Alles nur wegen der unsicheren Situation für Frachtschiffe im Roten Meer. Die Reederei wollte wohl nichts riskieren.
Oh je... Und wie ging es dann in Griechenland weiter?
Die Freigabe des Autos zwei Monate später beim Zoll in Piräus war formal recht kompliziert, aber am Ende erfolgreich. Wir sind mit dem Auto dann über den Balkan zurück nach Inzlingen gefahren. Zum Beispiel über Mostar in Bosnien-Herzegowina.
Die Stadt mit der berühmten, wiederaufgebauten osmanischen Brücke.
Genau. Das Stadtbild wird geprägt durch Moscheen und Kirchen. Wir fragen uns: Ist das der Ausdruck eines friedlichen Weges?
Hat Ihr Auto die Fahrt denn gut überstanden? Sie hatten auf der fünfmonatigen Hinfahrt nach Nepal ja nicht eine einzige Panne.
Korrekt. Jetzt während des Rückweges hat sich unser Auto kurz vor Mumbai zumindest eine massive Delle eingefangen, verursacht von einem indischen Bus. Aber der Schaden ist längst wieder behoben.
Und in Nepal selbst? Wo war Ihr Auto dort untergestellt?
Das Auto stand während eines Jahres warm und trocken bei unserem Freund Tendi in seiner Haus-Garage. Tendis Haus liegt steil an einem Hang über Kathmandu. Der Dunst über der Stadt ist nicht zu übersehen.
Die enorme Luftverschmutzung ist saisonabhängig und wird zu einem großen Teil verursacht durch die Abluft der vielen Ziegeleien. Der Feldweg zu Tendis Garage war wegen Straßenbauarbeiten aber nicht befahrbar.
Wie haben Sie das Auto dann von dort wieder weg bekommen?
Wir mussten Rampen bauen und mit halbplatten Reifen auf eine sehr steile Bergstrecke ausweichen, um das Auto in eine Werkstatt in Kathmandu-City zu bugsieren. Alles gut! Die Ersatzteile wurden perfekt eingebaut, und mit einer indischen, knallroten Batterie war das Auto wieder flott.
Mamma mia!
Sie sagen es! Das Autofahren in Nepal ist generell überhaupt echt herausfordernd.
Erzählen Sie!
Na ja, die Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem Highway nach Westen betrug in unserem Fall zum Beispiel etwa 30 Kilometer pro Stunde. Auf dem Highway! Viele Bauarbeiten, auch bedingt durch abgebrochene Straßenabschnitte, haben unser das Fortkommen erschwert. Außerdem führt der Highway durch Naturreservate.
Und da darf man nur langsam fahren?
Das müssen Sie! Da können plötzlich wilde Tiere wie Elefanten, Rotwild und Affen jederzeit auf der Straße auftauchen. Den wilden Tiger in freier Wildbahn und eine Elefantenfamilie im Tiefland von Nepal, während eines kleinen Ausflugs in das Reservat hinein, werden wir übrigens nie vergessen.
Wie war denn die Einreise nach Indien?
Ziemlich schikanös. Anders kann ich das nicht formulieren. Die Formalitäten an der Grenze in Sunouli waren chaotisch. Die indischen Grenzbeamten sind zudem sehr autoritär im Auftreten.
Was haben die denn von Ihnen gewollt?
Zum Beispiel, dass wir „genau richtig“ parken. Also exakt parallel zur Grenzmauer. Mehr als exakt parallel. Da wird dann nicht diskutiert. Den Befehlen der Grenzbeamten muss man folgen – Punkt! Aber als wir dann endlich in Indien drin waren, waren wir einfach nur noch überwältigt.
Dann schwärmen Sie mal los!
Ich sag’s Ihnen! Zum Beispiel der weltbekannte Taj Mahal in Agra. Der ist ein Höhepunkt auf jeder Rajasthan-Rundreise. Dieses Mausoleum scheint tatsächlich zu schweben. Agra zählte während seiner Blütezeit im 16. und 17. Jahrhundert als Hauptstadt des Mogulreiches zu den prächtigsten und mächtigsten Metropolen der Welt.
Oder der Goldene Tempel in Amritsar, ein Zentrum des Sikhismus, in der Nähe des indisch-pakistanischen Grenzüberganges. Der ist umgeben von einem See und von einer Palastanlage. Diese Anlage hat je ein Tor auf allen vier Seiten, was die Offenheit der Sikhs gegenüber allen Menschen und Religionen symbolisieren soll. Unwahrscheinlich toll!
Als wir dann in der Stadt Bikaner waren, haben wir außerdem eine sehr schöne Erfahrung gemacht.
Ich höre!
Dort haben wir einen sehr erfahrenen, ehemaligen Offizier der indischen Armee getroffen, der uns wichtige Informationen zu dem Norden Indiens und zu Klein-Tibet, Ladakh, gegeben hat. Er hat gesagt: „Ihr könnt da ohne weiteres hinfahren, die Straßen sind gut, und das indische Militär sorgt für die gute Befahrbarkeit.“ Bevor wir in Richtung Ladakh aufgebrochen sind, geschah für uns dann noch ein kleines Wunder.
Ein Wunder?
Ja, ein Wunder. Für uns war es jedenfalls eins, denn wir waren in McLeod Ganj, dem Sitz des Dalai Lama und der tibetischen Exilregierung. Wir durften dort den Dalai Lama persönlich sehen, während einer Audienz. Diesem von den Buddhisten und vielen anderen so verehrten Menschen selbst in die Augen zu schauen, war ein ganz besonderes und bewegendes Erlebnis.
Vor allem mit dem Wissen, dass, trotz der chinesischen Gewalt und Unterdrückung in Tibet, Gewaltlosigkeit immer ein wesentliches Merkmal des Wirkens des Dalai Lama war und ist.
Wie ging es weiter?
Dem Rat des erfahrenen Offiziers folgend, sind wir aufgebrochen in Richtung Norden, besuchten Srinagar (Jammu und Kashmir) mit seinen vielen Wasserläufen und Hausbooten. Und dann ging es richtig los in Richtung Leh, der Hauptstadt von Ladakh. Samuel, unser Sohn, war per Flieger angereist, um uns zu begleiten.
Die nächste Hürde war der Zoi La-Pass (etwa 3500 Meter). Die Straße wurde immer holperiger, die Schneeschmelze verursachte kräftige Wasserbäche, und die Straße wand sich entlang steilster Hänge und Abgründe. Wir hatten Zweifel, ob wir weiterfahren sollten, haben es aber gewagt.
Nach der Bewältigung des Zoi-La Passes erreichten wir Leh. Leh liegt nördlich des Indus an einem Berghang auf 3500 Metern über dem Meeresspiegel.
Bekommt man da als ungeübter Mitteleuropäer noch genügend Luft?
Man muss sich daran gewöhnen, aber an sich geht es. Wir mussten ja über einen noch höheren Pass fahren!
Und dann?
Dann kam der Khardung La. Der ist mit über 5000 Metern einer der höchsten, befahrbaren Gebirgspässe der Erde. Zuvor mussten wir uns aber eine offizielle Erlaubnis bei den Behörden in Leh einholen. Die Straße, mal geteert, mal holperig, windet sich entlang eines Steilhanges hinauf auf den Pass. Dort hatten wir den ersten Blick auf das wilde Karakorum-Gebirge, das höchste Gebirge der Erde. Wir sind dann eine Rundtour Richtung pakistanische Grenze gefahren und wieder zurück über den Khardung La. Da hatten wir dann alle echt Schweißperlen auf der Stirn.
Was war passiert?
Es hatte geschneit. Da bildeten sich kilometerlange Autoschlangen, und die meisten Autos hatten keine Winterreifen oder Schneeketten! Wir hatten übrigens auch keine Ketten! Mit einigen Anschubmanövern haben wir den Pass dann aber bewältigt und kamen wieder nach Leh. Dort allerdings sagte man uns, dass der Zoi La-Pass zurück nach Srinagar wegen schwerer Schneefälle geschlossen worden sei.
Also saßen Sie fest?
Erstmal ja, aber dann haben wir uns vorsorglich in einer Werkstatt in Leh Schneeketten basteln lassen. Nach ein paar Tagen entspannte sich die Situation dann wieder. Aber wir warteten vor dem Pass sechs Stunden lang wegen einer Lawine. Dann, nach der kurzzeitigen Öffnung des Passes, fuhren wir durch Matsch-, Geröll- und Schneepisten und an meterhohen Schneewänden vorbei und an riesigen Steilhängen entlang über den Pass nach Srinagar hinunter. Diese Strecke hätte die schweizerische Administration niemals freigegeben (lacht).
Das glaube ich Ihnen!
Ein paar Tage später lasen wir dann über den Absturz eines Kleinbusses am Zoi La-Pass. Da wird es einem anders. Nichtsdestotrotz haben wir unseren „Alhambra“ dann weiter bis nach Mumbai gefahren und verladen lassen können. Und den Rest der Geschichte kennen Sie.
Wie es um die Projekte des Vereins „Nepal-Inzlingen, Hilfe für Kinder“ derzeit bestellt ist, berichten wir noch.