Kandern Mit Motivation und Hartnäckigkeit

Kaja Wohlschlegel

Portrait: Khurshed Dzhalolov aus Tadschikistan macht eine Schneider-Lehre bei „Gefühl für Leinen“.

Kandern - Eine Modenschau im tadschikischen Fernsehen hat Khurshed Dzhalolov inspiriert: „Das probier ich jetzt einfach“, sagte er sich und setzte sich an die Nähmaschine. Das war vor fünf Jahren. Jetzt absolviert er eine Schneider-Lehre bei Jessica Dörr, der Inhaberin vom „NähWerk – Gefühl für Leinen“ in Kandern.

Traditionelle Kleidung fertigen

Das erste Kleid schneiderte er für seine Mutter. Burda-Moden? „Sagt mir nichts.“ Schnittmusterbogen? „Gibt’s in meiner Heimat nicht.“ Khurshed nahm Maß und machte seinen ersten Schnitt selbst. „Allerdings hab ich gleich die Ärmel falsch eingenäht“, erinnert er sich schmunzelnd. Doch sein Talent sprach sich bald herum, denn schon kurz darauf fertigte er traditionelle Kleidung für die ganze Verwandtschaft und für die Nachbarschaft. Allerdings durften sein Vater und Bruder nichts von Khurscheds Arbeit wissen. „Schneidern gilt in Tadschikistan als total unmännlich“, erzählt er. Also ging der junge Mann seinem kreativen Hobby heimlich nach.

Es war wohl die Vernunft, die Khurshed Dzhalolov beeinflusste, doch lieber Deutsch und Englisch auf Lehramt zu studieren, statt seine Schneiderleidenschaft weiter zu verfolgen. Obwohl: „Als Kind hatte ich den Traum, als Übersetzer für Englisch zu arbeiten.“ Es folgte die Ernüchterung, denn „irgendwie war das alles nicht meins“, sagt er.

Da kam der Vorschlag eines Professors gerade richtig: „Hat jemand Lust, ein freiwilliges soziales Jahr in Deutschland zu absolvieren?“, fragte dieser in die Runde. Khurshed zögerte keine Sekunde. Er erhielt eine Stelle in der Christophorus-Siedlung oberhalb von Kandern. Nach anderthalb Jahren begann er eine Lehre zum Heilerziehungspfleger. Doch die Schneiderei hat ihn nicht losgelassen.

Ein Herz fassen

Als er eines Tages vor Jessica Dörrs Ladengeschäft an der Kanderner Hauptstraße stand, fasste er sich ein Herz und ging hinein. Khurshed fragte sie, ob er bei ihr nebenher arbeiten könne. Es brauchte mehrere Anläufe, bis die Schnittdirektrice einwilligte und ihm ein vierwöchiges Praktikum anbot. „Sein absoluter Wille und seine Hartnäckigkeit“ haben mich schließlich überzeugt, erzählt Dörr, die sich nach vielen Arbeitsjahren in der Textilindustrie im Jahr 2009 mit ihrem Leinengeschäft selbstständig gemacht hat.

Und bald sollte sich herausstellen: „Dieser junge Mann hat goldene Hände“, attestiert Jessica Dörr. Aber nicht nur das: Khurshed Dzhalolov sprühe vor Ideen und Kreativität. „Die Arbeit mit ihm ist inspirierend“, lobt Dörr.

Wer die Perfektionistin kennt, weiß, dass sie sich nicht auf halbe Sachen einlässt. Deshalb lehnte sie einen Nebenjob ab: „Wenn du schneidern willst, dann lern es auch richtig“, erklärte sie und bot ihm eine Lehrstelle an. „Für diese Chance werde ich Jessica Dörr ewig dankbar sein“, stahlt Khurshed.

Seit Herbst lernt der 22-Jährige also die Kunst des richtigen Zuschneidens, verschiedene Nähte und Stiche zu verwenden, Maß zu nehmen oder Schnitte anzufertigen – und wenn er dann an der Nähmaschine sitzt, träumt Khurshed von einer Karriere als Modedesigner. „Ich möchte Frauen schick anziehen“, erzählt er und fügt hinzu, dass er auch nach der Ausbildung gerne mit seiner Lehrmeisterin zusammenarbeiten würde.

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