Inzlingen Kurzweilig und fantasievoll

Die Oberbadische
Michael Gerhard Kaufmann überzeugte an der Dold-Orgel in Inzlingen. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Konzert: Michael Gerhard Kaufmann an der Dold-Orgel

Inzlingen (wv). „Orgelregister, in denen sich die Vielfalt Deutschlands spiegelt.“ Damit verwies Michael Gerhard Kaufmann bei seinen Kurzvortrag im Gemeindesaal der Katholischen Pfarrgemeinde Inzlingen auf den Wert des Orgelbaus und der Orgelliteratur hin. Auf sein Betreiben hin wurden der Orgelbau und die Orgelliteratur 2014 als nationales und 2017 bei der UNESCO als internationales immaterielles Kulturgut gelistet. Im Zusammenhang mit der Antragsstellung bei der UNESCO kümmert sich Kaufmann auch darum, dass im Haushalt der Bundesregierung konsequenterweise Mittel für die Sanierung der etwa 50000 Orgeln in Deutschland und für die Ausbildung von Orgelsachverständigen bereitgestellt werden.

Der Hochschullehrer, Musikwissenschaftler und Orgelsachverständige gastierte in der Kirche St. Peter und Paul nun auch als Konzertorganist. Mit seiner Feststellung „Wenn eine elektropneumatische Orgel gut abgestimmt ist, eignet sie sich nicht nur für den liturgischen Gebrauch“, bekräftigte er die Entscheidung der Pfarrgemeinde Inzlingen zur Restaurierung ihrer Kirchenorgel. Die 1957 von Willy Dold erbaute, und nach einer umfassenden Restaurierung seit zwei Jahren wieder umfänglich nutzbare Orgel erwies sich in der sonntäglichen Matinee auch als präzises Konzertinstrument mit außergewöhnlichen Klangfarben.

Zu Gehör kamen überwiegend Originalwerke aus dem 18. Jahrhundert und deren zeittypische Transkriptionen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Kaufmann setzte auf kurze, prägnante Werke mit der Möglichkeit zu kontrastreicher Registrierung. So erklangen mit einem Alla breve in D und der Air aus der Ouvertüre in D von Johann Sebastian Bach, dem Largo und Allegro maestoso aus dem Concerto in F op. 4, Nr. 5 von Georg Friedrich Händel und dem Recordare aus dem Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart vertraute wie sichere kompositorische Positionen. Nicht nur die Bearbeitungen, sondern vor allem die Originalwerke stellten eine erfrischende Abweichung von den ausgetretenen Repertoirepfaden des musikalischen Erbes dar.

Vom Musikdirektor der freien Reichsstadt Biberach, Justin Heinrich Knecht, gab es ein kurzweiliges Charakterstück, eine Kombination des chromatischen Tonsignets B-A-C-H und dessen diatonischer Fortsetzung zu genießen. Sixtus Bachmanns Fuga quarta in D zeigte sich als ein silbern glitzerndes Tondokument seiner Zeit. Isfridus Kaysers Parthia prima in D war vom Kontrast zwischen einem markanten und fantasievoll imitatorischen Allegro und einem tänzerischen Adagio bestimmt.

Kaufmanns Interpretationen sind historisch fundiert und bereiten darüber hinaus durch eigenwillige Abweichungen von vermeintlicher Werktreue besonderes Klangvergnügen. Kreativ geht er etwa beim Redeuntes eines unbekannten Komponisten aus dem Buchsheimer Orgelbuch mit einer Oktavierung von der Vorlage ab. Die Kombination sich reibender Register und die Hinzunahme des Tremulanten ergaben eine faszinierende Klangmischung zwischen Archaik und Moderne. Mit dem abschließenden Werk eines unbekannten Komponisten aus dem 18. Jahrhundert vermittelte Kaufmann nicht nur einen Einblick in die weltoffene Musizierpraxis eines Klosters. Mit Bombard, Rohrflautten und Postillion aus dem Ochsenhauser Orgelbuch und auch allen anderen höchst amüsant dargebrachten Programmpunkten erwies er sich als souveräner wie differenziert gestaltender Musiker.

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