Kandern Skurril, heiter und zu Herzen gehend

Gabriele Hauger

Theater im Hof: Lesung, Theater und viel Musik . Auftakt am am Freitag mit „Muttis Kinder“.

Kandern-Riedlingen - Ganz schön musikalisch gestaltet sich das diesjährige „Theater im Hof“, das traditionell im Innenhof unter den weit ausladenenden Ästen der Kastanie in einem Innenhof im idyllischen Riedlingen stattfindet.

„Muttis Kinder“

Auch der Auftakt am Freitag wird von Gesang dominiert. „Muttis Kinder“ (26.7.) geben eine spezielle Melange aus Gesang und Schauspiel zum Besten, eine Gratwanderung zwischen Melancholie und Heiterkeit. „Die drei stehen vor ihren Mikros, spielen die Beziehungen untereinander aus und präsentieren bei aller Musikalität ein subversives Schauspiel“, freut sich Theatermann und Leiter des „Theater im Hof“, Dieter Bitterli, auf den Auftritt.

„Farben“

Er selbst wird erstmals gemeinsam mit dem Schauspieler und Professor der Künste der Universität Berlin, Mathias Noack, unter dem Titel „Farben“ aus Briefen von Vincent van Gogh lesen (5./6.8.). „Ich interessiere mich schon lange für schöpferische Menschen, mit einem etwas verworrenen Leben“, erklärt er. Als Kind habe ihn indes die Person und das dynamische Werke van Goghs eher erschreckt. Die Faszination kam später, aber gewaltig. So hat sich Bitterli in tausende, bis zu 20 Seiten lange Briefe des Malers vertieft, die dieser in einer verblüffenden und schönen Sprache wahlweise in Englisch, Französisch oder Niederländische verfasste. „Ich habe allerdings die Ausgabe mit der deutschen Übersetzung studiert“, so Bitterli. Van Gogh sei ein hochintelligenter und gebildeter Mann gewesen. Er und Noack wollen ihn jenseits aller Mythen zeigen, „weg vom Klischee Wahnsinn und Genie“. Bitterli geht es darum, van Gogh auch in alltäglichen Situationen aufleben zu lassen und dadurch dessen innerliche Entwicklung zu veranschaulichen.

„Zigeunermusik“

Rein musikalisch und ebenfalls fernab aller Klischees gängiger „Zigeunermusik“ wird der Konzertabend mit dem Kalandos-Ensemble aus Budapest (28. Juli). Die Musiker – interessanterweise unter Leitung eines Niederländers und nicht eines Roma – sind froh, in Riedlingen ein anderes Programm als nur die von den Touristen in ihrer Heimatstadt so geliebten Dauerbrenner spielen zu können, erzählt Bitterli. Sie begeisterten schon einmal das Publikum beim „Theater im Hof“ und wollen nun mit ihrer Hommage an den 1971 verstorbenen Ausnahmegeiger Gyula Toki Horvath ursprüngliche Volksmusik neu entdecken und interpretieren. „Toki Horvath hat atemberaubende und abenteuerliche Musik gemacht“, ergänzt Bitterli. „Abenteuerlich“ lautet übrigens auch die deutsche Übersetzung des Ensemble-Namens „Kalandos“.

Lesung und Gespräch

Nach der Lektüre des autobiografischen Buchs „Sie kam aus Mariupol“ von Natascha Wodin waren Dieter Bitterli und seine Frau Dorothea Koelbing-Bitterli absolut beeindruckt. Tatsächlich gelang es ihnen, die Schriftstellerin, die 1945 geboren, in deutschen Lagern für „displaced persons“ aufwuchs und 2017 für ihr Werk den Leipziger Buchpreis erhielt, nach Riedlingen zu Lesung und Gespräch (30. Juli) zu holen.

Wodin macht den Leser zum Zeugen der Lebensgeschichte ihrer Mutter, die als junge Frau aus der Ukraine von den Nazis verschleppt und zur Zwangsarbeit gezwungen wird. Sie überlebt zwar, zerbricht jedoch an diesen Erlebnissen. Ihre Tochter zeichnet dieses Leben nach. „Das Buch ist von hervorragender literarischer Qualität und sehr bewegend.“ Dabei sei es nie anklagend oder ideologisch gefärbt. Damit rücke auch ein Stück unaufgearbeiteter Geschichte des 20. Jahrhunderts in den Fokus.

Zwinglis Kindheit

Beliebter Gast bei „Theater im Hof“ ist Jürg Kienberger. Er widmet sich dem Jungen Huldrych Zwingli (1./3.8.). Wie kann man sich das Leben des kleinen, sehr musikalischen Zwingli Ende des 15. Jahrhunderts vorstellen. Dieser entwickelte sich später zum asketisch geprägten Reformator, der unter anderem jegliche Musik aus der Kirche verbannte, da nichts vom Gebet ablenken sollte. Kienberger begibt sich auf eine szenisch-musikalische Spurensuche, bewegt sich frei und fantasievoll durch eine gleichwohl recherchierte und dennoch fiktive Biografie. Zwischen Pink Floyd und Hackbrett bewegt sich dieses „ferne Lied aus Zwinglis Kindheit“, ein „musikalisches Festessen“ wie Programmmacher Bitterli findet.

Chansons der anderen Art

Ein Wiedersehen mit dem Lieder-Dichter Sebastian Krämer gibt es beim Chanson-Abend „Im Glanz der Vergeblichkeit“ (9.8.). Die selbst geschriebenen Chansons seien unglaublich witzig, schlagfertig und „schaffen skurrile Verbindungen“, sagt Bitterli. Das musikalische Vokabular reicht dabei von Swing bis zur Wiener Schule.

Wie immer wird auch an die jungen Zuschauer gedacht: Christian Schuppli und das Figurentheater Vagabu zeigen „Der Hühnerdieb“ (11.8.) nach dem Bilderbuch von Béatrice Rodriguez (ab vier Jahren).

  •   Beginn 20.30 Uhr, 1./3. August: 21 Uhr, Kindervorstellung: 15.30 Uhr; Karten: Tel. 07626/972081 sowie Buchhandlung Berger in Kandern; www.theaterimhof.de

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