Kandern Kein Anschluss im „Pfaffenkeller“

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Im denkmalgeschützten Gasthaus „Pfaffenkeller“ ist jetzt die Telekom vor Ort, nachdem es monatelang telefonisch und per Fax fast nicht erreichbar war. Foto: Jutta Schütz

Gastronomie: Denkmalgeschütztes Gasthaus hat mit großen technischen Problemen zu kämpfen

Kandern-Wollbach - Das Telefon klingelt, aber wenn man abhebt, läutet es weiter und eine Verbindung kommt nicht zustande. Gäste stehen vor der Tür, aber die online durchgeführte Buchung des Zimmers oder des Platzes im Restaurant ist nie angekommen. Rechnungsabbuchungen werden nicht durchgeführt.

Diesen geschäftlichen Albtraum erleben Claude und Georg Gysin-Spitz vom Hotel-Restaurant „Pfaffenkeller“, seitdem die Telekom im Frühjahr auf ip, also von analog auf digital, umgestellt hat. Jetzt kommt durch Nachfragen unserer Zeitung Bewegung in die Sache.

Claude und Georg Gysin-Spitz haben sich als Betreiber des denkmalgeschützten „Pfaffenkellers“ in ihren mehr als zehn Jahren Tätigkeit einen hervorragenden Ruf erworben. Jetzt steht das Haus wegen der häufigen Nicht-Erreichbarkeit vor dem Aus. „Vor der Umstellung auf ip hatten wir keine oder nur wenige Probleme, alles funktionierte“, stellt ein völlig frustrierter Claude Gysin-Spitz fest. Am vergangenen Wochenende mussten Claude Gysin und sein Partner einen Teil des Personals entlassen. „Die Kasse funktionierte nicht. Das Buchen funktionierte nicht. Das Telefon funktionierte nicht. In dieser Woche hatten wir zwei Gäste“, schreibt der Hotelier und Koch an unsere Zeitung.

Der wirtschaftliche Schaden beläuft sich mittlerweile auf weit mehr als 100 000 Euro, der monatliche Umsatz des Pfaffenkellers ist von mehr als 35 000 Euro auf unter 8000 Euro eingebrochen. „Reserven sind jetzt auch aufgebraucht, die Leute denken, da sie uns nicht erreichen, dass es uns nicht mehr gibt“, schildert Claude Gysin-Spitz die Vorgänge. Vielleicht geht der Schaden nun noch in den siebenstelligen Bereich, „denn wir haben ja die Residenz-Mehrfamilienhäuser gebaut – übrigens mit der ersten öffentlichen e-Tankstelle in Wollbach. Die Mieter sind ebenfalls von den Kommunikationsproblemen betroffen, darunter ein Geschäftsmann, der tausende Wohnungen in Berlin verwaltet.“

Der Gastronom beantragt nun Rechtshilfe über den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und erwägt eine Klage gegen die Telekom. Obwohl diese den schwarzen Peter anfänglich weiterschob, denn Gysin-Spitz erhielt von der Telekom de Auskunft, dass die Stadt Kandern der Firma Brombacher keine Grabungserlaubnis erteile. Immer wieder seit einem halben Jahr baten die „Pfaffenkeller“-Betreiber die Telekom um Hilfe, wiesen auf ihre Telekom-Verträge, ihren Status als Geschäftskunden und die zunehmenden wirtschaftlichen Probleme hin. Rund 20 dieser Mails liegen unserer Zeitung vor. Immer wieder kamen Techniker vor Ort, welche die Ursache nicht fanden und die Hoteliers damit vertrösteten, dass Ende 2021 dann Glasfaser liegen könnte. „Da gibt’s uns dann schon nicht mehr“, meint Claude Gysin-Spitz.

Mit einem Anruf und einer Mail informierte unsere Zeitung Mitte Oktober die Pressestelle der Telekom in Bonn über die Probleme des Hotel- Restaurants. Pressesprecherin Katja Werz rief am gleichen Tag zurück. Werz ist vom Internetauftritt des „Pfaffenkellers“ beeindruckt und verständigt weitere Mitarbeiter in der Pressestelle, außerdem die Technik.

Leitung nicht ausreichend

Ergebnis einer erneuten Leitungsdurchmessung des vor Ort geschickten Technikers: Die Leistung entspricht nach Umstellung auf ip nur noch der eines alten Hausanschlusses und ist keinesfalls ausreichend für einen Geschäftsbetrieb.

Die Oberbadische informierte in der vergangenen Woche Bauamtsleiter Hanspeter Amann über die wegen technischer Kommunikationsprobleme drohende Schließung des „Pfaffenkellers“. Amann fiel aus allen Wolken, von einem Grabungsverbot der Stadt wisse er nichts. Aber er wird sofort tätig. Er trifft sich am 23. Oktober mit Claude Gysin-Spitz vor Ort. Amann stimmt im Namen der Stadt einem Anschluss des Anwesens „Pfaffenkeller“ mit einem neuen Kupferkabel als Behelfsleitung von der Schulstraße her zu. Dafür, das ist ärgerlich, muss „ein Loch in der neu sanierten Schulstraße gemacht werden, wegen des Kommunikationsproblems mit der Telekom“, schreibt Amann an die Oberbadische.

Auch Glasfaser möglich

Amann geht noch weiter. Er zeigt der Telekom und der Familie Gysin-Spitz auf, wie man das Anwesen rasch mit hoch leistungsfähiger Glasfaser versorgen könnte. Claude Gysin-Spitz muss dazu der Telekom einen Anschlussauftrag erteilen, was dieser noch am gleichen Tag macht. „Die Glasfaserleitung könnte von der Ortsverwaltung her kommen“, gibt Amann an unsere Zeitung weiter. Dort wird die Telekom einen MKF, einen Multifunktionskasten, stellen, der mit Glasfaser angeknüpft wird. „Die erdverlegten Leitungen in der Oberen Dorfstraße zu diesem MFK werden in Kürze hergestellt“, mailt Amann. Damit in der Rathausstraße von der Ortsverwaltung bis zum „Pfaffenkeller“ nicht neu aufgegraben werden muss, hat die Stadt nun beim Zweckverband angefragt, ob dieser nicht die Breitbandleerrohrtrasse vorübergehend an die Telekom vermieten würde, damit das Anwesen von Gysin-Spitz versorgt werden kann. Die Antwort vom Zweckverband steht nun noch aus. Und auch die Telekom-Pressestelle meldet sich erneut bei der Oberbadischen. Man ermittle weiter zum aktuellen Stand des Falls und werde sich schnellstmöglichst wieder melden, versichert stellvertretend hier Marion Fink von „Group Services“ der Telekom.

Gysin-Spitz bittet derweil potenzielle Gäste: „ Kommen Sie, rufen Sie an, wir sehen immerhin die Nummern und rufen zurück.“ Gestern haben nun Grabungsarbeiten durch die Firma Brombacher beim „Pfaffenkeller“ begonnen. Claude Gysin-Spitz hofft weiter.

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