Von Walter Bronner
Am 1. Mai 1895 nahm die Kandertalbahn offiziell den Personen- und Güterverkehr auf / Anekdoten und historische Dokumente
Von Walter Bronner
Kandertal. Gestern vor 120 Jahren verkehrte die Kandertalbahn erstmals offiziell auf der Schienenstrecke zwischen Haltingen und Kandern. Dieser Premiere des Personen- und Güterverkehrs per Eisenbahn im Kandertal war ein jahrzehntelanges Verfahren mit zunächst abgelehnten, dann halbherzig befürworteten und schließlich bewilligten Gesuchen der beteiligten Gemeinden vorausgegangen.
Und dann gab es noch ein sehr langwieriges Bewilligungs- und Genehmigungsverfahren mit komplizierten Behördenauflagen und noch komplizierteren Grundstücksverhandlungen. Die Erfolge und Misserfolge der letzteren sind heute noch erkennbar, nämlich da, wo die Trasse gerade oder kurvig verläuft. Böse Zungen behaupteten einst, dass die Schienenführung auf jeden Zwetschgenbaum Rücksicht nehmen musste. Und es gibt auch zahlreiche Anekdoten zum Verlauf verschiedener Bauetappen.
So ging etwa das Gerücht, dass der Wollbacher Bahnhof eigentlich weitab vom Dorf in der Talaue parallel zum Kanderufer vorgesehen war. Sieben Flaschen besten Moslers (ein spezieller Wollbacher Roséwein) des „Blumen“-Wirts sollen den leitenden Ingenieur dann doch noch zu einer Planänderung bewogen haben, die die Bahnstation in die Nähe des Gasthauses rückte.
Anekdoten dieser Art finden sich reichlich im großformatigen schmucken Kalender, den der verstorbene Weiler Büroausstattungs-Unternehmer und „Feierabend-Verleger“ Friedrich Resin sen. zum 100-jährigen Bestehen der Kandertalbahn anno 1995 herausgebracht hatte. Die Farbzeichnungen dazu schuf der Maler und Grafiker Nikolas Damian, der seinerzeit in Kandern lebte. Ein über 13 Kalenderblätter verteiltes alemannisches Gedicht von Hebelpreisträger Gerhard Jung, dokumentarische Texte aus der 1980 erschienenen faktenreichen Broschüre „Die Kandertalbahn“ von Rainer Gerber (früherer Leiter der SWEG-Betriebsstelle, Haltingen-Rebgarten) und Veröffentlichungen des „Schwarzwälder“, vor allem aber des „Oberländer Boten“ zum Stand der Bauarbeiten Ende des 19. Jahrhunderts ergänzen den inzwischen ebenfalls als historisches Dokument zu bewertenden Jahrweiser.
Unter den Verfassern der speziellen lokalen Chanderli-Kalendergeschichten finden sich die früheren Binzener und Rümminger Bürgermeister Fritz Schweigler und Walter Stöcklin, Hansjörg Hunkler (Bonn/Haltigen), der Lehrer und Heimatforscher Fritz Schülin, Kanderns unvergessener Brezele-Buebe-Begründer und langjähriger Oberzunftmeister Werner Meyer sowie der Wittlinger Bähnli-Fan Walter Hagin. Neben diesen genannten Dokumentationen gibt auch eine Festschrift zum 75-jährigen Chanderli-Bestehen (1970) und ein 1995 erschienenes umfangreiches Standardwerk über die Geschichte der Kandertalbahn und dessen zweite erweiterte Auflage 2012 von Michel Kopfmann umfassend Auskunft.