Kandern Neue Unterkunft für Geflüchtete

Arwen Stock
Die Gemeinschaftsunterkunft in Kandern beherbergt aktuell 120 Geflüchtete aus der Ukraine. Foto: Arwen Stock

Als vor einem Jahr russische Truppen in die Ukraine einmarschierten, hat Stanley Sutherland in Kandern die für 10. März 2022 geplante Inbetriebnahme die Gemeinschaftsunterkunft vorbereitet. Ein Ortsbesuch mit dem einstigen Unterkunftsleiter.

Morgens halb Zehn am 24. Februar 2022: Unterkunftsleiter Stanley Sutherland bereitet in Kandern alles für die Inbetriebnahme der neuen Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Geflüchtete vor. Seit den frühen Morgenstunden ist auf allen Nachrichtenkanälen der Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine das Thema.

„Bereits Ende 2021 hat sich abgezeichnet, dass die Flüchtlingszahlen steigen“, erinnert sich der heute 61-Jährige, der seit Dezember 2022 obliegt die fachliche Koordination Heimleitung Gemeinschaftsunterkunft beim Landkreis verantwortet, genau ein Jahr später. Aber die Ukraine als Herkunftsland? Das war damals gar kein Thema. Auch als Sutherland von dem russischen Angriffskrieg erfuhr, konnte er sich nicht vorstellen, dass knapp zwei Monate später die Kanderner GU des Landkreises mit 120 ukrainischen Geflüchteten voll belegt sein würde. Doch er ahnte, dass Geflüchtete kommen würden, als er die Bilder der Kolonnen an der Grenze im Fernsehen sah. Als dann noch Bundeskanzler Olaf Scholz zusicherte, schnell und unbürokratisch zu helfen, „da war uns klar, was auf uns zukommt“.

„Glück“: neue Unterkunft

Zum Glück konnte er mit der neuen Unterkunft gleich helfen, denn die Situation entwickelte sich sehr dynamisch: Bereits am 7. März 2022 – drei Tage vor dem Termin zur geplanten Inbetriebnahme, richtete Sutherland die Zimmer ein und erstellte die Beschilderung. Da zog auch schon die erste Familie aus der Gegend um Kiew in Zimmer A223 ein. Sie war mit dem Auto angereist.

Der Unterschied war zu anderen Geflüchteten, die über die Landeserstaufnahmestellen zu den GUs kamen: Die Menschen aus der Ukraine konnten direkt die Einrichtungen und Landkreise ansteuern. Es sprach sich schnell herum, dass in Kandern eine neue GU eröffnet hatte. Ende April waren schon alle Plätze meist mit ukrainischen Müttern, kleinen Kindern und Rentnern belegt.

Oft standen die Familien direkt vor der GU-Tür, oder aus Lörrach erreichte Sutherland ein Anruf, dass neue Geflüchtete eine Bleibe suchen. Es waren Zehn-Stunden-Tage, die nicht ohne Sprachprobleme abliefen. Ein weiteres „Glück“ waren für ihn die viele Ehrenamtlichen in Kandern. Ab Mai bekam Sutherland weitere Verstärkung durch eine Verwaltungsmitarbeiterin mit Sprachkenntnissen – zu den drei Sozialarbeitern der Diakonie, den drei Sicherheitsmitarbeitern und dem Hausmeister, die mit ihm dort arbeiteten. Und immer war der Druck da – „wie bekommen wir alle untergebracht?“

Viele Wohnungsangebote

„Durch die Massenzustrom-Richtlinie der EU mussten die ukrainischen Geflüchteten nie einen Asylantrag stellen und genossen Reisefreiheit in Europa“, erklärt der 61-Jährige die Hintergründe und den Unterschied zu anderen Geflüchteten. Um jedoch Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz oder ab Juni 2022 gleich ALG II zu bekommen, mussten die Geflüchteten gemeldet sein: Zuerst bekamen sie ein Zimmer zugewiesen, dann mussten sie sich beim Einwohnermeldeamt Kandern anmelden und beim Landratsamt mit Fingerabdrücken registrieren lassen.

Bis die beantragten Leistungen jedoch bewilligt waren, dauerte es drei bis vier Wochen. Sutherland erinnert sich an die Zeit: „Wenn man ankommt und kein Geld für Lebensmittel hat, dann sind drei Wochen lang.“ Barauszahlungen halfen über diese Zeit hinweg. Für Sutherland war es zu der Zeit auch ein „Glück“, dass aus der Bevölkerung für die ukrainischen Geflüchteten viele Privatwohnungen angeboten wurden. So betrug anfangs die GU-Verweildauer nur etwa zwei Wochen.

Was damals niemand ahnen konnte – dass sich der Krieg mehr als ein Jahr hinziehen würde. Da jeder, der hier ankommt, das Recht auf 7,5 Quadratmeter Wohnraum (inklusive Anteil an den Gemeinschaftsräumen) hat, und der Zustrom weiter hoch ist, wurde dieses Recht vom Land auf 4,5 Quadratmeter reduziert – laut Sutherland befristet, und um nicht auf Zelte oder Hallen zurückgreifen zu müssen. Er weiß: „Die Familien waren froh, sie hatten auch keine Alternative.“

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