Inzlingen Geschichte mit allen Sinnen am Originalschauplatz erleben

Manfred Herbertz

„Event-Dinner“: Katrin und Marco Baldrich spielen im Wasserschloss die Geschichte des Paul Niclaus Reich von Reichenstein nach.

Inzlingen - Am Ende stand er mit leeren Händen da, der ehrgeizige Paul Niclaus Reich von Reichenstein. Für die Akteure, die das Leben dieses Adligen am Mittwochabend im Wasserschloss nachspielten, gab es vom Publikum reichlich Applaus.

Die historisch belegte Geschichte hatte Marco Baldrich dazu angeregt, sie in Szenen am Originalschauplatz, an der sie ihren Ausgang nahm – nämlich im Wasserschloss –, im Rahmen eines „Event-Dinners“ in historischen Kostümen nachzuspielen. Die Idee, solch ein Stück in Angriff zu nehmen, sei ihm gekommen, nachdem er selbst an einem „Krimi-Dinner“ teilgenommen hatte, erzählte Baldrich. „Der Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen.“

Dass Krimi und Dinner zusammenpassen, ist bekannt. Dieser Abend bewies, dass so etwas auch mit historischen Ereignissen sehr gut funktionieren kann. Baldrich suchte Kontakt zu den Schlossherren, zu den Schlosswirten und nicht zuletzt zu jenem Mann, der die fast vergessene Geschichte wieder ins Bewusstsein gerückt hat: Stefan Suter, Advokat und Buchautor aus Riehen. Bei allen rannte Baldrich offene Türen ein. Das „Event-Dinner“ konnte angerichtet werden.

Zeug zum Bühnenstück

Die Episode, die sogar das Zeug zu einem Bühnenstück hat, wäre wohl für immer im Dunklen geblieben, hätte sie Suter nicht ausgegraben. Weil er sich intensiv mit der Herrschaft der Reich von Rechensteins befasst hat, ist er bei seinen Recherchen auf Paul Niclaus gestoßen und hat über ihn das Buch „Der Sturz des Diplomaten“ veröffentlicht (wir berichteten).

Wasserschloss als Sitz der österreichischen Botschaft für die Schweiz

Dass jene Adelsfamilie in Inzlingen über Jahrhunderte herrschte, ist hinlänglich bekannt. Das Wissen, dass das Wasserschloss einst sogar einmal Sitz der österreichischen Botschaft für die Schweiz war, ist selbst im Dorf offenbar nahezu in Vergessenheit geraten. Sogar Erich Hildebrand, Altbürgermeister und Vorsitzender des Schlossvereins sowie ausgewiesener Kenner der Geschichte des Wasserschlosses, bekannte freimütig, erst nach der Suter’schen Veröffentlichung davon erfahren zu haben.

Marco Baldrich fasste das Leben des Paul Niclaus in spielerischen Szenen zusammen. Dieser Paul Niclaus, 1674 geboren, ist ein Beispiel für den Aufstieg und tiefen Fall eines ehrgeizigen Adligen. Dieser machte für seine Zeit eine beeindruckende Karriere und stieg zu einem Diplomaten von Kaiser Karl VI. auf.

Am Originalschauplatz aufgeführt

Baldrich schlüpfte überzeugend in die Rolle des Adligen, seine Ehefrau Katrin nicht minder überzeugend in die Rolle der Gräfin. Stefan Suter nahm mit charmanten und kurzweiligen Erläuterungen das Publikum mit auf die Zeitreise hinein ins Leben von Paul Niclaus. Die Baldrichs ließen die Geschichte durch ihr dichtes Spiel fast real erscheinen. Der besondere Reiz, den das Stück ausübte, lag sicher zum einen an der Leistung der Akteure, zum anderen aber wohl daran, dass sie am Originalschauplatz aufgeführt wurde.

Was nun besser bekommen ist? Das vorzügliche Menü aus der Schlossküche, oder das Spiel um Paul Niclaus, das muss jeder für sich entscheiden. Als Sahnehäubchen wurde Gitarrenmusik aus jener Zeit von Manfred Kolb serviert. So erlebte das Publikum im Reichensteiner Saal Geschichte mit allen Sinnen.

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