Kandern Reise in die Vergangenheit

Silke Hartenstein

Kandertalbahn: Besondere Fahrt / Historischer Drehkran in Wollbach und Nachbau der Wartehalle Binzen

Wenn die Dampflok pfeift und raucht und man beim Sitzen auf hölzernen Bänken gemächlich die Landschaft vorbei ziehen sieht – dann fühlt man sich wie ein Reisender vor über 100 Jahren. Nun hat die Reise in die Vergangenheit mit dem historischen Drehkran in Wollbach und dem Nachbau der historischen Wartehalle in Binzen weitere Facetten bekommen. Beides wurde am Samstag präsentiert bei der besonderen Fahrt der Kandertalbahn mit fünf historischen Waggons, die es in dieser Kombination für viele Jahre nicht mehr geben wird.

Von Silke Hartenstein

Kandern/Wollbach/Binzen. Die Bahn war voller geladener Gäste, denn diese Fahrt war ein Dankeschön für alle, die durch Spenden, Sachleistungen oder ehrenamtliche Mitwirkung den Aufbau des Drehkrans möglich gemacht hatten. Mit an Bord war auch Simone Penner, Bürgermeisterin von Kandern und Vorsitzende des Zweckverbands Kandertalbahn.

Handbedienter Drehkran am Wollbacher Bahnhöfle

Beim Wollbacher Bahnhöfle legte der Zug einen längeren Stopp ein. Gegenüber des Bahnhofs steht nun der handbediente Drehkran dort, wo noch im Mai 1970 sein baugleicher Vorgänger stand. Wie der oberste Betriebsleiter des Zweckverbands, Jürgen Lange, erläuterte, wurde das noch vorhandene alte Fundament saniert. Nun steht darauf ein historischer Drehkran in betriebsfähiger Form und erinnert an den lebhaften Güterverkehr, der einst der Grund war für den Bau der 1895 eröffneten Nebeneisenbahn Haltingen-Kandern.

Hier brachten sich zwei junge kräftige Bediener in Position, eine im offenen Güterwagen transportierte Eisenbahnachse wurde an den Kran angehängt und sodann mit Elan die Kurbel gedreht. Langsam aber stetig hob sich die eine Tonne schwere Achse und landete zuletzt sanft auf dem Boden. „Wenn Sie etwas zu verladen haben, wenden Sie sich bitte an die Bahnverwaltung“, scherzte Lange.

Vor dem Verschrotten gerettet

Bis zu sieben Tonnen kann der aus Mannheim vor dem Verschrotten gerettete Drehkran aus dem Jahr 1910 heben. Da Transport und Wiederaufbau viel Geld kosteten, rief der Kandertalbahnverein zu Spenden auf. Binnen eines Jahres kamen 5000 Euro zusammen, als Dankeschön gibt es hier eine Spendertafel. Künftig soll der Kran einmal im Jahr in Aktion gezeigt werden, kündigte Lange an.

Fünf historische Waggons: Baujahre 1894 bis 1900

Der Güterwagen wurde abgehängt, die anderen fünf Wagen der Baujahre 1894 bis 1900 blieben und wurden vorgestellt von Wolfgang Schleef, Projektleiter des Kandertalbahnvereins. Zum Post-/Gepäckwagen, dem Fakultativ- oder auch „Hülfspersonenwagen“ und einem kurzen Personenwagen gesellten sich zwei Wagen, die nach ihrem Ausflug an die frische Luft für längere Zeit zwecks Restauration in Kanderns Hallen ruhen werden. Alle fünf stammen vom renommierten Waggonhersteller „Van der Zypen & Charlier“ in Köln Deutz und wurden auf den badischen Nebenbahnen eingesetzt. Wagen 26 aus dem Baujahr 1900 ist das letzte original erhaltene Exemplar aus dem Baukasten des Herstellers, mit vielen Fenstern und besonders großen Plattformen. „Viel schöner als von der Staatsbahn“, schrieb seinerzeit ein Journalist. Wagen 32 sah ursprünglich genauso aus, später wurde er mit weniger Fenstern und kleinerer Plattform umgerüstet. Wie Lange sagte, gibt es ihn auch als Märklin-Wagen. Beide Wagen wurden durch Lange auf ihre Lauffähigkeit überprüft. „Da steckt unheimlich viel Zeit und Herzblut drin“, fand Simone Penner: „Einfach nur Danke!“

In Binzen: Wartehalle nach historischem Vorbild

Weiter ging es zum Bahnhof Binzen, der nun auch als solcher erkennbar ist, denn hier gesellt sich zur historischen restaurierten Wärterbude jetzt auch eine luftige Wartehalle nach historischem Vorbild. Über die kleine bescheidene Wellblechhütte schrieb 1895 ein Reisender: „Der Anblick des Stationsgebäudes fordert den Spott geradezu heraus.“ Doch diese extrem sparsamen „Schirmhallen“ seien an Nebenbahnen üblich gewesen, erklärte Schleef.

Bei Mehrbedarf an überdachtem Warteraum ließen sie sich aneinander reihen, zuletzt standen drei davon am Binzener Bahnhof. In der Wärterbude wiederum konnte man Gepäck aufgeben, Fahrscheine kaufen und Pakete abholen. Zwei weitere Wellblechhütten hat der Verein noch in seinem Bestand, für die künftige Installierung an anderen Haltestellen.

Einig über Erhalt des Museumsbahnbetriebs

„Ich halte das Museumsbähnle für eine wichtige touristische Institution hier im Kandertal“, fand Binzens Bürgermeister Andreas Schneucker. Lange bat darum, die Gemeinde Binzen solle Zustand und Sauberkeit des Ensembles im Blick behalten. Das versprach Schneucker gern. Er und Penner sprachen sich klar für den Erhalt des Museumsbahnbetriebs aus, sollte es einmal zur Regio-S-Bahn kommen. Darin, so Penner, seien sich die Bürgermeister im Kandertal einig.

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