Kandern Aus Freude an der Vielfalt und Lebendigkeit der Sprache

Weiler Zeitung

Theater: 26. Spielzeit bei „ Theater im Hof“ in Riedlingen startet am Samstag / Erstmals mit Kunstausstellung von Max Sauk

Von Gabriele Hauger

Kandern-Riedlingen. „Wir arbeiten aus Freude an der Sprache“, sagt Dieter Bitterli, der mit seiner Frau Dorothea Koelbing die mittlerweile 26. Spielzeit von „Theater im Hof“ in Riedlingen organisiert. Die ambitionierte Kulturreihe im Innenhof des alten Anwesens mit seiner mächtigen Kastanie zieht alljährlich Freunde großer Theaterkunst an. Aus Liebe zur Vielfältigkeit, Genauigkeit, Lebendigkeit und zum Fantasiereichtum von Sprache will Bitterli, langjähriger Professor für Schauspiel in Berlin, seine Arbeit verstanden wissen.

Dass Sprache besonders derzeit „von vielen Seiten vergiftet wird“, bedauert er. „Wir wollen etwas anderes in die Welt setzen.“ Dies dürfte mit dem am Samstag startenden Programm gelingen.

Den Auftakt macht das auf vielfachen Zuschauerwunsch nochmals ins Programm aufgenommene Stück „Fleisch und Blut“. Urs Bihler, für Bitterli ein Mann der ganz großen Schauspielkunst, tritt mit seiner Tochter Jara auf. In dem Stück nach dem Roman von Susanna Schwager geht es um einen neuen Lebensweg, den die Tochter probt und um eine Lebensbilanz. (28. und 31. Juli, 20.30 Uhr).

„Von Bienen und Menschen“, dieses neuste Buch von Ulla Lachauer steht derzeit auf den Bestellerlisten. Auf ihrer Reise durch Europa hat sie 14 Imker porträtiert. Die Autorin, die schon mit drei Lesungen beim „Theater im Hof“ zu Gast war, hat laut Bitterli „einen wunderbaren Blick für Menschen“, was man ihren Schilderungen anmerke. Bienen als Seismograf für den Zustand unserer Welt – ein Thema, das auf größtes Interesse stößt und ein Abend, der auch Gelegenheit zum Gespräch mit der Autorin bietet (1.8., 20.30 Uhr).

Schauerballaden – vielleicht ein probates Mittel gegen die aktuelle Sommerhitze? In jedem Fall ein Genre, das auf deutschen Bühnen rar geworden ist. Dem setzen die Liederdichter und Sprachkomponisten Timo Brunke, der schon im „Theater im Hof“ überzeugte, und Sebastian Krämer ihr begeistert rezipiertes Programm „Zackebuh“ (4.8., 20.30 Uhr) entgegen. Bei den selbst geschriebenen, modernen Balladen geht es aber nicht um bedrohte Prinzessinnen oder knarzende Schlosstüren, sondern um aberwitzigen Alltagshorror: um das Grauen von IPods, Klassenzimmern oder Mietsgaragen. „Brunke und Krämer sind ganz nah am Puls der Zeit“, sagt Bitterli. „Sie haben klassische Wurzeln, sind schlau und witzig und kennen sich mit Poetik aus: Metren, Reime, Diktionen – all das haben sie als Instrumentarium parat. Der Performance-Poet Brunke ist Slam-Poet der ersten Stunde und hat sich zum Ziel gesetzt, Poesie und Sprache als Erlebnis für Augen und Ohren wiederzuerwecken. Sebastian Krämer ist Sänger und Dichter, regelmäßiger Gast im Fernsehen, Komponist und Schriftsteller.

Grenzen verwischen

Von einem Auftritt der Band Jütz in der Fahrnauer St. Agathenkirche, waren Bitterli und seine Frau so begeistert, dass sie sofort für einen Auftritt anfragten (10.8., 20.30 Uhr). Mit Stimme, Akkordeon, Hackbrett, Trompete, Flügelhorn und Geige werden die drei Musiker „die Berge mitbringen: „Alpine Bergtonriesen“ ist der Abend überschrieben. Das Schweizerisch-tirolerische Trio wahrt respektvoll die Traditionen, lässt Grenzen zwischen Folklore, Klassik und Tradition verschmelzen.

Die Malerin Charlotte Salomon hat ihrem Werk den Titel „Es ist mein ganzes Leben“ gegeben. In 1300 Gouachen und Texten hat die 1939 zu ihren Großeltern nach Südfrankreich geflüchtete Jüdin ihr bisheriges Leben aufgearbeitet. Das Malen half ihr zur Bewältigung und gegen die Angst. 1943 wurde die junge, schwangere Frau dann nach Auschwitz deportiert und ermordet. Margret Greiner, die als Lehrerin palästinensischer Schüler in Jerusalem unterrichtete, erzählt in eindrucksvollen Bildern vom Leben Charlotte Salomons (11.8., 20.30 Uhr). „Der Abend wird zeigen, welche Lebenskräfte diese Malerin dem Horror entgegensetzte – mit Kunst und Fantasie“, erklärt Bitterli. Greiner schaffe es mit ihrer Sprache, die Bilder Charlotte Salomons vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen.

Bildende Kunst hat beim „Theater im Hof“ immer wieder einen Platz. Dieses Mal ist dem in Holzen lebenden bekannten Künstler Max Sauk eine Ausstellung gewidmet (ab 29.7., 16 Uhr). Sauk ist besonders durch seine lebenskräftigen Plastiken, seine mythologischen Figuren bekannt geworden. Mit nun 89 Jahren schwinden naturgemäß die Kräfte etwas. „Dafür hat Max Sauk unglaubliche neue Energien entwickelt“, schwärmt Bitterli von den Collagen, die der Künstler aktuell mit Gedanken im Haiku-Format kombiniert. Die Bilder und schwebenden Gedanken sind jeweils eine Stunde vor und nach den Vorstellungen zu betrachten.

Für die jungen Theaterfreunde gibt es traditionell einen Nachmittag, dieses Jahr mit einem ganz neuen Stück. „Karibu Katoto“ (12.8., 15.30 Uhr) ist eine afrikanische Geschichte von und mit Claudia Adrario, begleitet mit Percussion von Lukas Jösel. Sie handelt von Abenteuern, Gefahren, Hoffnungen, Enttäuschungen und Freundschaft.

Das Programm von „Theater im Hof“ soll Platz bieten für lebendige und zugewandte Themen, sagt Bitterli. Parallelen zur Aktualität können dabei gerne im Kopf der Zuschauer gezogen werden. „Belehren wollen wir nicht“.  Tel. 07626/972081, www.theaterimhof.com

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