Kandern Freigeistige Tour durch Alpenfolklore

Weiler Zeitung
Das Trio „ Jütz“ mit (v. l.) Daniel Woodli, Isa Kurz und Philipp Moll bei seinen Gastkonzert im Theater im Hof. Foto: Walter Bronner Foto: Weiler Zeitung

Theater im Hof: Trio „Jütz“ mit seinem neuem Programm „Hin und über“ in Riedlingen

Von Walter Bronner

Kandern-Riedlingen. Einem eingefleischten Fan rührseliger alpenländischer Schmachtfetzen und lüpfiger „Hudigägeler“ stellen sich in einem „Jütz“-Konzert wohl sämtliche innerlichen Borsten auf. Denn so herrlich respektlos, wie Isa Kurz (Gesang, Geige, Akkordeon, Hackbrett), Daniel Woodli (Trompete, Flügelhorn, Jagdhorn, Hackbrett, Gesang) und Philipp Moll (Bass, Gesang) so viel geliebte Folklore-Hits wie „Zoge am Boge“ und „Luegid vo Bärge und Tal“ wider den Strich bürsten, hört man diese sonst nirgends.

Jetzt also war das Trio, das nach eigener mathematischer Regel je zur Hälfte der Schweiz und dem Tirol entstammt, bereits zum zweiten Mal in Kandern. Diesmal unter dem üppigen Laubdach der großen Kastanie im Riedlinger Theater im Hof vor dicht gedrängt sitzendem Publikum und mit seinem neuen Programm „Hin und über“, das sich laut Programmzettel „hin des Wegs über Berge und Grenzen“ bewegt und vor allem unbekümmert freigeistig die alpinen Musikkulturen durchstreift.

Das ist alles so fernab von herkömmlichem Singen und Musizieren, dass sich diese Art des Konzertierens kaum anders als „verjützt“ definieren lässt. Denn wenn ein Stück melodiös ganz vertraut anhebt, wandelt sich das harmonische Gefüge, eingebettet in permanente Rhythmus- und Tempowechsel, unversehens in exotische Lautmalereien und chaotische Geräusche-Infernos.

Oder zu Collagen bekannter Lied- und Stückanfänge, wie etwa in der kurios mit „Schleuniger Tempo Dampfl“ betitelten Wort-Ton-Schöpfung, die Fragmente von „Dört oben uff em Bärgli“, Rossinis „Tell“, Mozarts „Kleine Nachtmusik“, die „Bergvagabunden“ und „Pippi Langstrumpf“ verquickt sowie ein- und ausgangs auch noch mit umwerfender Scat-Song-Akrobatik flankiert.

Oder Peter Mosers „Bergauf-Polka“, die hier in kapriziösen Rösselsprüngen vorwärts getrieben wird, ebenso der kurze Hymnen-Extrakt, der einem nicht enträtselt im Hinterkopf (was war das jetzt gleich?) haften bleibt, bis einem Philipp Moll mit „Zu Mantua in Banden, gäll“ auf die Sprünge hilft. Und da es in Riedlingen keine Berge gibt, war es natürlich ein Wagnis, noch den „Echo-Jodler“ zu zelebrieren. Das Publikum ersetzte Finsterahorn und die Drei Zinnen liebend gern mit seinen alpinen Reflexionen. Die stellte Jütz übrigens auch in norwegischen Fjorden erfolgreich auf die Probe, wie das Stück „Tunnelen“ überakustisch belegte und mit der klangsensiblen Seelenmassage von „A Bluemerl und a Herz“ betörend kontrastierte.

Was es mit dem „Schweinsbeuschler“ auf sich hat, demonstrierte Woodli mit dem quietschen Plastik-Ferkel als Dämpfer im Flügelhorn-Trichter, und die Klangideale des Berner Oberlands wurden wohl selten schöner auf den Kopfgestellt als in der „Wengeralp“-Parodie.

Wer bis dahin Jütz noch nie gehört hat, war natürlich voll damit beschäftigt, das Substanzielle dieser solitären Art des Konzertierens zu erfassen und wurde vermutlich erst nach und nach gewahr, mit welcher virtuosen Perfektion musiziert wurde und mit welch minutiöser Präzision das Zusammenspiel funktionierte und die Überraschungseffekte platziert waren. Der höllische Parforceritt „Häxesabbat im Pfaffeloch“ führte das im Zugabenteil noch einmal exemplarisch vor. Zum Glück besänftigte Isa Kurz das Publikum danach wieder mit einem einlullenden „Schloofliädli“.

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