Kandern Vom Abbaugebiet zum Lebensraum

Weiler Zeitung

Exkursion: Mit Truz-Mitarbeitern durch die ehemalige Tongrube in Kandern / Gegensätze und Extreme 

Die ehemalige Tongrube in Kandern war Ziel einer Exkursion mit Vertretern des Trinationalen Umweltzentrums (Truz). Jeremie Tudoux und Birgit Frosch führten rund 25 Teilnehmer, darunter auch einige Kinder, durch das ansonsten unzugängliche Gebiet mit Lehmwänden und Stillgewässern, Streuobstwiesen sowie extensiv genutztem Grünland.

Von Alexandra Günzschel

Kandern. Die ehemalige Tongrube am Ortsrand von Kandern ist ein wichtiger Lebensraum für viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig gehört sie zum Biotopverbund in der Gegend. Das Truz kümmert sich im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg um die Pflege und die Überwachung dieses Gebiets mit seinen Besonderheiten, die bei einem zweistündigen Rundgang vorgestellt wurden. Ziel sei es, das Areal als wertvolles Biotop zu erhalten, erklärte Tudoux. Er hatte viele Grafiken und Fotos mitgebracht, die dabei halfen, das Gesagte zu verdeutlichen.

Einen kurzen geschichtlichen Rückblick gab seine Kollegin Birgit Frosch am Eingang zum Biotopgebiet mit guter Sicht auf die Tongrube. „Der Tonabbau hat eine lange Geschichte in Kandern, die seit 1668 belegt ist“, erklärte sie im Gewann „Oberer Letten“, was so viel bedeute wie für den Ackerbau „unbrauchbarer Boden“.

Mittlerweile befindet sich das Areal im Besitz des Landes Baden-Württemberg. Im Jahr 2011 wurde es vom Regierungspräsidium als Ausgleichsfläche für die A 98 ausgewiesen. Seither kümmert sich das Truz um die Fläche mit einem alles andere als „unbrauchbarem Boden“. Davon konnten sich die Teilnehmer am Donnerstagabend überzeugen. Das sich androhende Gewitter hatte ein Einsehen und blieb der Veranstaltung fern.

Zunächst führte der Rundgang über eine Streuobstwiese mit erntereifen Äpfeln, Birnen und Zwetschgen. Nicht ganz so offensichtlich war die Bedeutung der Landschaft als „wertvoller Lebensraum“, die Tudoux herausstellte. Da gibt es zum einen Spalten, Höhlen und Nischen für Vögel oder Fledermäuse in den alten Bäumen. Zum anderen bildet die Wiese durch unterschiedliche Nutzungsarten diverse Strukturen heraus – ein artenreiches Habitat für 5000 Tier- und Pflanzenarten, wie Tudoux erklärte. Das Truz ist darum bemüht, die alten Bäume so lange wie möglich zu erhalten, will aber auch für die neue Generation sorgen. Besonders viel Wert wird dabei auf Hochstämme gelegt.

Aber auch die Bedeutung von stehendem Totholz hoben die Truz-Mitarbeiter hervor. Durch schlüpfende Larven werden daraus mit der Zeit ganz von alleine ideale Insektenhotels.

Artenreichtum allerorten

Nahe des alten Sprengstofflagers wurde dann ein menschengemachtes Insektenhotel in Augenschein genommen, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft sich sowohl Mauer- als auch Zauneidechsen angesiedelt haben. Ein paar Meter weiter wies Birgit Frosch auf den Artenreichtum in einem stehengelassenem Stück Blühstreifen hin. Ohne große Mühe fand sie dort Rainfarn, Johanniskraut oder wilden Oregano.

Zur Offenhaltung der Landschaft setzen die Truz-Mitarbeiter auf Ziegenbeweidung. Das gehe zwar langsamer sei aber nachhaltiger als eine Rodung, war zu erfahren. Weiter ging es über temporäres Weideland, das vielen Vogelarten eine Brutstätte bietet, hinab in Richtung Tongrube. Auf dem Weg dorthin waren Strukturen von alten Äckern aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu erkennen, wohl von armen Leuten bewirtschaftet. Unter einem alten Birnbaum präsentierte sich eine junge Zauneidechse als Fotomodell.

Im Bereich rund um die Tongrube haben die Truz-Mitarbeiter viel dafür getan, dass sich die Geburtshelferkröte dort möglichst heimisch fühlt. Nun heißt es warten. Bereits recht wohl fühlen sich in der Gegend dafür Hermelin und Feldgrille.

„Die Tongrube lebt vom Gegensatz zwischen feuchten und ganz trockenen Bereichen“, erklärte Birgit Frosch. Ufer- und Landschilf kommen mit beiden Extremen gut zurecht.

Neulich ist hier der deutsche Erstnachweis für eine fliegende Wanzenart gelungen. Die Italienische Schönschrecke fühlt sich bereits seit Längerem pudelwohl und breitet sich eifrig aus.

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