Kandern „Ich wollte etwas zurückgeben“

Siegfried Feuchter
Von der Geschäftsführerin in der Weinbranche zur Rechtlichen Betreuerin: Die ehemalige, aus Tannenkirch stammende Weinkönigin Sonja Höferlin Foto: Siegfried Feuchter

25 Jahre war Sonja Höferlin in leitenden Positionen in der Weinwirtschaft tätig. Die ehemalige Markgräfler Weinprinzessin und Badische Weinkönigin war bis 2016 Geschäftsführerin der Badischen Weinwerbung, ehe sie kündigte und einen Neustart hinlegte.

Sonja Höferlin machte sich mit 54 Jahren im Sozialbereich selbstständig. Seither ist die Powerfrau, die stets konsequent und zielgerichtet ihren Weg gegangen ist, in Freiburg als selbstständige Rechtliche Betreuerin und Verfahrenspflegerin tätig. Unsere Zeitung sprach mit ihr.

Erinnern Sie sich noch an ihre ersten Termine als Weinhoheit?

Natürlich. Als Markgräfler Weinprinzessin war der Besuch der Grünen Woche in Berlin etwas Besonderes. Als Badische Weinkönigin hatte ich viele tolle Termine. Herausragend war jedoch eine Messe in New York und ein dazugehörender Empfang des Landes Baden-Württemberg mit Essen und Wein. Unvergessen bleibt mir aber der Empfang, den mir Tannenkirch nach der Krönung zur Badischen Weinkönigin bereitet hatte. Gesangverein und Musikverein wirkten mit, die Straße war gesperrt, und bis morgens um 4 Uhr haben wir gefeiert.

Wie sind Sie eigentlich zum Thema Wein gekommen?

Meine Eltern waren Genossenschaftswinzer. Ich machte aber zunächst eine kaufmännische Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. An einem Sonntag stand das damalige Aufsichtsratsmitglied der Bezirkskellerei, Reinhard Krumm, vor der Tür und fragte, ob ich mich nicht für die eine Woche später stattfindende Wahl zur Weinprinzessin bewerben wolle. Geschäftsführer Gerhard Rüdlin bereitete mich dann in einem Crashkurs auf die Wahl vor – und ich wurde gewählt. Die Begeisterung für das Thema Wein hat auch der frühere Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbands, Dr. Werner Schön, in mir entfacht. Die Folge: Ich gab meinen Beruf als Kauffrau auf und machte eine Winzerlehre. Danach absolvierte ich an der Hochschule Heilbronn ein Betriebswirtschaftsstudium mit Schwerpunkt Weinmarketing.

War es zur damaligen Zeit schwieriger, sich als Frau in einer männerdominierten Branche durchzusetzen und Karriere zu machen?

In jedem Fall. In den 80er- und 90er-Jahren wurde man trotz leitender Position auf Messen mehr oder weniger als Hostess wahrgenommen. Meine Tätigkeit in Würzburg war super. Als Leiterin für Vertrieb und Marketing des Weinguts Bürgerspital habe ich viel dazugelernt, vor allem strategisches Denken, politisches Taktieren und der Aufbau eines Netzwerks.

Ihnen wird das Verdienst zugeschrieben, als Geschäftsführerin die badische Weinwerbung in einer sehr schwierigen Phase übernommen, sie dann in die Erfolgsspur und wieder in ein ruhiges Fahrwasser geführt zu haben.

Da ich der Badischen Weinwirtschaft viel zu verdanken habe, hatte ich das Gefühl, als mir die Aufgabe der Geschäftsführung angetragen wurde, etwas zurückgeben zu müssen. Ich musste anfangs zahlreiche Türklinken putzen, um große Weinbaubetriebe wieder unter das Dach der gemeinsamen badischen Weinwerbung zurückholen zu können.

Und das hat geklappt?

Ja, unter großem Einsatz. Ich bin zwar im Blut Vertrieblerin, doch bei dieser Aufgabe war vor allem strategisches Denken wichtig. Und das hatte ich in Würzburg gelernt.

2016 überraschten Sie alle, als Sie kündigten und sich aus der Weinbranche zurückzogen. Warum diese Kehrtwende?

Es war eine spannende, erfolgreiche Zeit, in der Weinwirtschaft zu arbeiten. Aber man soll ja bekanntlich gehen, wenn’s noch bedauert wird. Ich hatte einfach das Gefühl, noch etwas anderes in meinem Berufsleben machen zu müssen. Ich kündigte deshalb ohne jegliche Perspektive und nahm eine Auszeit, um mir klar zu werden, was ich für den Rest meines Berufslebens noch machen will.

Und so kam es mit 54 Jahren zum Neustart im sozialen Bereich. Was führte Sie zu der Entscheidung?

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle engagierte ich mich ehrenamtlich im Freiburger Stadtteil Rieselfeld. Ich hatte viel Glück im Leben, es ging immer bergauf, deshalb wollte ich etwas zurückgeben. Als mir zu dieser Zeit ein früherer Klassenkamerad von der Realschule Kandern schilderte, wie sinnvoll und befriedigend die Aufgabe eines Rechtlichen Betreuers ist, informierte ich mich und nahm Kontakt mit dem Sozialamt in Freiburg auf. Die Leiterin der Betreuungsbehörde ermunterte mich, mit diesem Beruf neu zu starten und mich selbstständig zu machen.

Was muss man dafür mitbringen?

Man muss die Menschen mögen, ihnen helfen wollen, Empathie haben und sich trotzdem abgrenzen können, flexibel sein, organisieren können und sich mit dem Sozialrecht befassen. Auch habe ich viele Weiterbildungen absolviert und eine Zusatzqualifikation als Verfahrenspflegerin erworben.

Was sind das für Menschen, die Sie betreuen?

Menschen, die ihre Angelegenheiten aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr selbst regeln können und hilflos sind. Sei es, dass sie körperlich eingeschränkt oder dement sind, psychische oder finanzielle Probleme haben, sei es, dass eine Räumungsklage bevorsteht und, und...

Erfüllt Sie diese Aufgabe, die ein krasser Kontrast zur früheren Tätigkeit ist?

Sehr, ich bin glücklich und dankbar. Es ist sehr spannend, und man zieht seine Befriedigung aus den jeweiligen Ergebnissen.

Sie waren fast drei Jahrzehnte in der Weinwirtschaft. Haben Sie noch Verbindungen in die Weinwelt?

Ja. Zu jedem einzelnen Arbeitgeber habe ich noch Kontakte, ich schätze diese Verbindungen. Meine Begeisterung für das Thema Wein ist ja trotz beruflicher Neuorientierung geblieben. So unternehme ich Weinreisen mit Freunden und engagiere mich für junge Frauen in der Weinwirtschaft.

Und wie steht es mit Verbindungen in Ihre alte Heimat Tannenkirch?

Die engere Verwandtschaft in Tannenkirch ist mir wichtig, die besuche ich auch immer wieder. Und zu ehemaligen Schulkollegen bestehen auch Kontakte.

Was machen Sie, wenn Sie sich nicht mit Problemen anderer Menschen befassen?

Ich lese sehr gerne, besuche Kulturveranstaltungen und als Fußballfan die Heimspiele des SC Freiburg, pflege Freundschaften und reise auch gerne. Und in Freiburg, eine Stadt mit tollem Umfeld und hoher Lebensqualität, fühle ich mich rundum wohl.

Sonja Höferlin

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading