie Prestigeprojekte auf Eis legen.“

Tilo Levante (FDP):
„Der vorliegende Haushalt ist handwerklich gut gemacht, so gut wie man ihn halt mit unvorteilhaften Zahlen machen kann. Der Haushaltsentwurf entspricht in keinster Weise unseren Ansprüchen. (...) Ein großes Engagement für den Haushalt 2025 sahen wir als hoffnungslos. (...) Wir diskutieren immer wieder über ein paar tausend Euro und lassen es zu, dass uns auf der anderen Seite, im Millionenbereich, in die Tasche gegriffen wird. Im Landkreis ist mittlerweile das moderne Raub-Rittertum ausgebrochen. Frei nach dem Motto: Wir können Haushalt nicht, also dann, erhöhen wir die Kreisumlage, sollen die Gemeinden bluten. (...) Da wir die Haushaltssperre bereits jetzt voraus sehen, stimmen wir dem Haushaltsbeschluss selbstverständlich nicht zu.“

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